Blau-Direkt-CEO: „Die Marktkonsolidierung wird weiter Fahrt aufnehmen"
procontra: Das Jahr ist noch ziemlich neu: Welche Ziele hat sich Blau Direkt für 2025 gesteckt – bezogen auf die Umsatzerwartungen, die Personalentwicklung und die strategische Ausrichtung des Unternehmens?
Kai-Uwe Laag: Im vergangenen Jahr konnte Blau Direkt wieder ein beeindruckendes Wachstum von 33 Prozent verzeichnen, 2025 stehen wir damit auf einem stabilen Fundament, um den eingeschlagenen Wachstumskurs weiter fortzusetzen. Wir rechnen für 2025 mit einem Umsatz von 300 Millionen Euro.
Wir sind sowohl auf der technologischen Ebene als auch im Kundenservice hervorragend positioniert und planen, weiterhin erheblich in beide Bereiche zu investieren, auch auf personeller Ebene. Unser Ziel ist es, der führende Technologieanbieter der Branche zu werden, um unseren Partnern noch besseren Service zu bieten. Meiner Meinung nach hat Blau Direkt alle notwendigen Voraussetzungen dafür.
procontra: Die ursprüngliche Führungsmannschaft von Blau Direkt mit Oliver Pradetto, Lars Drückhammer und Oliver Lang ist nicht mehr an Bord. Hat das zu einem Kurswechsel bei Blau Direkt geführt?
Kai-Uwe Laag: Das Unternehmen war vorher sehr stark von den Gründern bzw. Einzelpersonen abhängig, die einen hervorragenden Job gemacht haben. Der bisherige Kurs von Blau Direkt mit Fokus auf Technologie und Kundenzufriedenheit hat sich im Kern nicht verändert und wird sich auch künftig nicht ändern.
Aber wir haben neue Impulse gesetzt, zum Beispiel im Aufbau von Corporate-Building-Strukturen. Blau Direkt setzt auf ein diversifiziertes Führungsteam, bestehend aus Abteilungsleitern, die zum Großteil innerhalb des Unternehmens aufgestiegen und schon lange im Unternehmen sind sowie aus externen Fachleuten mit unterschiedlichen Kompetenzen und Perspektiven.
Wir wollen der führende Technologieanbieter der Branche werdenKai-Uwel Laag
procontra: 2022 ist die angelsächsischen Private-Equity-Firma Warburg Pincus bei Ihnen eingestiegen. Inwieweit beeinflusst das die Entwicklung von Blau Direkt? Warburg Pincus ist ja bekannt dafür, Firmen zu SaaS-Unternehmen (Software-as-a-Service) umzubauen.
Kai-Uwe Laag: Ohne Warburg Pincus wäre unsere eingeschlagene Richtung gerade in Hinblick auf die Investitionen im Bereich Technologie nicht möglich. SaaS ist bei Blau Direkt nicht das ausschließliche Geschäftsmodell und wird es auch in Zukunft nicht sein, sondern stellt vielmehr einen Teil unseres Produktportfolios dar.
Software-as-a-Service bietet gerade unseren Kunden im wenig digitalisierten Markt individuelle, bedarfsgerechte und flexible Möglichkeiten, ohne auf modernste Technik zu verzichten. Wir ermöglichen unseren Partnern, ihren administrativen Aufwand an uns auszulagern und auf ihren Arbeitsalltag abgestimmte Tools über eine Plattform zu nutzen. Somit können sich unsere Partner auf die wesentlichen Aufgaben eines Vermittlers konzentrieren, auf die Beratung. Diese kann dann ausgerichtet auf die zunehmend komplexen und anspruchsvollen Bedürfnisse der Kunden erfolgen.
procontra: Es gibt auch immer wieder Verkaufsgerüchte rund um Blau Direkt. Auch hieß es schon mal, dass der Londoner Private-Equity-Investor HG Capital an Warburg Pincus beteiligt sei. Was ist dran an solchen Gerüchten?
Kai-Uwe Laag: Zu Gerüchten über Verkauf und Ähnlichem äußern wir uns grundsätzlich nicht. Warburg Pincus ist eine Partnerschaft. HG Capital ist nicht beteiligt.
procontra: Blau Direkt ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und will das auch weiterhin tun: Gerät dabei nicht der Service und der Kontakt zu den Maklern zu sehr in den Hintergrund?
