Falschberatung: Verbraucherschützer fordern Beweislastumkehr

Die Bundesregierung plant nach dem Skandal um Containerverleiher P&R eine Stärkung des Anlegerschutzes und hat ein entsprechendes Gesetz vorgelegt. Der vzbv plädiert für weitreichendere Maßnahmen, die vor allem Vermittlern nicht gefallen dürften.

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12:01 Uhr | 18. Januar | 2021

Der Skandal um den insolventen Containervertrieb P&R hat auch die Bundesregierung zum Handeln gezwungen. Im Dezember stellte das Bundesfinanzministerium einen Entwurf für ein „Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“ vor. Vorgesehen ist unter anderem ein Verbot sogenannter Blindpools, alternativen Vermögensanlagen bei denen das konkrete Anlageobjekt noch nicht feststeht.

„Vermögensanlagen, bei denen das Anlageobjekt zum Zeitpunkt der Erstellung des Verkaufsprospekts oder in Fällen des § 2a zum Zeitpunkt der Erstellung des Vermögensanlagen-Informationsblatts nicht konkret bestimmt ist, sind zum öffentlichen Angebot im Inland nicht zugelassen“, heißt es dementsprechend im Gesetzesentwurf. Nicht nur reine Blindpools sollen in Zukunft untersagt werden, sondern auch sogenannte Semi-Blindpools. Bei diesen steht zwar nicht das konkrete Anlageobjekt fest, wohl aber die entsprechende Branche.  

Vermittler übernehmen Schutzfunktion

Vermögensanlagen sollen nach Auffassung des Finanzministeriums nicht mehr per Direktvertrieb durch den Emittenten, sondern nur noch über Finanzlagenvermittler bzw. Finanzdienstleistungsinstitute vertrieben werden. „Im Fall des Eigenvertriebs durch den Anbieter der Vermögensanlage erfolgt regelmäßig keine Anlagevermittlung oder -beratung und damit auch keine Prüfung der Angemessenheit beziehungsweise der Geeignetheit der Vermögensanlage für den Anleger“, bemängelt das Ministerium und ordnet den Vermittlern, die nach Auffassung des Ministeriums weiterhin der Aufsicht der BaFin unterliegen sollen, eine Schutzfunktion zu.  

Von Seiten der Verbraucherschützer erntete die Bundesregierung nun Zustimmung für ihr Gesetzesvorhaben. In einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf begrüßte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den vom Finanzministerium vorgelegten Entwurf ausdrücklich: „Die Maßnahmen tragen zu einem besseren Verbraucherschutz am GKM [Grauen Kapitalmarkt] bei und sollten zeitnah umgesetzt werden.“ Zugleich sprechen sich die Verbraucherschützer für weitreichendere Schritte aus, die vor allem Vermittlern nicht gefallen dürften.  

Die Verbraucherschützer wollen die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen der Anleger gegenüber Vermittlern stärken. Diese können im Falle einer Falschberatung haftbar gemacht werden, beispielsweise wenn die verkauften Anlagegüter (geschlossene Fonds und Vermögensanlagen) nicht mit den mit dem Kunden kommunizierten Anlagezielen (Werterhalt, Sicherheit, Verfügbarkeit) vereinbar sind.  

Seite 1: Bundesregierung will Blindpools verbietenSeite 2: Umkehr der Beweislast und höhere Versicherungssummen

Oftmals seien entsprechende Ansprüche aufgrund der für Publikums-AIF und Vermögensanlagen geltenden Zehnjahres-Frist bereits verjährt. Probleme kämen allerdings häufig erst nach dieser Zeitspanne ans Licht, moniert der vzbv und spricht sich aus diesem Grund für eine längere Verjährungsfrist aus: „Die Verjährungsfrist für Vermögensanlagen und Publikums-AIF sollte daher auf 20 Jahre erhöht werden“ , heißt es in der vom vzbv veröffentlichen Stellungnahme.  

Darüber hinaus fordern die Verbraucherschützern im Hinblick auf eine etwaige Falschberatung eine Beweislastumkehr. Das heißt: Nicht mehr der Anleger muss eine Falschberatung seines Vermittlers nachweisen, sondern dieser muss nachweisen, dass er seinen Kunden umfassend und sachgerecht beraten hat. Für den Anleger sei der Nachweis einer Falschberatung aus Sicht der Verbraucherschützer faktisch kaum zu erbringen – schließlich stehe hier meist Aussage gegen Aussage. „Auch Beratungsdokumentationen, wie das im Jahr 2013 in Deutschland eingeführte Beratungsprotokoll und die seit 2018 verpflichtenden Geeignetheitserklärung, helfen Verbrauchern in der Regel nicht, sondern werden von Anbietern eher als Instrument zur Enthaftung genutzt“, argumentiert der vzbv.  

Höhere Versicherungssummen

Selbst im Falle eines Erfolgs vor Gericht könnten Anleger häufig keinen Schadensersatz erwarten, da die Mindestversicherungssummen in den Berufshaftpflichtversicherungen der Vermittler zu niedrig seien. Diese belaufen sich derzeit auf 1.276.000 Euro für den Einzelfall sowie 1.919.000 für alle Versicherungsfälle eines Jahres. Insbesondere letztere Summe ist aus Sicht der Verbraucherschützer zu gering. „Das Verhältnis der beiden Summen zueinander lässt vermuten, dass der Gesetzgeber von nicht korrelierten Schadenswahrscheinlichkeiten ausgeht. In der Praxis entstehen allerdings regelmäßig gehäufte Schadensersatzansprüche gegen einzelne Vermittler“, merkte der vzbv an und spricht sich für eine Erhöhung der Mindestversicherungssummen auf 20 Millionen Euro aus.  

Noch lieber wäre es den Verbraucherschützer allerdings, wenn Produkte des Grauen Kapitalmarktes gar nicht aktiv vertrieben würden. „Vielmehr sollten sie nur von Selbstentscheidern im Rahmen von Privatplatzierungen und professionellen Anlegern gezeichnet werden können.“

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