Scholz-Kritik: Versicherungs-Gewerkschaft legt nach
Im Streit um die Äußerungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im politischen Talk bei Anne Will, hält es nun auch die Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG) nicht mehr auf ihrem Platz. Mit deutlichen Worten reagierte die NAG auf die Aussagen von Scholz, der eine Verhinderung des Provisionsdeckels in der Lebensversicherung in die Nähe der Masken-Affäre einiger CDU-Bundestagsabgeordneter gerückt hatte.
„Die Vermittler haben ihren Beitrag zur Senkung der Abschlusskosten erfüllt. Sie haben es darüber hinaus nicht verdient, in Talkshows durch den Bundesfinanzminister Olaf Scholz polemisch diskreditiert zu werden! Mangelnde Sachkenntnis seinerseits kann das nur sehr bedingt entschuldigen“, schimpfte NAG-Vorsitzende Gaby Mücke.
Die Gewerkschaftsvorsitzende wehrte sich auch gegen das öffentliche Bild des Vermittlers als geldgierige Geschäftsleute, die ihre Verkaufsinteressen über diejenigen ihrer Kunden stellen würden. Dagegen spräche bereits die geringe Zahl der Klagen, die bei der Finanzaufsicht BaFin bzw. dem Versicherungs-Ombudsmann gegenüber Vermittlern eingegangen seien. Ombudsmann Wilhelm Schluckebier hatte zu Beginn des Jahres bekannt gegeben, dass im Jahr 2020 gerade einmal 298 Beschwerden gegen Vermittler eingegangen seien – das entsprach gerade einmal 0,2 Prozent am Gesamtklagevolumen. Zudem waren von den eingegangenen Klagen gegenüber Vermittlern nur 93 zulässig.
„Zudem werden Vermittler durch lange Stornohaftungszeiten für etwaige falsche Beratung direkt mit ihren Einkommen in Anspruch genommen. Die Zufriedenheit der Kunden bei einer Beratung durch einen Vermittler ist darüber hinaus viel besser als beim Direkt- bzw. Digitalvertrieb“, bemühte sich Mücke, das schlechte Bild des Vermittlers in der Öffentlichkeit geradezurücken.
Statt Versicherungsvermittler zu diskreditieren wünscht sich die Gewerkschaft mehr Unterstützung durch die Politik – schließlich würden Vermittler einen immensen Beitrag zur Wohlstandssicherung großer Teile der Bevölkerung leisten. Weitere „Angriffe auf ihr Einkommen“ würden hingegen nur den Vermittlerschwund der vergangenen Jahre weiter beschleunigen.
Allgemein beklagt die NAG, dass die Diskussion über einen Provisionsdeckel bzw. das Einkommen der Vermittler überideologisiert sei. Auch procontra-Kolumnist Dr. Matthias Beenken hatte in seinem Kommentar zuletzt den Streit um den Provisionsdeckel als ideologisiert bezeichnet.
Obwohl die Verabschiedung des Provisionsdeckel in der Lebensversicherung zuletzt gescheitert war, kündigte das Olaf Scholz unterstehende Bundesfinanzministerium an, entsprechende Pläne weiterverfolgen zu wollen. Auch von Seiten der Grünen war in der jüngeren Vergangenheit immer wieder für einen Provisionsdeckel getrommelt worden. In ihrem Wahlprogramm skizziert die Partei zudem eine Zukunft, in der die Provisionsberatung generell abgeschafft werden soll. Man wolle die Finanzberatung „vom Kopf auf die Füße stellen“, heißt es im entsprechenden Entwurf.