D&O-Versicherung: Falsche GDV-Schadenquoten sorgen für Ärger

Der GDV hatte für die Jahre 2017 bis 2021 um mehr als 50 Prozent zu hohe Schadenquoten in der D&O-Versicherung ausgewiesen. Brisant: Mit den hohen Schadenzahlungen hatte die Branche auch die zuletzt abnormen Preiserhöhungen gerechtfertigt.

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11:10 Uhr | 10. Oktober | 2022

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat seine Statistiken der vergangenen Jahre für die D&O-Versicherung korrigiert. Wie der Verband nun mitteilte, hatte er unwissentlich für die Jahre 2017 bis einschließlich 2021 falsche Leistungsbeträge ausgewiesen. Teilweise waren diese um mehr als 100 Millionen Euro höher angegeben als die Versicherer tatsächlich an Schadenleistungen ausgezahlt hatten. In der Folge waren auch die Schadenquoten für die auch als Managerhaftpflicht bezeichnete Sparte deutlich zu hoch ausgefallen (siehe Tabelle).

Als Grund für den Fehler nennt der Gesamtverband fehlerhafte Meldungen eines einzigen Mitgliedsunternehmens – ohne dessen Identität preiszugeben. Aufgrund der enormen Hebelwirkung dieses einen Anbieters muss es sich aber um einen sehr großen D&O-Versicherer handeln. Denn die Abweichung der Schadenquote betrug bis zu 29,1 Prozentpunkte im Jahr 2019 und somit über die Hälfte mehr (51,8 Prozent) als die tatsächliche Schadenquote von 56,2 Prozent. Ebenfalls im Jahr 2019 fiel die fehlerbedingte Abweichung bei den Schadenleistungen mit 101 Millionen Euro am höchsten aus.

Beim GDV geht man unter Berücksichtigung marktüblicher Kosten davon aus, dass die Unternehmen in den Jahren 2017, 2018 und 2020 im Marktdurchschnitt Verlust gemacht haben, also eine Schadenkostenquote von über 100 Prozent erwirtschaftet haben. Davon war man bislang auch für die Geschäftsjahre 2019 und 2021 ausgegangen. Tatsächlich dürfte anhand der nun korrigierten Zahlen aber klar sein, dass die D&O-Branche in diesen beiden Jahren Gewinnquoten im zweistelligen Prozentbereich verzeichnen durfte.

Das wiederum sorgt nun für Ärger und dürfte sich noch eine ganze Weile hinziehen. Denn seit ein paar Jahren ächzen viele Firmen, die D&O-Policen für ihre Geschäftsführer und Manager abschließen, um diese bei Fehlentscheidungen vor der Haftung mit ihrem Privatvermögen zu schützen, unter den extremen Prämiensteigerungen von bis zu 1.000 Prozent sowie den gesunkenen Zeichnungskapazitäten. Viele Versicherer haben also die Preise für D&O-Schutz erhöht und gleichzeitig den Deckungsumfang fürs Neugeschäft heruntergefahren. Als Argumente für dieses Vorgehen wurden unter anderem die hohen Schadenleistungen beziehungsweise das unter dem Strich unprofitable Geschäft mit der Sparte genannt.

Verpuffte Argumente für höhere Preise

Argumente, die sich mit den nun korrigierten Zahlen deutlich abgeschwächt und teilweise sogar als falsch herausgestellt haben. Somit dürften viele Firmen unnötigerweise zu viel für ihre Policen bezahlt haben. „Wenn es stimmt, dass die vom GDV für die letzten Jahre veröffentlichten Zahlen (Schadenquoten) deutlich zu hoch waren, ist das vor dem Hintergrund der nicht zuletzt hiermit begründeten Preiserhöhungen und Kapazitätsverknappungen natürlich überaus unglücklich.“ Mit diesen Worten zitiert der Versicherungsmonitor in einem Bericht Marcus M. Bastian, Referent für Haftpflicht und Financial Lines, beim Gesamtverband der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW). Gegenüber dem Medium kündigte der Verband an, sich mit dem GDV in Verbindung setzen zu wollen, um die Vorgänge besser verstehen zu können.

Auch für einige Makler dürfte die jüngste Entwicklung unangenehme Gespräche nach sich ziehen. Schließlich waren sie es, die im Vertrauen auf die Richtigkeit der Zahlen höhere Preise bei ihren D&O-Kunden durchsetzen mussten. Um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden, fragt der GDV fortan zusätzliche Kenngrößen bei seinen Mitgliedern ab, um Irrtümern schneller auf die Schliche zu kommen.