Für viele der 57 Millionen Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung könnte es im kommenden Jahr deutlich teurer werden. Laut einem Bericht von „Spiegel Online“ kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte an. Damit würde der Beitrag von 1,3 auf 1,6 Prozent steigen, wodurch Arbeitnehmer zukünftig 16,2 Prozent ihres Bruttolohns für die gesetzliche Krankenversicherung abführen müssen.
Grund für den happigen Anstieg des Zusatzbeiträge ist laut Lauterbach das Milliarden-schwere Defizit bei den Krankenkassen – nach aktueller Schätzung fehlen für das kommende Jahr rund 17 Milliarden Euro. „Das ist das größte Defizit, was die GKV je gehabt hat“, erklärte der Minister laut „Bild-Zeitung“.
Dritte Erhöhung seit 2019
Um dieses Defizit auszugleichen soll nicht nur der Bundeszuschuss um weitere zwei Milliarden auf insgesamt 16,5 Milliarden aufgestockt und zusätzlich ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro gewährt werden. Auch die Versicherten werden nun stärker zur Kasse gebeten. Durch die Erhöhung der Zusatzbeiträge plant Lauterbach, bis zu fünf Milliarden Euro zusätzlich einzunehmen. Für die GKV-Mitglieder ist es nicht die erste Erhöhung der vergangenen Jahre. 2019 hatte der durchschnittliche Zusatzbeitrag noch bei 0,9 Prozent gelegen. 2020 wurde er auf 1,1 Prozent angehoben, ein Jahr später schließlich auf 1,3 Prozent.
Wie hoch der Zusatzbeitrag letztlich für den einzelnen Versicherungsnehmer ausfällt, hängt von dessen Krankenkasse ab. Die Krankenkassen legen einen individuellen Zusatzbeitrag für ihre Mitglieder fest, der deutlich vom Durchschnittsbeitrag abweichen kann. Die Spannbreite reicht derzeit laut Informationen des Portals www.zusatzbeitrag.net von 0,35 (BKK Euregio) bis 1,7 Prozent (AOK Nordost, AOK Nordwest).
Kunden können dank eines Sonderkündigungsrechts die Krankenkasse relativ problemlos wechseln – Makler können hier unterstützend tätig werden und eine Aufwandsentschädigung pro Antrag von bis zu 98,70 Euro kassieren.
Kritik an Amtsvorgänger
Für die finanzielle Schieflage macht Minister Lauterbach am Dienstag seinen Vorgänger Jens Spahn verantwortlich. „Ich habe dieses Defizit im Wesentlichen geerbt von meinem Vorgänger“, wird der SPD-Politiker vom „Spiegel“ zitiert. Dieser habe strukturelle Reformen unterlassen und kostenintensive Leistungserweiterungen eingeführt. In der Kritik steht dabei vor allem das sogenannte Terminservicegesetz, das mit Kosten von rund vier Milliarden Euro zu Buche schlagen soll. Jens Baas, Chef der Techniker Krankenversicherung, hatte das Gesetz kürzlich im Gespräch mit dem „Spiegel“ als „Reinfall“ bezeichnet.
In einer ersten Reaktion kritisierte Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, die von Lauterbach vorgelegten Eckpunkte. Diese verschafften der gesetzlichen Krankenversicherung „allenfalls eine finanzielle Atempause“. Und weiter: „Das Aufbrauchen von Rücklagen, ein kleiner Extra-Bundeszuschuss in Verbindung mit einem Bundesdarlehen und Beitragserhöhungen sind keine solide und nachhaltige Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von 73 Millionen gesetzlich Versicherten.“ Pfeifer bezweifelte zudem, ob der geplante Anstieg der Zusatzbeiträge um 0,3 Prozentpunkte ausreichend sei. Sollte er das nicht sein, könnten auf die Versicherten in den kommenden Jahren weitere Beitragssteigerungen zukommen.