Früher in Rente: Freiwillige Ausgleichsbeiträge schon ab 40?
„Das Drei-Schichten-Modell der Alterssicherung und insbesondere die Riesterrente sind gescheitert.“ Das schreibt die Bundestagfraktion der Partei „Die Linke“ in einem aktuellen Antrag auf Gesetzentwurf, welcher der procontra-Redaktion vorliegt. Darin gehen die Oppositionspolitiker hart mit dem bestehenden System ins Gericht: Die von der Bundesregierung unterstellten Renditen könnten auf den deregulierten Kapital- und Aktienmärkten nicht erzielt werden. Zudem gerieten Anbieter von Betriebsrenten in bedrohliche Zahlungsschwierigkeiten.
Einzig das umlagefinanzierte Konzept der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) könne eine lebensstandardsichernde Funktion bieten, heißt es. Um die GRV aber „wieder zum tragenden Fundament zukünftiger Alterssicherung auszubauen“, bedürfe es einiger Schritte. So solle die sozialabgabenfreie Entgeltumwandlung abgeschafft sowie die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge eingestellt werden und die freiwerdenden Finanzmittel für Leistungsverbesserungen in der GRV eingesetzt werden. Das Kapital aus Riester-Verträgen sollten die Bürgerinnen und Bürger unkompliziert in die GRV überführen können.
GRV-Extrabeiträge schon ab 40
Zudem fordern die Linken, dass alle gesetzlich Rentenversicherten zeitnah die Möglichkeit erhalten, bereits ab dem vollendeten 40. Lebensjahr freiwillige Zusatzbeiträge gemäß § 187a SGB VI in die GRV einzahlen zu dürfen. Wer vor dem eigentlichen Termin seine Altersrente beziehen, dabei aber keine Abschläge in Kauf nehmen möchte, kann diese über Extrabeiträge ausgleichen. Dies ist aktuell aber erst ab dem vollendeten 50. Lebensjahr möglich. Die Gesetzesänderung solle den Menschen die Planbarkeit des Ruhestands erleichtern.
Wer beispielsweise eine volle monatliche Altersrente von 1.200 Euro erhalten würde, jedoch drei Jahre früher in Rente gehen möchte, würde eigentlich eine Minderung um 10,8 Prozent (0,3 Prozent pro Monat der Abweichung) erhalten, rechnet die Deutsche Rentenversicherung auf ihrer Internetseite vor. Das wären 130 Euro weniger Rentenbezug pro Monat. Mit dem Gesamtbetrag von 32.052 Euro könnte diese Lücke aber ausgeglichen werden, heißt es. Diese Ausgleichszahlung kann auf mehrere Zahlungen gestreckt und steuerlich geltend gemacht werden. Es gibt dabei aber auch Fristen zu beachten. Für wen das in Frage kommt, der sollte sich auf jeden Fall von einem Fachmann dazu beraten lassen.
Verbände zwischen Zustimmung und Kritik
Der Antrag der Linken wurde Anfang der Woche bereits im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales diskutiert. Laut Bericht des Bundestags sprachen sich unter anderem der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Sozialverband VdK Deutschland für die Extrabeiträge-Reform der Linken aus. Der VdK begrüßte demnach das Konzept, durch welches die Zusatzbeiträge erschwinglicher weil über einen längeren Zeitraum gestreckt würden. Leistungskürzungen bei der gesetzlichen Rente auszugleichen sehe man beim SoVD als besonders wichtig an, da dies weder die bAV noch die private Altersvorsorge schaffen könnten. Trotz seiner Zustimmung mahnte der DGB, dass dann aber die Beiträge auf den Lohn plus die zusätzlichen Beiträge zusammen die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen dürften, um Spitzenverdiener nicht einseitig zu übervorteilen.
Kritisch gegenüber Zusatzbeiträgen sprach sich Christian Hagist, Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik, in seiner Stellungnahme aus: Man könne davon ausgehen, dass sich vor allem Spitzenverdiener, die eine höhere Rendite erwarteten, für solche Beiträge entscheiden würden. „Somit steigen die Belastungen für zukünftige Generationen beziehungsweise die fiskalische Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung leidet.“ Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) meinte, dass es durch die Reform zwar zunächst zu einer temporären Entlastung durch die zusätzlichen Beitragseinnahmen käme. Diesen stünden aber zusätzliche Leistungsansprüche in der Zukunft gegenüber, die in einer Zeit erfüllt werden müssten, in denen das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern voraussichtlich deutlich weniger günstig als heute sein wird.