Urteil: Dient der Büro-Bonus lediglich dem Aufbau eines Strukturvertriebs?

Allfinanzvertriebe zahlen gerne sogenannte Büroboni oder Förderprovisionen. Doch sind diese auch von der Umsatzsteuer befreit? Oder dienen sie lediglich der Anwerbung neuer Berater? Über diese Frage beratschlagte nun das Finanzgericht Hannover.

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14:10 Uhr | 21. Oktober | 2021
Bonus Bild: Adobe Stock/DOC RABE Media

In Allfinanzvertrieben werden gerne Büroboni oder sogenannte Förderprovisionen gezahlt. In Hannover ging es nun um die Frage, ob diese von der Umsatzsteuer befreit sind. Bild: Adobe Stock/DOC RABE Media

Vermittler sind – soweit es die vom Versicherer ausgezahlten Provisionen betrifft – von der Umsatzsteuer befreit: So besagt es Paragraph 4 des Umsatzsteuergesetzes. Doch wie verhält es sich mit sogenannten Förderprovisionen und Büro- und Organisations-Boni? Unterliegen auch diese der Umsatzsteuerbefreiung für Vermittlerleistungen? Mit dieser Frage beschäftige sich nun das Finanzgericht Hannover (Az: 11 K 190/19).

Der Kläger hatte bei einem Allfinanzvertrieb als selbstständiger gebundener Vermögensberater gearbeitet – er vermittelte sowohl selbst Finanzprodukte an die Kunden (Eigenschäfte), erbrachte aber auch Vermittlungsleistungen im Rahmen eines Teams (Gruppengeschäfte) – hierunter fiel unter anderem die Gewinnung neuer Mitarbeiter sowie deren Schulung, aber auch die durch die neu gewonnenen Mitarbeiter erzielten Vermittlungserfolge.  

In den Jahren 2016 und 2017 bekam der Vermögensberater für erzielte Leistungen im Gruppengeschäft (6.000 vermittelte Gruppenumsatz-Einheiten) einen Büro- und Organisationsbonus (BOB) beziehungsweise ab April 2017 eine Förderprovision. Die Verwendung des BOB war dabei genau geregelt. So heißt es in den entsprechenden Bedingungen:  

„Der Büro- und Organisations-Bonus ist eine zweckgebundene Leistung. Er ist für die Einrichtung, den Unterhalt und den Betrieb eines Büros, das einem kaufmännischen Mindeststandard entspricht und bei Bedarf Schulungen, Berufsinformationsseminare und ähnliche Veranstaltungen ermöglicht, sowie für organisatorische Maßnahmen zu verwenden, die der Förderung der Vertriebstätigkeit der betreuten Unterstruktur dienen und ihr zugute kommen."  

Zuschüsse für Aufbau eines Strukturvertriebs?

Das Finanzamt wertete die Boni sowie die Förderprovision jedoch als Zuschüsse, mit dem der Aufbau eines Strukturvertriebs finanziert werden soll. Entsprechend handele es sich hierbei nicht um gemäß Umsatzsteuergesetz steuerfreie Vermittlungsleistungen. Die Zuschüsse müssten also regulär versteuert werden.  

Der Finanzberater zog daraufhin vors Hannoveraner Finanzgericht, wo er nun Recht bekam. Nach Auffassung des Gerichts handele es sich bei besagten Boni beziehungsweise der Förderprovision um eine Aufstockung der Grundprovision des Vermögensberaters.  

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes gebe es keine Anhaltspunkte, dass besagte Leistungen für die Anwerbung neuer Vermögensberater oder den Aufbau eines Strukturvertriebs verwendet würden. So würden Boni und Provision auch dann gezahlt, wenn keine neuen Vermögensberater für den Allfinanzvertrieb gewonnen worden waren – sie seien nicht vom Gesamterfolg des Unternehmens sowie dem erwirtschafteten Mindest-Gruppenumsatz des Vermögensberaters abhängig. Entsprechend seien besagte Boni von der Umsatzsteuer befreit. Eine Revision ließ das Finanzgericht nicht zu – hiergegen legte das Finanzamt allerdings eine Nichtzulassungsbeschwerde ein, über die nun der Bundesfinanzhof zu entscheiden hat.

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