Hoch hinaus: Vertical Farming als Antwort auf den Klimawandel
Der Klimawandel beeinflusst unser Leben auf vielen Ebenen. Auch in der Landwirtschaft wird nach Möglichkeiten gesucht, Lebensmittel nachhaltiger zu produzieren und das möglichst unabhängig von klimatischen Bedingungen.
Vertical Farms: Mit neuster Technologie und Forschung zu klimaunabhängiger Landwirtschaft – heute schon möglich?
| Quelle: shironosov
Ein Ansatz, der sich aus dieser Forschung in den letzten Jahren entwickelt hat, ist das Vertical Farming oder auch vertikale Landwirtschaft. Beim Vertical Farming werden Pflanzen, wie der Name schon verrät „vertikal“ angebaut: In (Hoch-) Häusern, Containern oder ähnlichem werden Pflanzen auf mehreren Ebenen, meist in Regalen, übereinandergestapelt angebaut. So wird die Anbaufläche maximiert, der Flächenverbrauch gleichzeitig minimiert. In einer kontrollierten Umgebung, ähnlich einem Gewächshaus, wachsen die Pflanzen ganz unabhängig von der äußeren Umgebung und Einflüssen. Licht, Wasser und Nährstoffe werden bedarfsgerecht, meist automatisch dosiert. Dadurch kann mehrmals im Jahr geerntet werden.
Im Vergleich zu herkömmlichen Anbaumethoden bietet Vertical Farming mehrere Vorteile. Die wichtigsten sind eine deutlich höhere Ertragsrate pro Flächeneinheit und die Möglichkeit, das ganze Jahr über zu produzieren. Da die Pflanzen in kontrollierten Umgebungen wachsen, sind sie weniger anfällig für Wetterextreme, Schädlinge und Krankheiten. Dies kann beim Anbau zu einer Reduzierung von Pestiziden und Herbiziden führen. Zudem ermöglicht diese Anbaumethode auch eine lokale Produktion in städtischen Gebieten, was Transportwege und damit verbundene Emissionen verringert.
Nachhaltigkeit und Effizienz
Vertikale Farmen benötigen nur einen Bruchteil des Wassers herkömmlicher landwirtschaftlicher Betriebe. Meist kann das Wasser auch in einem Kreislauf recycelt werden und so mehrmals benutz werden. Sie kommen zudem ohne Pflanzenschutzmittel aus, Ressourcen werden also wesentlich effizienter genutzt. CO2-Emissionen werden durch reduzierte Transportwege gesenkt. Wirklich nachhaltig wird diese Anbaumethode aber erst, wenn Energie aus erneuerbaren Ressourcen verwendet wird und auch auf eine umweltschonende Produktion geachtet wird.
Obwohl Vertical Farming viele Vorteile bietet, gibt es auch Herausforderungen: Eine der größten ist die hohe Anfangsinvestition für den Aufbau der vertikalen Farmen. Es werden spezialisierte Technologien gebraucht, um die Flächen effizient zu bewirtschaften.
Auch der Energieverbrauch, insbesondere für Beleuchtung und Klimatisierung, kann erheblich sein. Außerdem sind die Pflanzenarten, die aktuell in vertikalen Systemen angebaut werden können, noch begrenzt: Zurzeit werden meist Blattgemüse, Kräuter und Salate gepflanzt. Denn diese Gemüsesorten bringen genug Marge, um die hohen Kosten für die verbrauchte Energie auszugleichen. Für Getreide oder Kartoffeln eignet sich diese Anbaumethode noch nicht.
Wirtschaftliche Faktoren
Trotz der Vorteile stehen Betreiber von Vertical Farms vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Die Kosten für Heizung, Kühlung und Bewässerung sind hoch, und der Energiebedarf, insbesondere für die Beleuchtung, stellt einen großen Kostenfaktor dar. Die steigenden Energiepreise haben einige Start-ups in diesem Sektor stark beeinträchtigt. So musste das deutsche Start-up „Infarm“ im September 2023 Insolvenz in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien anmelden und entließ in 2022 rund 500 Mitarbeiter. Nach anfänglichem Enthusiasmus hat sich der Markt für Vertical Farming etwas abgekühlt. Nur Firmen mit finanzstarkem Background können hier überleben.
Die Zukunft: Smart und Vertical Farming
Das Vertical Farming ist ein wichtiger Bestandteil des Smart Farming: Hier werden moderne Technologien genutzt, um die Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise auch autonome Landmaschinen und die Nutzung von Sensor- und Drohnendaten.
Vertical Farming steht quasi an der Schnittstelle zwischen Technologie und Umwelt: Es wird ein hoch technologisiertes Verfahren mit softwarebasierter Steuerung des gesamten Anbauprozesses genutzt, um frische Lebensmittel in unmittelbarer Nähe zu den Verbrauchern zu produzieren. Trotz finanzieller und technischer Herausforderungen zeigt die Entwicklung von Projekten wie beispielsweise der größten Vertical Farm in Dänemark von Nordic Harvest das enorme Potenzial dieser Methode.