„Vermittler mit Wohngebäude-Bestand sollten sich mit dem Thema beschäftigen“
Sie sind mittlerweile Teil des Stadtbildes: Auf dem Dach installierte Solaranlagen und Solarpaneelen, die an Häuserwänden und Balkonen befestigt sind. Neben dem voranschreitenden Klimawandel trieb im vergangenen Jahr vor allem der Ukrainekrieg die Nachfrage nach alternativer Stromerzeugung hoch – und etliche Mieter wie Eigentümer schafften sich für mehr Unabhängigkeit vom Stromversorger Solaranlagen an. Mit Beginn des neuen Jahres ist ein weiterer Treiber hinzugekommen: Wer Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt betreibt, kommt ab 2023 in den Genuss von Steuererleichterungen. Die Erträge aus den Anlagen sind künftig steuerfrei – unabhängig davon, ob der Strom ins Netz eingespeist oder selbst verbraucht wird. Zudem werden Neuanschaffungen günstiger: Wer sich eine PV-Anlage neu zulegt, muss künftig für die Anschaffung keine Umsatzsteuer bezahlen.
Im Koalitionsvertrag ist ebenfalls die Förderung alternativer Energiegewinnung festgeschrieben. „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werde“, heißt es darin. In Baden-Württemberg gibt es bereits eine Solarpflicht für Wohn- und Nicht-Wohngebäude, seit 2023 gilt sie auch bei umfassenden Dachsanierungen. In Schleswig-Holstein ist die Pflicht auf Renovierungen und Neubau beschränkt, in Nordrhein-Westfalen erstreckt sie sich auf die Überdachung von Parkplätzen. Eine verpflichtende Installation von PV-Anlagen planen zudem für dieses Jahr: Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bayern und Hessen.
Solarpflicht gilt in immer mehr Bundesländern
Durch all diese Faktoren wird die Nachfrage nach der richtigen Absicherung von Solaranlagen steigen. Zu welchen Policen sollen Vermittler ihren Kunden raten? Wann reicht die Gebäudeversicherung und an welchem Punkt sollte zusätzlich in eine Photovoltaik-Versicherung investiert werden?
Jens Bornhöft hat sich als Makler auf die Beratung zu Solaranlagen spezialisiert. Er weist darauf hin, dass bei der Absicherung zwischen Solarthermie und Photovoltaik differenziert werden muss. „Beschaffenheit und Absicherungsbedarfe unterscheiden sich erheblich“, sagt er. Solarthermie-Anlagen seien simpler aufgebaut und mit einem Wirkungsgrad von rund 20 Prozent wesentlich ineffizienter als PV-Anlagen, die mit einem Wirkungsgrad von 90 Prozent punkten können.
Eine weitere Besonderheit bei der Photovoltaik: Ein Teil des erzeugten Stroms muss ins öffentliche Netz eingespeist werden. Für diese Leistung erhält der private Betreiber vom Netzbetreiber eine Einspeisevergütung und schließt zu diesem Zweck einen Liefervertrag ab. Kommt es zu Schäden an der Anlage, können diese sehr kostspielig werden, da nicht nur Reparaturen finanziert werden müssen, sondern mit dem Schaden häufig auch ein Verlust der Einspeisevergütung verbunden ist. Diesen Verlust deckt die Photovoltaik-Versicherung ab.
Photovoltaik steigert den Immobilienwert
Was Kunden zusätzlich beachten sollten: Eine fest installierte Photovoltaikanlage lässt den Wert der Immobilie steigen – dadurch entsteht die Gefahr einer Unterversicherung. Damit die Gebäudeversicherung im Schadenfall vollständig leistet, muss der Versicherungsschutz rechtzeitig angepasst werden. Wie Spezialmakler Bornhöft ergänzt, würden die speziellen PV-Versicherungspakete auch Schäden durch Diebstahl, Überspannung im Stromnetz oder Marderbiss abdecken. Ein zusätzlicher Haftpflichtschutz für die Photovoltaikanlage sei ebenfalls sinnvoll. So können durch die Anlage Personen zu Schaden kommen und beispielsweise durch Splitter einer berstenden Glasabdeckung verletzt werden.
Ist die Photovoltaik-Anlage jedoch nur über die normale Gebäudepolice abgesichert, sind lediglich Feuer-, Sturm, Wasser- und Hagelschäden im Versicherungsschutz enthalten. „Das ist nicht zu empfehlen“, sagt Bornhöft. Die Installation einer Photovoltaik-Anlage sei mit dem Kauf eines Autos vergleichbar. „Bei einem Auto schließt man auch die Vollkasko-Versicherung ab. Und die PV-Anlage mit 600 Watt Leistung kostet genauso viel wie ein Kleinwagen.“
Wer einen Bestand mit Wohngebäude hat, sollte sich mit dem Thema Solar beschäftigen.Jens Bornhöft, Makler
Anders ist die Situation bei der Installation von Solarthermie. Diese Anlagen sind normalerweise über die Gebäudeversicherung abgedeckt. „Eine Absicherung gegen Feuer, Sturm und Hagel reicht in der Regel aus“, sagt Bornhöft. Würden Versicherer für Solarmodule zusätzliche Beiträge erheben, sei das „Geldschneiderei“.
Dass die Beratung zu Photovoltaik und Solarthermie über kurz oder lang den Alltag fast jeden Vermittlers prägen wird – davon ist Bornhöft überzeugt. Nach seiner Einschätzung seien in seinem Büro seit Beginn des Ukrainekriegs die Anfragen nach einer Absicherung von Solaranlagen um rund 30 Prozent gestiegen.
Solaranlagen so beliebt „wie nie“
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) spricht von einer erheblich gestiegenen Nachfrage und untermauert das mit folgenden Zahlen: 2022 habe sich die neu gemeldete installierte Leistung im „Photovoltaik-Heimsegment“ gegenüber dem Vorjahr um mehr als 40 Prozent gesteigert. Solaranlagen seien noch nie so beliebt wie heute gewesen, unterstreicht der Verband. Nach einer vom BSW in Auftrag gegebenen YouGov-Befragung unter 1.022 Immobilienbesitzern gaben im November 75 Prozent der Befragten, die ein geeignetes Dach besitzen, an, sich eine Solaranlage zu wünschen. 61 Prozent derjenigen, die die Anschaffung einer Anlage planten, nannten als Grund die steigenden Strompreise.
„Vermittler mit Wohngebäude-Bestand sollten sich mit dem Thema beschäftigen“, empfiehlt Spezialmakler Bornhöft. Er ist sich sicher: In diesem Jahr werden immer mehr Menschen auf den Solar-Zug aufspringen – vor allem dann, wenn die ersten Bescheide der Energieversorger ins Haus flattern.