BU-Gesundheitsfragen: Verharmlosung hat Konsequenzen
Bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen gilt es für den Versicherungsnehmer, möglichst umfassend Auskunft über den eigenen Gesundheitszustand zu geben. Wer meint, bestimmte Leiden als Wehwehchen abzutun und nicht angeben zu müssen, riskiert, im Leistungsfall leer auszugehen. Dies zeigt ein aktueller Fall des OLG Dresden (Az: 4 U 2453/20).
Was war passiert?
Eine Frau beantragte Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung – diese wurden ihr von ihrem Versicherer aber verweigert, der der Frau arglistige Täuschung vorwarf. Konkret ging es um die Beantwortung der im Antrag der BU-Versicherung enthaltenen Gesundheitsfragen.
Hier hieß es unter Ziffer 7.1.
„Sind Sie in den letzten fünf Jahren von Ärzten oder Behandlern beraten oder untersucht worden oder haben während dieser Zeit stationäre oder ambulante Krankenhausrehabilitations-/Kuraufenthalte oder Operationen stattgefunden oder sind solche für die nächsten zwei Jahre ärztlich empfohlen oder beabsichtigt?“
Diese Frage war von der Frau mit „nein“ beantwortet worden. Allerdings hatte sie sich im besagten Zeitraum mehrfach in ärztlicher Behandlung befunden, unter anderem wegen eines chronischen Schmerzsyndroms, einer Erkältung, einer Angina, einer Mandelentzündung, eine Sinusbronchitis, einer Augenbindehautendzündung sowie einer Gastritis, Oberbauchkoliken und eines Reizdarms. Zudem hatte die Frau im Jahr der Antragsstellung 2016 selbst erklärt, seit sechs bis sieben Jahren Magenprobleme zu haben, für deren Linderung sie regelmäßig sogenannte Protonenpumpenhemmer verschrieben bekommen hatte.
Dennoch hatte sie im Antrag ihrer BU-Versicherung die Frage
„Bestehen oder bestanden in den letzten fünf Jahren Krankheiten oder Funktionsstörungen der Verdauungsorgane (z. B. Sodbrennen, Darmentzündung, Gastritis, ...)“,
mit „nein“ beantwortet. Die Frau hatte argumentiert, dass es sich bei den Beschwerden lediglich um Befindlichkeitsstörungen gehandelt habe, sie diese deshalb nicht habe angeben müssen. Angesichts der erheblichen Medikation, der häufigen Arztbesuche, der im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum anfallenden Arbeitsunfähigkeit von 88 Tagen sowie einer Notfalleinweisung ins Krankenhaus, folgten dieser Argumentation sowohl die Richter des Landgerichts Leipzig wie des Oberlandesgerichts Dresden nicht.
Gesundheitsfragen sind erschöpfend zu beantworten
Unabhängig davon erklärte das OLG Dresden, dass laut geltender Rechtsprechung der Versicherungsnehmer die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen grundsätzlich erschöpfend zu beantworten habe. Das heißt, er darf sich nicht nur auf Krankheiten und Schäden von erheblichem Gewicht beschränken, sondern muss auch Beeinträchtigungen angeben, die noch keinen Krankheitswert haben. Die Bewertung der Gesundheitsbeeinträchtigung sei die Sache des Versicherers, stellten die Richter klar. Lediglich Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen, seien nicht anzugeben.
Das Argument der Frau, sie habe die Versicherungsbedingungen und Fragen so verstanden, dass gewöhnliche Arztvorstellungen und Befindlichkeiten nicht anzugeben seien, sondern nur bestehende konkrete Erkrankungen, ließen die Richter nicht gelten: Ein solches Verständnis widerspreche dem eindeutigen Wortlaut der Fragen, dessen Verständnis von der Klägerin als Sekretärin der Geschäftsleitung ohne Weiteres verlangt werden könne.
Die starke Verharmlosung ihrer über Jahre währenden chronischen Schmerzen und Erkrankungen sprach demzufolge aus Sicht des OLG für ein arglistiges Verhalten der Frau. Der Versicherer habe dementsprechend das Recht besessen, den Vertrag gemäß Art. 22 des Versicherungsvertragsgesetzes anzufechten. Um der Frau weitere Kosten zu ersparen, legten die Richter ihr eine Rücknahme der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil nahe.