Image der Versicherer: „Von einem generellen Misstrauen würde ich nicht sprechen“

Um das Image der Versicherungswirtschaft steht es – nicht erst seit dem Hickhack um die Betriebsschließungsversicherungen – nicht zum Besten. Über enttäuschte Erwartungen der Kunden, mögliche Lösungen und das öffentliche Bild der Branche sprach procontra mit Versicherungsombudsmann Wilhelm Schluckebier.

12:05 Uhr | 18. Mai | 2021

procontra: Herr Schluckebier, als Versicherungsombudsmann vermitteln Sie bei Streitigkeiten zwischen Versicherten und Versicherern. Welche Fälle landen häufig auf Ihrem Tisch?

Wilhelm Schluckebier: Das ist ganz unterschiedlich. In der Kfz-Haftpflichtversicherung kann es etwa um einen verhältnismäßig kleinen Schaden gehen, den der Versicherer reguliert – zum Beispiel ein Parkplatzunfall. Oft sind sich Versicherte sicher, den Unfall nicht verursacht zu haben. Der Versicherer darf solche Fälle allerdings vereinfacht regeln. Er kann den geltend gemachten Schaden, der in der Regel relativ gering ist, kraft seiner Regulierungsvollmacht begleichen. Damit soll der Aufwand einer umfangreichen und oft auch kostenträchtigen Aufklärung vermieden werden. Versicherungsnehmer sind damit häufig nicht einverstanden und befürchten Nachteile für den Schadenfreiheitsrabatt.  

procontra: Die Versicherungsnehmer sind also enttäuscht von den Versicherern. Kommt das auch bei anderen Versicherungen häufig vor? 

Schluckebier: Auch in der Lebensversicherung sind viele Versicherte enttäuscht, wenn sich das Vertragsguthaben schlecht entwickelt. Doch unsere Kontrollen bestätigen, dass die Berechnungen fast immer richtig sind – der niedrige Verlauf liegt meist an der allgemeinen Zinsentwicklung. In der Schadenversicherung sind Beschwerden oft unbegründet, weil in den Bedingungen zu den Versicherungsverträgen bestimmte Risiken von der Eintrittspflicht des Versicherers ausgenommen sind. Darauf achten die Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss mitunter nicht so genau.  

procontra: Misstrauen Verbraucher Versicherern generell? 

Schluckebier: Von einem generellen Misstrauen würde ich nicht sprechen. Man muss sich vergegenwärtigen: In Deutschland bestehen über 400 Millionen Versicherungsverträge. Wir erhalten pro Jahr etwa 17.000 bis 18.000 Beschwerden. Und: Die Versicherer haben alle ein eigenes Beschwerde- und Qualitätsmanagement. Das ist der positive Befund. Dennoch: Die Beschwerdeführer, die zu uns kommen, sind natürlich oft verärgert. Wenn wir als Ombudsstelle dann intervenieren, und der Versicherer auf den Versicherten zugeht oder ihm die Lage durch den Ombudsmann verständlich erläutert wird, ist der Ärger meist schnell verflogen. 

procontra: Trotzdem hat das Image der Branche gelitten, das zeigen aktuelle Studien. Was können Versicherer gegen den Reputationsschaden tun, außer ihnen die Bedingungen der Versicherungen stets offenzulegen? 

Schluckebier: Die Versicherer haben ja bereits im Jahr 2001 die Einrichtung des Versicherungsombudsmanns geschaffen. Das war eine Initiative aus der Branche heraus – und zwar lange bevor der Gesetzgeber die Idee der Verbraucherstreitbeilegung aufgegriffen hat. Die Unternehmen weisen unzufriedene Kunden von sich aus darauf hin, dass wir kostenfrei, unabhängig und objektiv schlichten. Das kommt gut an und prägt einen fairen Umgang von Versicherer und Kunde.