Mystery Shopping: Erste Ergebnisse lassen BaFin aufhorchen
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) startete die Bundesregierung im vergangenen einen Versuch, das durch den Wirecard-Skandal in Mitleidenschaft gezogene Vertrauen in die Finanzaufsicht BaFin wieder herzustellen. Um das zu schaffen, bekam die BaFin neue Kompetenzen, unter anderem das Recht, anonyme Testkäufe durchführen zu dürfen – die Rede ist hier vom sogenannten „Mystery Shopping“. Testkäufer sollen hierbei Finanzprodukte erwerben und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne sich als BaFin-Beauftragte erkennen geben zu müssen.
Auch wenn die „Mystery Shopper“ erst im kommenden Jahr losziehen wollen, um Banken, Versicherer und andere Finanzdienstleister zu überprüfen, startete die BaFin bereits in diesem Jahr einen Testlauf. Insgesamt vier Mystery-Shopping-Agenturen schickten im Auftrag der Finanzaufsicht ihre Mitarbeiter aus, um bei zwölf Banken (jeweils vier Sparkassen, Genossenschafts- sowie Privatbanken) die Beratungsqualität zu untersuchen. Nun veröffentlichte die BaFin in ihrem aktuellen Journal die Ergebnisse.
Ernüchterndes Ergebnis
Und diese liefern ein ernüchterndes Ergebnis: In jeder dritten der 36 durchgeführten Anlageberatungen vermeldeten die Testkäufer schwerwiegende Beanstandungen. Wichtige Anlagedokumente, wie die Kosteninformation oder die Geeignetheitserklärung oder gar beides, wurden dem Kunden nicht übergeben. Hierzu sind Banken laut MiFID-Verordnung jedoch seit Anfang 2018 verpflichtet.
Besonders häufig kam es zu Beanstandungen, wenn die Tester über 60 Jahre alt waren. Hier fehlte es gleich in jedem zweiten der zwölf Beratungsgespräche an der Übergabe der gesetzlich vorgeschriebenen Dokumente. Bei den anderen beiden Testkundenprofilen (Jugendliche sowie Berufstätige) lag die Beanstandungsquote mit 25 Prozent wesentlich niedriger. „In den höheren Altersgruppen kommen verschiedene Einzelrisiken zusammen, das macht Ältere zu einer besonders verwundbaren Kundengruppe. Eine Häufung von Auffälligkeiten war also zu befürchten – und die Daten bestätigen das“, erklärte Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz bei der BaFin.
Darüber hinaus stellten die Tester weiter Unzulänglichkeiten fest. So wurden bestimmte Kundenangaben nicht immer zutreffend aufgenommen. Über die Gründe hierfür gibt es eine Vermutung: So könnten Angaben unter den Tisch gefallen sein, um bestimmte Produktempfehlungen aussprechen zu können, die sonst nicht möglich gewesen wären.
Bei der Anlageberatung genauer hinsehen
Angesichts des geringen Testumfangs sind die Ergebnisse nicht repräsentativ – ziehen aber womöglich dennoch Konsequenzen nach sich. So erklärt Bock im BaFin-Journal: „Die Daten erlauben zwar keine Rückschlüsse auf den Gesamtmarkt, sind für mich aber ein klares Zeichen dafür, dass wir künftig bei der Anlageberatung noch genauer hinsehen müssen.“
Ab kommendem Jahr sollen die Testkäufe ausgeweitet werden. Hierfür sucht die BaFin nun in einem ersten Schritt nach einer passenden Agentur mit der man zusammenarbeiten will. Anfang 2022 soll die entsprechende Ausschreibung veröffentlicht werden.
Nicht nur Banken sollen dabei im Fokus der „Mystery Shopper“ stehen. „Wir planen jährlich mehrere Hundert Testkäufe in allen Aufsichtsbereichen. Von Versicherungen über Bankprodukte wie Konto und Kredit bis zu Wertpapieren und Zertfikaten“, berichtet Bock und nennt sogleich ein Beispiel.
Restschuldversicherungen im Fokus
So soll der Vertrieb von Restschuldversicherungen näher untersucht werden. Hier würden Untersuchungen der BaFin den Eindruck erwecken, dass die Kunden nicht immer wüssten, was sie hier genau kaufen. Auch von Seiten der Politik wird hier offenbar Handlungsbedarf gesehen – so plant die Ampel-Koalition eine zeitliche Entkoppelung von mindestens einer Woche zwischen der Kreditbewilligung und dem Verkauf von Restschuldversicherungen.
Neben den oftmals kritisierten Versicherungen sollen laut Bock auch die Themenbereiche Digitalisierung sowie Nachhaltigkeit näher untersucht werden.
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