Neue Klassik: Negative Rendite trotz geringerer Garantien?

Ein neuer Marktüberblick zur Deklaration der Verzinsung 2021 von Rentenpolicen offenbart nicht nur sinkende Zinsen bei Klassik-Policen. Auch bei der neuen Klassik führen herabgesetzte Garantien nicht unbedingt zu besserer Überschussbeteiligung.

Author_image
08:02 Uhr | 15. Februar | 2021
alt text

Die oft gepriesene Neue Klassik weist nur unwesentlich höhere Renditen als klassische Rentenversicherungen auf. Zu diesem Schluss kommt die Kölner Rating-Agentur Assekurata in ihrer jährlichen Untersuchung „Überschussbeteiligungen und Garantien deutscher Lebensversicherer“ für 2021.

„Auf dem Vormarsch ist die neue Klassik dennoch“, sagt Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will. Im Durchschnitt der Anbieter fiel aber auch hier die laufende Verzinsung im Vergleich zum Vorjahr von 2,28 Prozent auf 2,13 Prozent (alte Klassik: von 2,29 auf 2,14 Prozent).

„Die traditionelle Klassik ist ein Auslaufmodell“, kommentiert Lars Heermann, Bereichsleiter für Analysen und Bewertungen bei der Assekurata. „Stattdessen setzen weite Teile des Marktes auf neue klassische Produkte, die wie klassische Produkte auf einer konventionellen Überschuss-Systematik sowie dem Ausgleich im Kollektiv und der Zeit basieren“, erklärt der Analyst. Ein zentraler Unterschied liege jedoch in den Garantien, die herabgesetzt oder vollständig abgeschafft werden. „Dadurch soll der Kunde eine höhere Überschussbeteiligung erhalten“, so Heermann weiter.

Über die Hälfte hat Verzinsung bei neuer Klassik gesenkt

Das geht in der Praxis jedoch oftmals nicht auf, wie die Studie belegt. Von den 26 Studien-Teilnehmern haben 14 Anbieter die laufende Verzinsung abgesenkt, elf hielten sie stabil und nur einer (HDI) hob die laufende Verzinsung an. Zudem bieten von den 26 Versicherern fünf eine anteilige und neun gar keine Beitragsgarantie mehr an. Immer mehr Anbieter legten ihren Tarifen mittlerweile einen individuellen Garantiezins zugrunde, der häufig bei 0,5 Prozent oder noch darunter liegt. Erlaubter Höchstrechnungszins wären aktuell noch 0,9 Prozent.

Bei der Gesamtverzinsung von 2,83 Prozent bei der neuen Klassik gegenüber 2,73 bei der alten Klassik sowie bei der illustrierten Beitragsrendite von 2,31 Prozent gegenüber 1,88 bei der alten Klassik stellt sich dann jedoch ein Renditevorteil der neuen Klassik heraus. „Dies ist aufgrund des geringeren Garantieniveaus auch zu erwarten“, sagt Heermann.

Seite 1: Die wichtigsten Unterschiede zwischen alter und neuer Klassik
Seite 2: Wie der Markt auseinanderdriftet und die Transparenz abnimmt 

Warum neue Klassik langfristig dennoch vorteilhaft ist

Hintergrund: Rechnet man die aktuellen Deklarationen inklusive der in Aussicht gestellten Schlussüberschüsse auf einen 25-jährigen Mustervertrag hoch, kommt man zu den genannten Ergebnissen der illustrierten Beitragsrendite. „Sie kann als unverbindliche Effektivverzinsung auf die Beiträge interpretiert werden und liefert gerade bei alter Klassik gegenüber anderen zinsgebundenen Sparanlagen noch immer eine ordentliche Rendite“, urteilt Will.

Aufgrund der zunehmenden Aufweichung der Garantieversprechen ist die garantierte Beitragsrendite bei der neuen Klassik im Durchschnitt leicht negativ (- 0,24 Prozent im Mustervertrag). Die alte Klassik kommt hingegen auf 0,15 Prozent bei sogar kürzerer Laufzeit von nur 25 Jahren. Ein Drittel der Tarife der Neuen Klassik kommt auf negative Beitragsrenditen, so dass für das Ende der Ansparphase kein Beitragserhalt zugesagt wird.

Insgesamt sind die Ergebnisse bei der neuen Klassik ernüchternd. Wer aus der Garantie-Absenkung eine im Vergleich zur alten Klassik höhere Überschussbeteiligung folgert, liegt falsch, wie die Assekurata-Daten zeigen. Im Mittel liegt die laufende Verzinsung bei alter und neuer Klassik nahezu gleichauf.

Markt driftet auseinander, Transparenz sinkt

Hintergrund: Wie bei der alten Klassik werden auch bei der neuen Klassik die Beiträge im Sicherungsvermögen angelegt. Alle untersuchten Anbieter garantieren demnach Rückkaufswerte und eine lebenslange Mindestrente. Die übrigen Garantieelemente – Höchstrechnungszins, Bruttobeitragsgarantie, Rechnungsgrundlagen, Mindestkapital, Mindestvertragszeit für die Bruttobeitragsgarantie und Rentenfaktor – sind verschieden. Doch die Vielfalt der Möglichkeiten erschwert es Kunden und Vermittlern, die jeweils „beste Police“ auszuwählen. Die Transparenz bleibt auf der Strecke – siehe Grafik.

Bild: Assekurata-Studie 2021

Die Allianz hat als einziger der 26 Anbieter neuer Klassik weder für die Anspar- noch für die Rentenphase überhaupt einen Garantiezins einkalkuliert. Der Marktführer hatte bereits im Herbst angekündigt, ab 2021 bei Neuverträgen weniger Garantien zu bieten, umso mehr Geld für kapitalmarktnahe Anlagen nutzen zu können. So gibt es bei der Allianz die klassische private Rentenversicherung mit 100 Prozent Beitragsgarantie im Neugeschäft nicht mehr. Und ein Jahr später soll es auch keine klassischen Pensionskassen-Rentenversicherungen mehr im Neugeschäft geben.

Die Folgen der Allianz-Offensive für den Markt

Die Pläne anderer LV-Anbieter gehen in dieselbe Richtung. Einer procontra-Umfrage zufolge wollen viele „Makler-Versicherer“ dem folgen. Es dürfte angesichts anhaltend niedriger Zinsen nur eine Frage der Zeit sein, bis die klassischen Policen mit voller Garantie im Neugeschäft praktisch keine Rolle mehr spielen. Das  liegt vor allem an der EZB-Politik künstlich niedrig gehaltener Zinsen, um die EU-Länder des Südens vor der Staatspleite zu bewahren.

Seite 1: Die wichtigsten Unterschiede zwischen alter und neuer Klassik
Seite 2: Wie der Markt auseinanderdriftet und die Transparenz abnimmt