Verbände entdecken verstecktes Provisionsverbot nur für Makler
Kaum hat EU-Kommissarin Mairead McGuinness verkündet, bei der von ihr forcierten EU-Kleinanlegerstrategie auf ein generelles Provisionsverbot für Geldanlage- und Altersvorsorgeprodukte zu verzichten, da scheppert schon der nächste Paukenschlag durch die Versicherungs- und Finanzbranche. Denn nun wollen Vermittlerverbände bei genauer Lektüre des 100-seitigen Entwurfs in englischer Sprache überraschend ein verstecktes Provisionsverbot entdeckt haben. Entsprechend groß ist die Aufregung.
„Der Teufel steckt im Detail“, kommunizierte zuerst VOTUM-Chef Martin Klein als Reaktion auf die Fundstelle. Der im Zuge der Kleinanlegerstrategie neue IDD-Artikel 30 Absatz 8 Satz 2 sei schnell zu überlesen, habe es aber in sich. Dort steht im englischen Original:
Member States shall require that, where an insurance intermediary informs the customer that advice is given on an independent basis, the intermediary shall:
1. assess a sufficiently large number of insurance products available on the market which are sufficiently diversified with regard to their type and product providers to ensure that the customer’s objectives can be suitably met and shall not be limited to insurance products issued or provided by entities having close links with the intermediary.
2. not accept and retain fees, commissions or any monetary or non-monetary benefits paid or provided by any third party or a person acting on behalf of a third party in relation to the provision of the service to customers.
Dabei ist vor allem die Übersetzung des Satz 2 wichtig:
Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass der Versicherungsvermittler, wenn er den Kunden darüber informiert, dass die Beratung auf unabhängiger Basis erfolgt, folgendes tun muss:
2. keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre oder nicht-monetäre Vorteile annehmen und einbehalten, die von einem Dritten oder einer Person, die im Namen eines Dritten handelt, im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung für Kunden gezahlt oder gewährt werden.
Mit der Beratung auf unabhängiger Basis sind Versicherungsmakler gemeint. „Sollte diese Regelung unverändert umgesetzt werden, könnten Makler für Vermittlungsleistungen in der Sparte Leben keine Provision mehr entgegennehmen“, präzisiert Klein.
Auch AfW kritisiert verstecktes Provisionsverbot
Mit dieser Einschätzung stehen er und VOTUM nicht allein dar. Auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW hat diese wesentliche Änderung der IDD am Mittwoch kritisiert. „Geplant ist nach dem Entwurf, dass unabhängige Vermittler – in Deutschland also Versicherungsmaklerinnen und -makler – keine Provisionen mehr für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten erhalten sollen“, bestätigt AfW-Vorstand Norman Wirth.
Er kritisiert außerdem die Beschränkung dieses versteckten Provisionsverbots auf Makler. Denn dem Wortlaut zufolge dürften Vertreter weiterhin gegen Provision vermitteln. „Erst komplettes Provisionsverbot, jetzt nur für Versicherungsanlageprodukte und unabhängige Beratung und Vermittlung. Wir halten es für komplett abwegig, dass dieses wettbewerbsverzerrende Vorhaben im Sinne von Verbraucherschutz sein und mit europäischem Recht im Einklang stehen soll“, so Wirth.
Auch BVK will dagegen vorgehen
Bereits am Montag hatten sich AfW und VOTUM zu den übergeordneten Inhalten dieses ersten Entwurfs geäußert und dabei den Verzicht auf ein generelles Provisionsverbot begrüßt. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) war erst am Mittwochvormittag mit einer Pressemitteilung nachgezogen, in der er ebenfalls den Verzicht auf ein generelles Provisionsverbot im Entwurf lobt. Für die Mitglieder des Bonner Verbands würde das quasi auch zutreffen, da sie hauptsächlich gebundene Vertreter sind und sich das Verbot unter Artikel 30 Absatz 8 Satz 2 nur auf unabhängige Berater bezieht.
Auf procontra-Nachfrage erklärte man seitens des BVK allerdings, dass man darauf hinwirken werde, dass auch kein partielles Provisionsverbot für „Independent advise“ eingeführt wird. „Wir stehen dazu bereits im Kontakt mit den zuständigen Entscheidungsträgern“, sagte BVK-Kommunikationsleiter Dominik Hoffmann.
Auch AfW und VOTUM betonen, dass sie sich weiterhin für ein angemessenes beziehungsweise duales Vergütungssystem einsetzen werden. Erwartet wird die Veröffentlichung des offiziellen Abstimmungsvorschlags über die EU-Kleinanlegerstrategie für den 24. Mai. Bis dahin dürfte im Kampf um eine gute Ausgangslage keine Ruhe mehr einkehren.