Mark Branson (52) hat Anfang August seine Arbeit als neuer Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) aufgenommen. Bransons Vorgänger, Felix Hufeld, hatte nach den behördlichen Verfehlungen im Wirecard-Skandal Platz gemacht für eine Reform der in die Kritik geratenen Aufsicht.
„Die Bafin soll eine Aufsichtsbehörde von Weltklasse werden“, so Branson bei seinem Amtsantritt. Dabei steht wohl weniger die Versicherungsaufsicht im Blickpunkt als die Banken- und Wertpapieraufsicht. Hier war es bei Skandalen wie jene um Infinus, P&R, Prokon, Cum-Ex-Betrügereien der Banken oder Wirecard zu erheblichen Aufsichtslücken gekommen. Die Bundesregierung wolle die BaFin stärken - Grundlage ist dabei das im Juni verabschiedete Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG). So sollen neue Aufsichtsgebiete wie Börsenaufsicht und Bilanzkontrolle dazukommen.
Reformarbeit schon im Frühjahr gestartet
Den erheblichen Reformbedarf bestätigen Branson und Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF). Sie präsentierten keine 100 Tage nach Bransons Amtsantritt bereits am Mittwochnachmittag erste Ergebnisse der BaFin-Reform. Hintergrund: Das BMF hat schon vor etwa einem halben Jahr anhand eines 7-Punkte-Plans die Reform angestoßen, erinnert Kukies.
Von diesen sieben Punkten greift der BMF-Staatssekretär zwei auf: die Fokusaufsicht und Taskforce sowie die Neuaufstellung einer Hinweisgeberstelle. Fokusaufsicht und Taskforce, die Mitte August an den Start gegangen sind, werden koordiniert von der dem BaFin-Präsidenten direkt unterstellten Stabsstelle „Koordination Fokusaufsicht und Taskforce“.
Fokus schon auf 17 Finanzdienstleister
Beaufsichtigt würden dort Finanzdienstleister mit komplexen oder innovativen Geschäftsmodellen. Hier wolle die BaFin künftig ganzheitlicher und intensiver arbeiten, um kritische Risiken zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken. „In den vergangenen Monaten wurden hierfür die notwendigen neuen Prozesse aufgesetzt und getestet“, so Kukies. Derzeit überwache die Fokusaufsicht bereits 17 Banken, Versicherer, Wertpapierhäuser und Zahlungsdienstleister.
Mit ihrer Taskforce kann die BaFin Verdachtsfälle nun auch kurzfristig mit eigenem Personal investigativ prüfen. Damit verfügt sie über eine Art schnelle Eingreiftruppe, die in dringenden Fällen sofort einsatzfähig ist. Den Kern der Taskforce bildet ein Team von Finanzspezialisten. Hierfür stellt die BaFin hochqualifizierte Prüfer sowie Finanz-Forensiker neu ein. Die Rede ist von einem Personalzuwachs von 150 Leuten bei insgesamt rund 3.000 Beschäftigten. Den konkreten Kostenzuwachs bleiben Kukies und Branson trotz Nachfrage allerdings schuldig.
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Whistleblower sollen professioneller behandelt werden
Die BaFin hat ihre Hinweisgeberstelle, an die sich Whistleblower wenden können, ebenfalls im August neu aufgestellt. „Ein risikoorientierter Ansatz und ein umfassendes Monitoring ermöglichen es der BaFin, wertvolle Informationen zu sammeln und zu analysieren, um dann zielgerichtet zu agieren“, heißt es vergleichsweise nebulös.
Auf Grundlage der von BMF am 26. Juli 2021 erlassenen BaFin-Hinweisgeberverordnung agiere die dafür zuständige Stelle bereits jetzt nach den Standards der EU-Hinweisgeberschutzverordnung. „Die neu geschaffene Market Contact Group (MCG), die auch in dieser Einheit angesiedelt ist, nimmt entsprechende Informationen aus der Finanzbranche entgegen“, erklärt Kukies.
DPR-Bilanzprüfung von BaFin übernommen
Ein weiterer Reformschritt ist die noch intensivere Kontrolle der Bilanzen börsennotierter Unternehmen. Sie soll ab 2022 einstufig organisiert werden. Das heißt: Anlass- und Stichprobenprüfungen sind künftig allein Sache der BaFin. Die Rechte der Behörde zur Überprüfung werden also erheblich gestärkt. Das Markt-Monitoring zur Identifikation risikobehafteter Unternehmen sei bereits aufgebaut.
Anfang 2022 werden die Experten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) von der BaFin übernommen, weitere Wirtschaftsprüfer und Rechnungslegungsspezialisten sollen rekrutiert werden. Insgesamt soll die Bilanzkontrolle der BaFin rund 60 Beschäftigte umfassen.
Verdeckte Testkäufe für kollektiven Verbraucherschutz
Völlig neu ist das Mystery-Shopping, für das bereits im Juli ein eigener Beauftragter für kollektiven Verbraucher- und Anlegerschutz eingesetzt wurde. Ab 2022 will die BaFin Aktionen verdeckter Testkäufe starten, um die Verbraucherschutzaufsicht zu stärken. Geschulte Testkäufer treten dabei als Verbraucher auf, um sich in Finanzunternehmen beraten zu lassen oder Produkte zu Testzwecken zu erwerben. Die BaFin prüft damit, ob die Dienstleister ihre gesetzlichen Pflichten einhalten. Beispiele für solche Aktionen wurden nicht genannt, aber sie dürften auch zu Versicherungen und Finanzberatung stattfinden.
Im Zuge der Modernisierung erhält der BaFin-Präsident mehr Kompetenzen als in der Vergangenheit. Branson verantwortet den Haushalt, legt Personal- und Finanzmitteleinsatz fest und bestimmt die Aufbauorganisation. Dementsprechend hat die BaFin ihre Statuten bereits zum 1. Juli Jahres angepasst. So soll die Entscheidungsfindung auf Leitungsebene beschleunigt werden. „Dies ist aber erst der Anfang einer langfristigen Weiterentwicklung der BaFin, eine Art Langstreckenlauf“, so Branson wörtlich.
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