Cannabis bei Hodenschmerzen?

Seit 2017 ist der Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken wesentlich erleichtert. Dass jedoch weiterhin Hürden bestehen, verdeutlicht ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen.

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08:06 Uhr | 07. Juni | 2021

Chronisch kranke Patienten, die unter starken Schmerzen leiden, setzen häufig zu deren Linderung auf Cannabis. Seit März 2017 ist die Versorgung mit medizinischem Cannabis für Schmerz-Patienten deutlich erleichtert worden: Musste zuvor eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingeholt werden, kann medizinisches Marihuana nun von Ärzten verschrieben werden, Krankenkassen erstatten die Behandlung in der Regel. Dass der Behandlung durch Cannabis allerdings Grenzen gesetzt sind, verdeutlicht nun ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Az: L 16 KR 163/21 B ER).  

Geklagt hatte ein 42-jähriger Mann aus Braunschweig: Dieser hatte nach einer Krebsoperation im Jahr 2013 ein Hodenimplantat eingesetzt bekommen. Da sich dieses als zu groß herausstellte, litt der Mann unter Schmerzen, die er mittels verschiedener Medikamente in den Griff zu bekommen versuchte. Als diese allerdings nicht den gewünschten Erfolg zeigten, besorgte sich der Mann Cannabisblüten. Diese bezahlte er zunächst auf Privatrezept, könnte sich das jedoch nicht für längere Zeit leisten. Ein Antrag bei seiner Krankenkasse verlief jedoch erfolglos. Die Kasse lehnte ab und argumentierte, dass der Mann weder an einer schweren Krankheit litt, noch andere therapeutische Maßnahmen bislang ausgeschöpft seien.  

Voraussetzungen für Krankenkassen-Leistung

Zur Erklärung: Zwar müssen Krankenkassen im Regelfall eine Therapie mit Medizinalhanf bezahlen. Voraussetzung hierfür ist jedoch das Vorliegen einer schweren Krankheit. Zudem dürfe keine andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung stehen.  

Im vorliegenden Fall argumentierte die Krankenkasse, dass als Therapie beispielsweise der Einsatz eines kleineren Implantats infrage komme. Das lehnte der Mann allerdings aus Sorge vor Impotenz ab.   Nachdem das Braunschweiger Sozialgericht die Klage des Mannes gegen den Beschluss seiner Krankenkasse abgelehnt hatte, wandte sich der Mann per Eilantrag ans Landessozialgericht in Celle.  

Dieses lehnte den Eilantrag des Mannes jedoch ab – es sah schlicht und einfach keine Dringlichkeit. Wenn jemand – wie im vorliegenden Fall – sein zu großes Hodenimplantat über sechs Jahre lang nicht austausche, dann aber das Hauptsacheverfahren nicht abwarten wolle, verhalte sich inkohärent, argumentierte das Gericht.  

LSG weist Forderung zurück

Im Hinblick auf die Versorgung mit Cannabisblüten wies auch das LSG die Forderung des Mannes zurück. So würden diesem weitere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen zur Verfügung stehen. „Es ist nicht ersichtlich, dass Rückenschmerzen und eine beschwerdeträchtige Hodenprothese allein durch Cannabis behandelt werden müssen“, befand das Gericht. Die Beschwerde habe somit keine Aussicht auf Erfolg.