Unwetterschäden: Der Ruf nach der Pflichtversicherung

Wer kommt für die schweren Schäden nach Unwetter „Bernd“ auf? Der Analyst Carsten Zielcke spricht sich erneut für die Einführung einer Pflichtversicherung aus – sonst dürften Hausbesitzer zukünftig Schwierigkeiten bekommen, ihre Immobilien zu versichern.

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06:07 Uhr | 19. Juli | 2021

Noch immer steht nicht fest, wie hoch die Schäden nach den schweren Unwettern in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausfallen werden – eine Schadenschätzung will der Versichererverband GDV erst in dieser Woche veröffentlichen. Zu vernehmen ist lediglich, dass die Schäden sehr hoch ausfallen werden. „Es zeichnet sich ab, dass sich dieses Jahr mit Stürmen, Überschwemmung, Starkregen und Hagel zu einem der schadenträchtigsten seit 2013 entwickeln könnte“, erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.  

Zur Bewältigung der Schäden gibt es nun erste Rufe nach einer Pflichtversicherung. „Um Zumindest die Sachschäden abzusichern und berufliche Existenzen zu bewahren, halten wir eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für unbedingt erforderlich“, erklärt Dr. Carsten Zielke, Inhaber der Zielke Research Consult GmbH, der selbst vom aktuellen Hochwasser getroffen wurde. So stand nach eigenen Angaben das Wasser in den Firmenräumen in Aachen-Kornelimünster 1,50 Meter hoch.  

Schnellerer Aufbau durch Pflichtversicherung

Während in Deutschland nun geschaut werden muss, wer für die Begleichung der Schäden aufkommt – schließlich haben beispielsweise in Rheinland-Pfalz nur 37 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarversicherung –, sei man im ebenfalls schwer von der Flut getroffenen Belgien schon weiter. Hier gibt es eine Pflichtversicherung, so dass der Wiederaufbau bereits organsiert werden kann, argumentiert Zielcke.  

„Eine Pflichtversicherung sorgt auch dafür, dass der Wiederaufbau schneller vorankommt, weil schlicht das Geld da ist“, argumentiert Zielcke und verweist auf Frankreich, wo nach einer Flut der berühmte Pilgerort Lourdes wieder vollkommen aufgebaut wurde und die Herbergsbetriebe nach drei Monaten wieder geöffnet hatten. In Deutschland werde es laut Zielcke vermutlich länger dauern, hierfür sprächen Erfahrungen wie in Goslar (2017) oder Mechernich (2016).  

Es ist nicht das erste Mal, dass in Deutschland über die Einführung einer Pflichtversicherung diskutiert wird – bislang konnten sich die Gegner einer Pflichtversicherung stets durchsetzen. Die Versicherer bemühen sich zu betonen, dass nahezu jedes Haus versicherbar sei. Tatsächlich ist die Zahl der in der höchsten Risikostufe im „ZÜRS Geo“-System verzeichneten Adressen über die vergangenen Jahre kleiner geworden.

Erschwerter Schutz für Neukunden

Das sieht Zielcke anders: Angesichts der aktuellen Ereignisse dürfte es für Neukunden deutlich schwieriger werden, einen Versicherungsschutz zu vertretbaren Preisen zu bekommen, glaubt der Analyst. Zudem bestehe die Gefahr, dass nach einem oder mehreren Schäden der Versicherer den Vertrag aufkündigen kann. Für die Immobilienbesitzer dürfte es im Nachhinein aufgrund ihrer Schadenshistorie sehr schwierig werden, bei einem anderen Versicherer bezahlbaren Versicherungsschutz zu erhalten, mahnt Zielcke.  

Da aber nach Ansicht des Analysten die Versicherer alleine nicht in der Lage sein werden, „angesichts des Klimawandels, Elementarschäden ohne Hilfe des Staates zu einem akzeptablen Preis zu versichern“, spricht sich Zielcke für ein Rückversicherungsvehikel aus – als Beispiel gelte hier Frankreich. Das bedeutet: Der Staat nimmt den Versicherern die Spitzenrisiken ab, legt dafür aber auch die Höhe der Versicherungsprämien fest. Zielcke spricht sich hierbei für eine europäische Lösung aus, beispielsweise über die Einbettung in den aktuellen Klimaschutzplan der Europäischen Union.  

Ob die Debatte über die Einführung einer Pflichtversicherung nach dieser Flut zu einem anderen Ergebnis kommen wird, als nach den Überschwemmungen der Vergangenheit, bleibt jedoch abzuwarten.