Wegen der Niedrigzinsen wird ab 2022 für das Neugeschäft in der Lebensversicherung der Höchstrechnungszins von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent gesenkt. Damit wächst auch der Druck in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) auf die Garantien, denn in der weit verbreiteten Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) wie auch bei der betrieblichen Riester-Rente sind weiterhin 100 Prozent Garantie vorgeschrieben, ebenso bei der privaten Riester-Rente.
Seit längerem fordern die deutschen Aktuare, bei Riester und der BZML von der gesetzlich vorgeschriebenen 100-Prozent-Garantie abzurücken. „Andernfalls gibt es morgen am Markt vermutlich keine Riester-Rente und BZML mehr“, prophezeite Guido Bader, bislang Vorstandschef der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) und nun „Past President“ im Vorstand des Gremiums. „Der vollständige Beitragserhalt mündet in einen Realwertverlust“, so Bader weiter auf der virtuellen Jahrestagung der DAV und der Deutschen Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik.
Warum sich Politik mit Absenkung von Garantien schwertut
Aktuell scheint die Politik zu Absenkungen des Garantieniveaus in der BZML und bei der Riester-Rente nicht bereit zu sein. „Bei der Anpassung von Garantien bei Altersvorsorge-Produkten braucht es gute Kommunikation und Transparenz, ehe sich etwas bewegt“, sagte Burkhard Balz, Vorstand der Deutschen Bundesbank, auf der Tagung. „Die Abschaffung der 100-Prozent-Garantie ist für die Politik nicht leicht, da viele Bürger risikoavers anlegen wollen“, ergänzte Gundula Roßbach. Am Ende erwarteten die Sparer eine verlässliche Zusatzrente, weshalb wiederum Politiker auf Garantien schauen, fügte die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund hinzu. Und dabei wohl auch Wahlen im Blick haben, darf man angesichts der gescheiterten Riester-Reform ergänzen.
Herbert Schneidemann, bisher Vize- und nun Vorstandschef der DAV, sieht im kollektiven Sparen einen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit. „Gegenüber dem Individualsparen, etwa mit ETF-Vermögensverwaltung, bekommt Kunde ein gemischtes Portfolio mit Volatilitätsabfederung im Kollektiv und über die Zeit“, ermuntert er Berater zu offensiven Kundengesprächen. Es brauche keine neuen Staatsfonds-Modelle, sondern Vertrauen. „Dazu gehört, dass die Politik ein flexibles Garantiespektrum zwischen 0 und 90 Prozent auch in der bAV und bei Riester erlaubt“, so Schneidemann, im Hauptberuf Vorstandschef der Bayerischen, auf der Tagung weiter.
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Generationengerechtigkeit in bAV gefährdet
Für Friedemann Lucius, Vorstandschef des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) und zugleich DAV-Vorstand, ist die „Generationengerechtigkeit in der bAV gefährdet“. Die reine Beitragszusage sei ein Ausweg. „Es muss mit weniger Garantien gehen, weil Versorgungslücken sich anders nicht nachhaltig füllen lassen“, erklärte Lucius, im Hauptberuf Vorstandssprecher des bAV-Consultants Heubeck.
Die politischen Entscheidungsträger sollten noch in den kommenden Wochen mit einem geringfügigen gesetzgeberischen Eingriff das Garantieniveau bei den staatlich geförderten Vorsorgeprodukten senken, forderte die DAV erneut. „Die 100-Prozent-Garantie bei der BZML führt zu Fehlallokation von Mitteln in vermeintlich sichere Anlagen, was im Niedrigzins zu Wertevernichtung führt“, bringt es Lucius auf den Punkt. Die Chance auf Werterhalt bestehe nur bei deutlich weniger als 100 Prozent Garantie. Lucius verwies auf eine Ifa-Studie, die 70 bis 80 Prozent Garantie für sinnvoll hält.
Das Zögern des BMF und die Folgen
Bisher unternimmt das zuständige BMF nichts. Man sehe keinen Regelungsbedarf, hießt es kürzlich auf Nachfrage bei der BaFin-Jahreskonferenz 2021. Lediglich an zwei Stellschrauben müsste die Politik geringfügig nachjustieren:
Alternativ könnte man stärker auf Garantien zur Endfälligkeit abstellen, schlägt André Geilenkothen, Partner und Mitglied der Aon-Geschäftsleitung, vor. Das würde Versicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds die Flexibilität geben, renditestärkere Anlageformen zu wählen. Inzwischen haben einige bAV-Anbieter ihr Angebot zur BZML ausgedünnt. Zunehmend werde stattdessen die beitragsorientierte Leistungszusage genutzt. Dort gibt es keine gesetzlichen Vorgaben für eine Mindestleistung.
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