Deckungszusagen: Sieg und Niederlage für die Arag

Der sogenannte Diesel-Skandal beschäftigt die Rechtsschutzversicherer nach wie vor. Die Arag verweigerte nun in zwei Fällen die Deckungszusage aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten – einmal jedoch nur mit Recht.

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13:02 Uhr | 23. Februar | 2022

Im Streit um Deckungsklagen im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal hat die Arag Versicherung im Februar sowohl einen Sieg für sich verbuchen können, als auch eine Niederlage einstecken müssen.  

Anfang Februar befand das Landgericht Düsseldorf (9 O 257/21), dass der Rechtsschutzversicherer für ein Berufungsverfahren vor dem OLG Stuttgart zu zahlen habe. Konkret ging es um einen Autokäufer, der im Juni 2017 einen Mercedes ML 350 BZ 4M für rund 53.000 Euro erworben hatte. Seine Klage vor dem Landgericht Stuttgart war jedoch abgelehnt worden.  

Warum Erfolgsaussichten bestehen

Dennoch müsse die Arag für das Berufungsverfahren eine Deckungszusage leisten, befand das Düsseldorfer Landgericht. Aus Sicht des Gerichts sei „die Rechtslage hinsichtlich eines Mercedes ML 350 BT 4M nicht so weit zugunsten des Fahrzeugherstellers geklärt, dass die Gewährung von Rechtsschutz für das Berufungsverfahren wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt werden könnte“.  

Das Landgericht verwies ebenfalls auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Sommer 2021 (Az: VI ZR 128/20). Damals ging es um den Einbau einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, die auch im vorliegenden Fall im Fahrzeug verbaut war. Hierbei handelt es sich um eine Software, die erkenne, ob ein Fahrzeug auf einem Prüfstand zur Abgasmessung stehe. In dem Fall wird dadurch gesorgt, dass sich das Motoröl langsamer erwärmt und dadurch der Stickoxid-Ausstoß reguliert und auf das zulässige Maß reduziert wird.  

Die Verwendung einer solchen Software könne ein Anknüpfungspunkt für die Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens sein, befand der BGH und gab der Revision des Autobesitzers Recht. Dies müsse die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Koblenz, genauer prüfen, erklärte der BGH und verwies das Verfahren zurück ans Berufungsgericht. Auch aus dieser Entscheidung ergeben sich nach Ansicht der Düsseldorfer Richter mögliche Erfolgsaussichten für den klagenden Autobesitzer.    

Sieg für die Arag in zweitem Verfahren

In einem weiteren Verfahren verbuchte die Arag nun aber vor dem Düsseldorfer Landgericht einen Erfolg (Az: 9a O 180/21). Auch hier ging es um den angeblichen Verbau einer illegalen Abschalteinrichtung in einem Mercedes, diesmal in einem Mercedes C 220 Blue TEC 220, erstmals zugelassen im Jahr 2014. Auch hier hatte die Arag aufgrund unzureichender Erfolgsaussichten die Deckungszusage verweigert – in diesem Fall aber zurecht, wie das Düsseldorfer Landgericht befand.  

So seien die Voraussetzungen für eine Entschädigung gemäß Paragraph 826 im Zusammenhang mit der Verwendung von Abschalteinrichtungen bereits höchstrichterlich geklärt, erklärte das Landgericht und verwies auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2020 (Az: VI ZR 252/19). Damals hatte der BGH dem Käufer eines gebrauchten Sharans, in den eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut war, Schadensersatzansprüche gegenüber VW zugestanden. Da die Entscheidung von VW, illegale Abschalteinrichtungen zu verbauen, bewusst und geplant im Sinne der Gewinnmaximierung erfolgt war, lag aus Sicht des BGH eine sittenwidrige Schädigung gemäß Paragraph 826 BGB vor. Der Käufer konnte folglich die Erstattung des gezahlten Kaufpreises verlangen, musste sich aber die gefahrenen Kilometer als Nutzungsvorteil anrechnen lassen.  

Im vorliegenden Fall habe der klagende Autokäufer allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte vortragen können, dass die Mitarbeiter der Daimler AG bei der Entwicklung der Kühltemperatur-Solltemperatur-Regelung beziehungsweis des Thermofensters bewusst eine unzulässige Abschaltvorrichtung verwendet und einen Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hätten. Demzufolge sah das Düsseldorfer Landgericht keine Erfolgsaussichten für die Klage – entsprechend müsse die Arag hier auch keine Deckungszusage leisten.  

Beide Urteile sind jedoch noch nicht rechtkräftig – es kann jeweils Berufung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden.  

Teuerstes Schadenereignis in der Rechtsschutzversicherung

Für die Rechtsschutzversicherer wird der Diesel-Skandal immer mehr zu einem Fass ohne Boden. Bis Ende Oktober 2021 hatten 380.000 Menschen ihre Rechtsschutzversicherung im Zusammenhang mit mutmaßlich manipulierten Abgaswerten in Anspruch genommen. „Die Aufwendungen der Rechtsschutzversicherer für Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten haben sich auf 1,21 Milliarden Euro erhöht“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Der Dieselskandal bleibt damit das teuerste Schadenereignis in der Rechtsschutzversicherung überhaupt."

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