Kai-Uwe Laag: Unsere Partner stehen für uns weiter an erster Stelle. Durch das starke Wachstum in den vergangenen Jahren bei gleichzeitig nur leicht ansteigender Mitarbeiteranzahl kam es mitunter jedoch zur Verzögerung im Kundenservice. Bereits im vergangenen Jahr haben wir dafür mit ‚Meet a Specialist‘ den persönlichen Support eingeführt. Dieser wird durch weitere Serviceangebote im laufenden Jahr ausgebaut werden. Außerdem haben wir 2024 den sogenannten Net Promoter Score (NPS) eingeführt, um kontinuierlich die Kundenzufriedenheit im Blick zu behalten und bei Bedarf Anpassungen schnell umsetzen zu können.
procontra: Einige Versicherer haben in jüngster Zeit ihr Geschäft mit Maklerpools eingeschränkt, insbesondere in der Kfz-Sparte. Sind das Ausnahmen oder zeichnet sich hier aus Ihrer Sicht ein Trend ab?
Kai-Uwe Laag: In der Kfz-Sparte beobachten wir, dass einige Versicherer ihre Zusammenarbeit mit Maklerpools anpassen, aufgrund von steigenden Schadenkosten und teils knapper werdenden Kapazitäten. Gleichzeitig sehen wir aber keinen breiten Trend zu einer generellen Einschränkung der Zusammenarbeit. Die Mehrheit der Versicherer schätzt Maklerpools weiterhin als wichtigen Vertriebspartner, der effiziente Prozesse und breite Marktzugänge bietet.
Zudem gibt es auch Gesellschaften, die gerade jetzt ihre Zusammenarbeit mit Pools verstärken, um von der Marktdurchdringung und der digitalen Leistungsfähigkeit zu profitieren. Aus unserer Sicht sind die jüngsten Entwicklungen daher eher als Einzelfallentscheidung der jeweiligen Versicherer zu verstehen, die sich an deren individueller Risikostrategie und Geschäftsausrichtung orientieren.
procontra: Wie sehen Sie derzeit den Markt von Bestandsübernahmen: Wird sich 2025 viel bewegen und haben Sie bereits konkrete Pläne, in welchem Umfang Sie Bestände übernehmen wollen?
Kai-Uwe Laag: Die Marktkonsolidierung wird auch 2025 weiter Fahrt aufnehmen. Der zunehmende demografische Wandel wird dazu führen, dass immer weniger Makler immer mehr Kunden bedienen müssen. Unser Fokus wird 2025 auf der Integration der übernommenen Firmen und dem Ankauf weiterer Firmen und Bestände liegen.
procontra: Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit bei Maklern, wenn diese versuchen, eine Nachfolgeregelung zu finden und welches Modell ist derzeit am beliebtesten?
Kai-Uwe Laag: Das hängt individuell von der jeweiligen Situation des Maklers ab, wichtige Faktoren sind hierbei zum Beispiel die Rechtsform, der Kundenbestand des Maklers, möglicher Bestandsabrieb usw. Auch sollte sich der Makler im Vorfeld überlegen, ob er das Kapital als wiederkehrenden Betrag, also in Form einer Rente oder als Einmalzahlung, haben möchte.
Ein Problem, das man allerdings häufig sieht, ist die fehlende Digitalisierung besonders im Bestand, die sich dann mitunter negativ auf den Wert auswirken kann. Die individuelle Situation des Maklers entscheidet also, welches Modell am besten zu seiner Ruhestandsplanung passt. Pauschal kann man nicht sagen, welches Modell das beliebteste ist. Jedoch lassen sich alle gängigen Modelle grob unterscheiden in Asset- und Share-Deals. Wobei die Maklerrente zum Beispiel auch zu den Asset-Deals zählt. Für Einzelunternehmer ist meist ein Asset-Deal die beliebteste Variante, bedingt durch steuerliche und rechtliche Vorgaben.
procontra: Ein Wort noch zu Ihrer Person: Sie kommen aus der Telekommunikationsbranche, waren als Geschäftsführer für Unternehmen wie Telefónica und Amplifon tätig, sind also ein klassischer Quereinsteiger bezogen auf die Versicherungswelt. Ist das nicht ein Nachteil?
Kai-Uwe Laag: Ich habe 20 Jahre Berufserfahrung in technologieaffinen Umfeldern. Zudem ist die Telekommunikationsbranche der Versicherungswelt in vielen Bereichen sehr ähnlich. Insofern sehe ich keinen Nachteil als Quereinsteiger. Das spezifische Fachwissen im Versicherungsbereich ist bereits an vielen anderen Stellen bei uns im Unternehmen vorhanden.
Im Hinblick auf das starke Wachstum der vergangenen Jahre wird meine Erfahrung als Manager von Wachstumsunternehmen mit Fokus auf Digitalisierung und Vertrieb dazu beitragen, dass Blau Direkt dieses Wachstum auch künftig fortsetzen kann. Wichtig sind dabei auch Führungsinstrumente, ein tiefes Verständnis für Kundenzufriedenheit und Kundenorientierung sowie das Wissen über Technologie und deren Einsatzmöglichkeiten. Alles Kernthemen, die sowohl in der Telekommunikations- wie auch der Versicherungsbranche essentiell sind.