Offene Immobilienfonds: Renditen unter Druck

Ein Selbstläufer ist ein Investment in offene Immobilienfonds nicht mehr. Weil Shopping-Center leiden, drängen die Anbieter jetzt ins Wohnsegment und treiben dort die Preise hoch. Gute Renditen verlangen allerdings einen Balanceakt.

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09:04 Uhr | 21. April | 2022

Angesichts der Unsicherheit an den Märkten werden auch die Anbieter offener Immobilienfonds (OIF) bescheiden. „Wir streben mit unseren Grundbesitz-Fonds eine positive Jahresrendite an“, sagt Ulrich Steinmetz, Leiter Portfoliomanagement Immobilien-Publikumsfonds bei der DWS. Ebenso äußert sich Carsten Thiel, Leiter Fondsmanagement bei Union Investment Real Estate: „Wir erwarten für unsere Fonds weiterhin eine stabile Entwicklung.“  

Etwas konkreter aber gleichwohl vorsichtig formuliert Esteban de Lope, Geschäftsführer der Deka Immobilien, seine Prognose für die Produkte seines Hauses: „Wir erwarten für 2022 ein Ergebnis etwa in der gleichen Größenordnung wie im Vorjahr“. Pandemie-bedingt war die Performance in diesem Zeitraum je nach Deka-Immobilienfonds auf 1,5 bis 2,5 Prozent gesunken.  

Beachtliche Renditeunterschiede  

Im vergangenen Jahr schafften OIF laut Fondsverband BVI im Schnitt eine Rendite von 2,4 Prozent. Über fünf Jahre lag der Satz bei 3,0 Prozent p.a. und über zehn Jahre bei 2,7 Prozent p.a. Auch Sonja Knorr, Leiterin Alternative Investments bei Scope Fund Analysis, hält eine Prognose für 2022 „in der aktuellen Situation für besonders schwierig“. Schließlich nennt sie gegenüber procontra doch eine Spanne von 2,0 bis 2,5 Prozent. „Die Entwicklung der Inflation und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird die Rendite der Fonds maßgeblich prägen“, sagt die Expertin. Auch die Kosten für die Transformation zur Einhaltung der Klimaziele werde für die Branche relevanter.  

Solche Durchschnittszahlen belegen zwar, dass OIF zu Recht als relativ sichere Geldanlage gelten. Und positive Renditen in Zeiten einer Geldentwertung in Höhe von sieben bis acht Prozent sind ja auch was. Die Durchschnittswerte täuschen aber darüber hinweg, dass es zwischen den einzelnen Vehikeln beachtliche Renditeunterschiede gibt. So schaffte der Fokus Wohnen Deutschland in den vergangenen fünf Jahren eine Rendite von 4,4 Prozent p.a., während der UniImmo Global nur auf ein Prozent p.a. kommt. Der Performance-Unterschied liegt auch an der Ausrichtung – hier der Schwerpunkt Wohnimmobilien in Deutschland, dort Gewerbeimmobilien vor allem in Amerika und Europa.  

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Immerhin gibt es mittlerweile offene Immobilienfonds mit Schwerpunkt Wohnen; Beispiel sind Fokus Wohnen Deutschland und UniImmo Wohnen ZBI. Dazu Knorr: „Grundsätzlich rentieren Wohnimmobilien nicht so hoch. Sie sind aber deutlich stabiler durch die Pandemie gekommen.“ Shopping-Center dagegen litten und dem Trend zum E-Commerce und hätten mit sinkenden Mieten und steigenden Leerständen zu kämpfen. Insgesamt würden mehrere Fonds daher verstärkt in Wohnimmobilien investieren. Zahlen des BVI bestätigen den Trend.  

Demnach betrug der Wohnen-Anteil in den Portfolios Ende 2021 im Schnitt 3,6 Prozent, nach 0,9 Prozent zum Jahresultimo 2018. „Wohnimmobilien liefern auch in schwierigen Marktphasen stabile Mieterträge und stellen gute Ergänzungen zum zyklisch geprägten Gewerbeimmobilienmarkt dar“, stellt auch der Verband fest. Gleichzeitig habe sich die Struktur der Nutzungsarten von Gewerbeimmobilien im Zuge der Corona-Krise verändert. Die Anteile von Handel und Gastronomie sowie Hotels seien infolge der vorübergehenden Beschränkungen im Tourismus- und Einzelhandelsgewerbe zurückgegangen. Profitiert habe der Logistiksektor durch den stark gewachsenen Online-Handel. Büroimmobilien seien mit einem Anteil von rund 55 Prozent weiterhin die größte Nutzungsart der OIF.  

Moderater Zinsanstieg  

Aus Sicht von Fondsanalystin Knorr haben Gewerbeimmobilien zumindest den Vorteil, „dass die Mietverträge oft indexiert sind, also ganz oder teilweise an die Inflation gekoppelt sind.“ Neben der breiten Diversifikation der Produkte sowie die sicherheitsorientierte Investmentstrategie sei dies ein weiteres Argument für diese Vermögensklasse. Auch moderat steigende Zinsen seien nicht so problematisch, weil die Fonds nur wenig Fremdkapital zum Kauf von Objekten einsetzten. Die Fremdkapitalquote liegt je nach Vehikel zwischen 3,2 Prozent (UniImmo Deutschland) und 27,3 Prozent (Leading Cities).  

Laut Knorr steigt das Zinsniveau in den USA und in Großbritannien stärker als in der Eurozone, was Effekte auf den jeweiligen Wechselkurs zum Euro habe. Das sorge für steigende Kosten der Währungsabsicherung bei globalen Fonds. Die Expertin erwartet daher, dass auch diese Sondervermögen verstärkt in Europa investieren. Tatsächlich: Laut BVI bauen die Anbieter vor allem ihren Deutschland-Anteil aus.  

Liquidität steuern  

Bedeutsam für die Beurteilung der Renditeaussichten ist auch die Liquiditätsquote, erklärt Knorr. Einerseits dürfe die Liquidität nicht zu niedrig sein, um zum Beispiel bei einer guten Gelegenheit ein Objekt kaufen zu können. Andererseits dürfe sie nicht zu hoch sein, weil die Gesamtrendite des Fonds in der Regel sinkt, wenn das Geld wenig verzinst oder sogar ungenutzt herumliegt. Positiv sollte die Gesamtrendite eines offenen Immobilienfonds mindestens sein; vielleicht landet sie ja nach langer Haltedauer bei zwei bis drei Prozent p.a. Stabilität in unsicheren Zeiten bieten die Produkte auf jeden Fall.

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