„Tod“ auf der Ostsee: Vollendeter oder nur vorbereiteter Versicherungsbetrug?

Ein leeres Boot, ein verschwundener Skipper, der Monate später wieder auf dem Dachboden seiner Mutter auftaucht und Risikolebensversicherungen in Millionenhöhe: Das sind die Zutaten eines Gerichtsverfahrens in Kiel, bei dem in dieser Woche ein Urteil erwartet wird.

Author_image
11:02 Uhr | 08. Februar | 2021

Im Fall eines Mannes, der angeblich zwecks Versicherungsbetrugs seinen Tod auf der Ostsee vorgetäuscht hat, hat das Landgericht Kiel nun den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufgehoben und diesen aus der Untersuchungshaft entlassen. Nach Auffassung des Gerichts bestehe kein dringender Tatverdacht mehr.  

Zur Erinnerung: Dem 53-jährigen Christoph H. wird vorgeworfen, im Oktober 2019 einen Bootsunfall auf der Ostsee vorgetäuscht zu haben. Seine Frau und seine Mutter sollen im Anschluss versucht haben, sich insgesamt 4,1 Millionen Euro aus 14 abgeschlossenen Risikolebensversicherungen auszahlen zu lassen.   Das vermeintliche Schiffsunglück kam den Ermittlern jedoch schnell seltsam vor – sie stellten an Bord des herrenlos vorgefundenen Bootes laut einem Bericht des Spiegel Manipulationen an der Pumpe sowie der Abgasleitung fest. Ein Schlauchboot und Rettungswesten, die die mitangeklagte Frau in einem Gespräch zuvor gegenüber der Polizei erwähnt hatte, fanden die Ermittler hingegen nicht.  

Noch keine Auszahlung beantragt

Stattdessen fanden sie den vermeintlich Verunglückten sieben Monate später wieder – versteckt hinter Umzugkartons auf dem Dachboden der Mutter. Zudem stellten die Ermittler einen Brief des Angeklagten sicher, in dem dieser gegenüber seiner Mutter den später durchgeführten Versenkungsplan formulierte.  

Ob der Mann und seine Frau nun aber tatsächlich wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten Betrugs verurteilt werden, bleibt abzuwarten. Die Verteidigung sieht in dem formulierten Versenkungsplan und der Täuschung der Ermittler lediglich Vorbereitungshandlungen. „Bei Betrug geht es nicht um Aufrichtigkeit gegenüber der Polizei oder den anderen Menschen, sondern es ist ein Vermögensdelikt“, erklärte der Verteidiger gegenüber dem Spiegel. Strafbar hätten sich die Angeklagten laut dieser Sichtweise nur dann gemacht, wenn sie gegenüber den Versicherungen die Auszahlung beantragt hätten. Klären muss das Gericht nun die Frage, ob die Mutter und die Frau dies mit der Todesmeldung gegenüber den Versicherern getan haben.  

Ob diese Sichtweise beim Gericht verfängt, wird sich diese Woche herausstellen: Nachdem Anklage und Verteidigung in der vergangenen Woche ihre Plädoyers gehalten haben, will das Gericht an diesem Mittwoch ein Urteil sprechen.