Berufsunfähig nach selbst verschuldetem Unfall: Zahlt die Versicherung trotzdem?

Wer eine BU-Versicherung abgeschlossen hat, erwartet, dass er im Schadensfall die vereinbarte Rente erhält. Doch was, wenn die Berufsunfähigkeit durch eigenes Verschulden eintritt, etwa durch vorsätzliches Fehlverhalten im Straßenverkehr? Dann kommt es auf Vertragsdetails an.

07:09 Uhr | 22. September | 2021

Gerd Kemnitz ist Versicherungsmakler und BU-Experte. Er kennt aus seiner Berufserfahrung zahlreiche Situationen, in denen Versicherer die Rentenzahlung trotz eingetretener Berufsunfähigkeit verweigern. Aus guten Gründen.

„Grundsätzlich zahlt keine Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn die BU durch die vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens seitens der versicherten Person eingetreten ist“, schreibt Kemnitz in seinem Blog auf bu-portal24.de. Ein solcher Vorsatz ist aber gerade im Straßenverkehr schnell gegeben. Er kann schon durch vermeintliche Kleinigkeiten vorliegen, etwas wann ein Fußgänger bei Rot die Straße überquert oder ein Autofahrer zu schnell fährt. Wird er durch einen daraus resultierenden Unfall berufsunfähig, leisten Versicherer grundsätzlich erst einmal nicht. Es gibt aber Ausnahmen.

Bei der Beratung genau auf Ausschlussklauseln achten

Maklerinnen und Makler sollten mit ihren Kunden die Vertragsbedingungen genau durchgehen und insbesondere die Formulierung von Leistungsausschlüssen prüfen. Manche Verträge enthalten nämlich durchaus versichertenfreundliche Klauseln. Als Beispiel nennen Experten etwa folgende Vereinbarung, die einen entscheidenden Zusatz enthält:

„Grundsätzlich besteht unsere Leistungspflicht unabhängig davon, wie es zu der Berufsunfähigkeit gekommen ist. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, leisten wir jedoch nicht, wenn die Berufsunfähigkeit verursacht ist durch eine von Ihnen als Versicherungsnehmer oder von der versicherten Person begangene vorsätzliche widerrechtliche Handlung. Verkehrsdelikte und fahrlässige Verstöße sind von diesem Ausschluss nicht betroffen.“

Vorsätzlich oder fahrlässig? Grenzen sind oft fließend

„Bei dieser Definition leistet der Versicherer auch bei einer Berufsunfähigkeit infolge eigener Verkehrsdelikte – selbst dann, wenn dem Betroffenen ein vorsätzliches Handeln unterstellt wird“, so BU-Fachmann Kemnitz. Auf fahrlässige Vergehen eingeschränkt bleibe der Versicherungsschutz lediglich außerhalb des Straßenverkehrs. Er hält solche Formulierungen auch für sinnvoll. Seine Begründung: „Die Grenzen zwischen fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich sind häufig fließend. Insbesondere bei Delikten im Straßenverkehr kann es für den Beschuldigten schwierig werden, den Vorwurf eines vorsätzlichen Handelns abzuwehren.“

Maklerinnen und Makler sollten in der Kundenberatung aber besonders aufmerksam auf Formulierungen achten, die einen umfassenden BU-Schutz nur suggerieren, zum Beispiel, wenn der Begriff „Verkehrsdelikte“ durch „Ordnungswidrigkeiten“ ersetzt wird. Denn die Grenzen sind auch hier fließend. So kann ein Unfall mit Personenschaden, der aufgrund von vorsätzlicher überhöhter Geschwindigkeit passierte, bereits eine Straftat sein. Wird dagegen niemand verletzt, kann es sich noch um eine Ordnungswidrigkeit handeln. Es kommt also – wie eigentlich immer im Vertragsrecht – auf die genaue Formulierung an.