Änderung des Maklervertrags: Wann Schweigen doch „Ja“ bedeuten kann

"Schweigen heißt nicht Zustimmung": Das kürzliche BGH-Urteil hat nicht nur in Bankkreisen hohe Wellen geschlagen. Diskutiert werden auch die Auswirkungen auf die Maklerschaft, im Speziellen den Maklervertrag. Der Hamburger Rechtsanwalt Jens Reichow nimmt zum Thema Stellung.

08:08 Uhr | 27. August | 2021

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. April dieses Jahres (Az.: XI ZR 26/20) löste nicht nur in Bankkreisen Aufsehen aus. Der BGH urteilte darin zur Wirksamkeit einer Erklärungsfiktion in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – also der Zustimmung des Kunden zu Änderungen der AGB durch Schweigen. Zwar äußerte sich der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung lediglich zu einer konkreten Klausel, die von Kreditinstituten in deren AGB verwendet wird.

Schnell stellte sich aber die Frage, ob die Entscheidung auch für andere Branchen von Bedeutung sei. Auch für die von Versicherungsmaklern verwendeten Klauseln im Maklervertrag wurde diskutiert, ob - nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH - solche Klauseln noch zulässig seien. Teilweise wurde bereits empfohlen, solche Klauseln aus den Maklerverträgen zu streichen (procontra hat berichtet). 

Auswirkungen des BGH-Urteils überdenken

Nachdem nun der vollständige Urteilstext vorliegt, sollten die rechtlichen Auswirkungen der BGH-Rechtsprechung auf Versicherungsmaklerverträge jedoch nochmals überdacht werden. In dem Urteil des BGH erlaubte die von einer Bank gegenüber Verbrauchern genutzte Erklärungsfiktion nämlich der Bank die Änderung „dieser Geschäftsbedingungen und der besonderen Bedingungen…“.

Der BGH stellte dazu fest, dass diese Klausel, obwohl sie formal den Voraussetzungen des Paragraphen 308 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprach, dennoch einer Inhaltskontrolle - gemäß Paragraph 307 ff. BGB - nicht standhielt. Die Formulierung „dieser Geschäftsbedingungen“ und „besonderen Bedingungen“ ließe sich so verstehen, dass sämtliche Geschäftsbeziehungen erfasst sind und nicht nur einzelne Details der vertraglichen Beziehung - mittels einer fingierten Zustimmung des Kunden - angepasst werden können. Vielmehr könne nach der Klausel ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung jede vertragliche Änderung umgesetzt werden.

Eine so weitreichende Regelung führe zu einer Benachteiligung der Kunden und könne nicht gerechtfertigt werden. Die rechtliche Argumentation des BGH ist sicherlich nachvollziehbar, legt aber auch die Unterschiede zu typischerweise bei einem Versicherungsmaklervertrag bestehenden Situation offen.

Erklärungsfiktionen in Maklerverträgen dürften sich nämlich oftmals nicht auf die Änderung „dieser Geschäftsbedingungen und der besonderen Bedingungen…“ beziehen, sondern sollen eben nur die konkreten vertraglichen Regelungen im Maklervertrag ändern können. Daher dürften Erklärungsfiktionen im Maklervertrag oftmals konkreter gefasst werden können, als dies bei der vom BGH zu prüfenden Klausel der Fall war. 

Nicht einschüchtern lassen

Rechtssicherer und zudem natürlich auch im Rahmen einer guten Kundenbeziehung wünschenswert ist es, wenn Änderungen der vertraglichen Regelungen durch Einholung einer ausdrücklichen Willenserklärung anstatt über eine Erklärungsfiktion umgesetzt werden.

Gerade bei größeren Maklerbeständen dürfte die Einholung einer ausdrücklichen Willenserklärung jedoch nicht immer möglich sein. Auch weil der Gesetzgeber in Paragraph 308 Nr.5 BGB die explizite Möglichkeit eröffnet hat, eine Erklärungsfiktion mit in Verträge aufzunehmen, sollten sich Versicherungsmakler von der aktuellen Rechtsprechung des BGH aber nicht allzu sehr einschüchtern lassen. Vielmehr gilt es diese zu berücksichtigen und dann im Maklervertrag eine individuell passende Klausel zu vereinbaren.

Zum Autor: Jens Reichow ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Die Kanzlei hat sich unter anderem auf den Bereich Vertriebsrecht spezialisiert.