Betriebsrente: Neues zur reinen Beitragszusage und zu Garantien

Trotz kräftiger Förderung hakt das bAV-Geschäft vor allem in kleinen Firmen. Die 100-Prozent-Garantie lastet auf den Versorgungswerken, doch die reine Beitragszusage kommt auch nicht vom Fleck. Neue Entwicklungen beleuchtete eine Fachtagung.

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07:02 Uhr | 25. Februar | 2021

Die meisten Arbeitnehmer (60,5 Prozent) wünschen sich eine höhere Leistung bzw. Rendite, um die bAV insgesamt attraktiver zu machen. Das geht aus einer Umfrage des bAV-Beraters Aon Deutschland hervor. Hohe Rendite und umfassende Garantien sind in der Niedrigzinsphase jedoch unvereinbar. Dies wurde auf der Fachtagung „5. Berliner bAV-Auftakt: Die Zukunft der bAV im Dialog“ deutlich.

Geladen hatte bereits zum fünften Mal Mathias Ulbrich, Professor für Arbeitsrecht an der Fakultät für Wirtschaftsrecht der Hochschule Schmalkalden und zugleich Inhaber einer Kanzlei für bAV. Traditionell bildet die Ulbrich-Veranstaltung den Jahresauftakt einer Reihe von bAV-Fachtagungen in Berlin – diesmal aber virtuell.

Die Diskussion entzündete sich vor allem auch an den Problemen, die die 100-Prozent-Garantie bei vielen bAV-Zusagen den Arbeitgebern und Versorgungswerken angesichts der Niedrigzinsen bereitet, und den praktischen Schwierigkeiten zur Umsetzung des Sozialpartnermodells (SPM), bei dem bekanntlich gar keine Garantien geboten werden.

BMAS will bAV-Garantie nicht absenken

Zur Experten-Diskussion, ob das Garantieniveau bei der weit verbreiteten Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) nicht von 100 Prozent auf 80 Prozent oder noch weniger abgesenkt werden sollte, schweigt der Gesetzgeber bislang. Derweil haben sich einige Anbieter aus der BZML zurückgezogen, während sich das größte Branchenversorgungswerk Metall-Rente vollständig auf diese Zusageart konzentriert.

„Die Absenkung der Garantien auf zum Beispiel 80 Prozent oder eine andere Zahl wäre bedenklich, weil die Anbieter dies sofort als Aufforderung zur Absenkung auf diesen Wert verstehen würden“, sagte Rolf Schmachtenberg auf der Tagung. Die reine Beitragszusage wäre in dieser Situation ein guter Ausweg, so der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales weiter. „Die Umsetzung von Sozialpartnermodellen befriedigt trotz guter Signale aus der Szene nicht“, erklärte Schmachtenberg. Dennoch seien von der Bundesregierung keine Neuerungen zum SPM geplant.

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„Eine 80-Prozent-Garantie in der bAV wäre gut, hat aber schlechte Akzeptanz bei Arbeitnehmern“, hielt Peter Weiß dagegen. „Die Deutschen lieben Garantien und kapieren nicht, dass die auch Geld kosten“, so der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion weiter. Zum SPM äußerte sich Weiß leicht ironisch: Ver.di wolle seit vielen Monaten „knapp dran sein“, „aber man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben“.

Ver.di will in Kürze drei Sozialpartnermodelle starten

Angekündigt hatte Ver.di den ersten SPM-Abschluss mit Talanx in der Tat schon Ende 2019. Dann sollte es Ende 2020 soweit sein, doch der Vollzug ist bis heute nicht gelungen. Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Sozialpolitik der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, betonte auf der Tagung, man sei nun „auf den letzten Zentimetern bis zum Abschluss nach Ostern“. Man starte auf jeden Fall, „ehe jeder Bürger ein erstes Impfangebot gegen Corona bekommen hat“, so die Tarifexpertin.

Gemeint ist nicht nur das Haustarif-SPM mit dem Versicherer Talanx, sondern zwei weitere Branchentarifverträge, „in einem Fall gemeinsam mit der IG Bergbau, Chemie, Energie“. Die Namen der beiden Branchen wollte Kerschbaumer auf Nachfrage noch nicht nennen. Ver.di hält einen essentiellen Beitrag der Arbeitgeber beim SPM für geboten, da es sonst fast unmöglich sei, den Mitgliedern das Angebot angesichts der fehlenden Garantie schmackhaft zu machen.

Keine Mindestleistung bei beitragsorientierter Leistungszusage

Die Allianz hatte kürzlich für Unruhe gesorgt, indem die Rentenfaktoren bei kapitalmarktnahen Tarifen um 9 Prozent gesenkt wurden, auch in der BZML der bAV. Bei Anpassung des Rentenfaktors bleiben garantierte Leistungen in vollem Umfang erhalten, beruhigt Erika Biedlingmeier. Kein Arbeitgeber müsse fürchten, dass sich sein Haftungsrisiko erhöht, so die Leiterin des Rechtsfragenreferats im Bereich Firmen-Vertrieb-Beratung der Allianz Lebensversicherung.

Bei der zunehmend genutzten beitragsorientierten Leistungszusage (BoLZ) gebe es dagegen keine gesetzlichen Vorgaben für eine Mindestleistung. Das Bundesarbeitsgericht gibt lediglich vor, dass der BoLZ-Beitrag unmittelbar zu einer Leistung führen und dem Arbeitnehmer möglichst genau erklärt werden muss. „Alles andere bestimmt die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“, so Biedlingmeier. Eine Senkung der Rentenfaktoren sei auch bei der BoLZ erlaubt, solange die Garantien nicht angetastet würden. Der Rentenfaktor diene lediglich dazu, die Rente aus dem verfügbaren Kapital zu berechnen.

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