Rechtsschutzversicherung: BGH muss im Klauselstreit entscheiden

Wenn die Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage verweigert, kann der Versicherungsnehmer hiergegen per Schiedsgerichtsverfahren vorgehen. Die entsprechenden Klauseln der Mecklenburgischen stießen beim Verbraucherzentrale Bundesverband jedoch auf Kritik.

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10:10 Uhr | 10. Oktober | 2022

Die Deutschen gelten als ein Volk von Streithanseln. Auch wenn die Entwicklung der Zahl der Zivilverfahren diese Behauptung nicht zwingend untermauert, sorgen immer mehr Deutsche versicherungstechnisch in Form einer Rechtsschutzversicherung vor. Die Zahl der abgeschlossenen Verträge stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an und lag 2021 bei 23,4 Millionen – das sind rund 300.000 mehr als noch ein Jahr zuvor.  

Doch nicht für jeden Streitfall will der Versicherer auch die Kosten übernehmen. Hält er die Erfolgsaussichten einer Klage für unzureichend, kann der Versicherer die Deckungszusage verweigern. Gegen diese Entscheidung kann der Versicherungsnehmer vorgehen – die entsprechenden Klauseln sind aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) bei vielen Versicherern jedoch unwirksam.  

OLG Celle fällt Urteil

So erging Anfang Oktober dieses Jahres ein Urteil des OLG Celle (AZ: 14 U 19/22). Geklagt hatte der vzbv. Beklagter war die Mecklenburgische Versicherung – mit einem Marktanteil von 0,64 Prozent im Jahr 2020 eher ein kleinerer Akteur in der Branche.  

Die Verbraucherschützer stießen sich an folgenden Klauseln in den Allgemeinen Vertragsbedingungen.  

a) Mit der Mitteilung über die Rechtsschutzablehnung ist der Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass er, soweit er der Auffassung des Versicherers nicht zustimmt und seinen Anspruch auf Rechtsschutz aufrechterhält, innerhalb eines Monates die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens vom Versicherer verlangen kann.

b) Mit diesem Hinweis ist der Versicherungsnehmer aufzufordern, alle nach seiner Auffassung für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen innerhalb der Monatsfrist dem Versicherer zuzusenden.

c) Schiedsgutachter ist ein seit mindestens fünf Jahren zur Rechtsanwaltschaft zugelassener Rechtsanwalt, der von dem Präsidenten der für den Wohnsitz des Versicherungsnehmers zuständigen Rechtsanwaltskammer benannt wird.

d) Dem Schiedsgutachter sind vom Versicherer alle ihm vorliegenden Mitteilungen und Unterlagen, die für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlich sind, zur Verfügung zu stellen.

In diesen Bedingungen sehen die Verbraucherschützer einen Verstoß gegen die Paragraphen 128 Satz 1 sowie 129. Dieser Ansicht schloss sich zunächst auch das Landgericht Hannover an – zumindest für die Klauseln b bis d.  

Diese Passagen aus dem Bedingungswerk hielt das OLG Celle wiederum nicht für problematisch. Allerdings stießen sich die Celler Richter an Klausel a – der Klausel, die seitens der Vorinstanz noch ohne Beanstandung geblieben war.  

Bestimmung nicht klar und deutlich

Dem Argument des Versicherers, dass eine Fristversäumung seitens des Versicherungsnehmers nicht sanktioniert werde, die kritisierten Klauseln lediglich die Pflichten des Versicherers ausführten, folgte das Gericht nicht. Nach Auffassung des Gerichts könne ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer besagte Klausel sehr wohl so verstehen, dass nach Ablauf der Monatsfrist die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens vom Versicherungsnehmer nicht mehr verlangt werden könne. Da die Bestimmung für den Versicherungsnehmer somit nicht klar und deutlich sei, werde dieser somit unangemessen benachteiligt – ein Verstoß gegen Paragraph 307 BGB, stellte das Gericht fest. Die entsprechende Klausel sei somit unwirksam.    

Allerdings ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. Das OLG Celle ließ eine Revision vor dem Bundesgerichtshof zu. Eine Möglichkeit, die die Verbraucherschützer in Anspruch nehmen werden. „Da wir vor dem LG Hannover im Hinblick auf die übrigen drei Klauseln noch mehr Erfolg hatten, haben wir bereits von der ausdrücklich zugelassenen Möglichkeit der Revisionseinlegung Gebrauch gemacht“, teilte ein Sprecher auf procontra-Nachfrage mit. Den Verbraucherschützern geht es nicht nur um die Vertragsbedingungen der Mecklenburgischen – auch andere Rechtsschutzversicherer verwenden nach Aussagen des vzbv zumindest in ähnlicher Weise die kritisierten Klauseln.  

Die Mecklenburgische wollte sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht dazu äußern.