Niedrigzins: Aktuare warnen vor Generationenkonflikt in der bAV

Die versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung fürchten uneinholbar große Versorgungslücken in der bAV. In zehn bis 15 Jahren könnte es schon zu spät sein. Mit drei konkreten Vorschlägen wollen sie dem Generationenkonflikt zuvorkommen.

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14:03 Uhr | 03. März | 2021

Ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht in Sicht. Ihre Auswirkungen treffen nicht nur die private, sondern auch die betriebliche Altersversorgung (bAV). Versicherungsmathematiker befürchten deshalb einen aufziehenden Generationenkonflikt in der bAV. „Die historisch niedrigen Zinsen treiben den Finanzbedarf für die bestehenden Altzusagen mit ihren hohen Leistungsversprechen auf bislang nicht geahnte Höchststände. Dies führt zu einer erheblichen Mittelverlagerung zu Lasten der jüngeren Generationen“, erklärt Dr. Friedemann Lucius, Vorstandsvorsitzender des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. (IVS), das an die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) angelehnt ist.

Konkret werde die Versorgungslücke der Jüngeren immer größer, während zeitgleich die niedrigen Zinsen den Aufwand für ihre Vorsorge immer weiter in die Höhe treiben würden. „Gleichzeitig reduzieren viele Arbeitgeber die zusätzlichen betrieblichen Versorgungsleistungen, nicht selten, weil sie die Mittel für die Erfüllung bestehender Altzusagen benötigen“, so Lucius. Dieses Problem würde bislang in der Öffentlichkeit kaum diskutiert, besitze aber hohes gesellschaftliches Konfliktpotenzial. Dieser Konflikt müsse jetzt und nicht erst in zehn bis 15 Jahren entschärft werden, da die Versorgungslücken für die jüngeren bAV-Generationen sonst uneinholbar groß würden, warnt Lucius. Um dem entgegenzuwirken haben der IVS-Chef und seine Kollegen drei Vorschläge entwickelt:

3 Vorschläge für weniger bAV-Frust

Abkehr vom Beitragserhalt Aus den bAV-Beiträgen müsse angesichts der Versorgungslücke ein Maximum an Leistung herausgeholt werden. Mit der Garantie des 100-prozentigen Beitragserhalts sei das aber nicht zu schaffen, da die gesamten Beiträge sicher und ohne nennenswertes Überschusspotenzial angelegt werden müssen. Zu erwarten sei dann am Ende tatsächlich nur eine Leistung in Höhe der eingezahlten Beiträge. Durch die Geldentwertung liege diese Leistung aber deutlich unter dem Wert der eingezahlten Beiträge.

Umdenken erforderlich Laut Lucius würden Schwankungsrisiken im Zusammenhang mit Aktien und anderen Sachwertanlagen aufgrund der in Deutschland vorherrschenden Risikoaversion dramatisch überbewertet. Diese Risiken seien jedoch über lange Zeiträume in einem Versorgungskollektiv und mit einem professionellen Risikomanagement sehr gut beherrschbar.

Mehr Flexibilität für Pensionskassen Das IVS begrüßt den vom Gesetzgeber vorgelegten Reformvorschlag, wonach bereits notleidende Teilbestände von Pensionskassen separat saniert werden könnten. „Bislang musste die gesamte Pensionskasse gegen die Wand gefahren werden, bevor die Sanierungsklauseln greifen“, erläutert Lucius die aktuelle Rechtslage. In Zukunft könnten aber schon einzelne Teilbestände bei regulierten Pensionskassen durch gezielte, bestandsbezogene Nachdotierungen der Trägerunternehmen saniert werden. Somit könnte das gesamte Kollektiv wirkungsvoll gestärkt und ein Run-off der Pensionskasse verhindert werden.