Grundlegend reformieren will die Ampel-Koalition die Altersvorsorge – konkrete Details sind allerdings rar gesät. Einzig bei der von der FDP vorangetriebenen Aktienrente hatte sich die Koalition frühzeitig auf einen einmaligen Zuschuss in Höhe von zehn Milliarden Euro geeinigt – nun taucht dieser Posten allerdings nicht im aktuellen Haushaltsentwurf auf. „Die Bundesregierung opfert die Aktienrente“ titelte jüngst die Wirtschaftswoche.
Es gab also einiges zu besprechen auf der 32. Wissenschaftstagung des Bund der Versicherten an diesem Freitag. Konkrete Details waren aber auch hier nur wenige zu bekommen. Stefan Schmidt, der für die Grünen im Bundestag und Mitglied des Finanzausschusses, erklärte, dass die zehn Milliarden Euro eventuell im Nachtragshaushalt auftauchen könnten – eventuell aber auch nicht. Wie es weitergeht, müsse noch diskutiert werden, erklärte Schmidt und verwies auf neuen Rahmenbedingungen, beispielsweise das zu schaffende Bundeswehr-Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. „Zehn Milliarden Euro sind in der aktuellen Situation kein Pappenstiel“, so Schmidt.
Verschwindend geringe Summe
Bei zehn Milliarden Euro dürfte es zudem nicht bleiben. „Zehn Milliarden Eurp sind eine verschwindend geringe Summe“, bemerkte Carsten Brodesser (CDU), ebenfalls Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages. Selbst wenn diese zehn Milliarden Euro eine jährliche Rendite in Höhe von sechs Prozent erzielen würden, wäre der erzielte Gewinn in Relation zu den Gesamt-Rentenauszahlungen der Deutschen Rentenversicherungen (2020: rund 300 Milliarden Euro) sehr gering. Ein stabilisierender Effekt für die Rente sei so nicht zu bewerkstelligen.
Auch deshalb verlangte Brodesser konkrete Details zu den weiteren Rahmenbedingungen der Aktienrente. „Wir müssen aufhören, nur über Überschriften zu diskutieren.“ Über die weitere Finanzierung konnte auch FDP-Bundestagsabgeordnete Anja Schulz keine weiteren Details nennen, wohl aber zu einigen anderen Punkten. So solle der geplante Kapitalstock der Rentenversicherung als staatlich-organisierter Fonds verwaltet werden, möglichst von Finanzexperten der Deutschen Bundesbank. Vorrangig sollen durch die Aktienrente die Beiträge für die gesetzlichen Rentenversicherung stabilisiert werden – höhere Rentenzahlungen seien dann der zweite Schritt.
"Visionärer Vorschlag"
Allerdings gelinge dies nicht von heute auf morgen, betonte Schulz – an der Generation der Babyboomer dürften die Effekte der Aktienrente beispielsweise vollkommen vorbeigehen. Dennoch verteidigte Schulz die Pläne ihrer Partei und der Regierung: „Wir kommen endlich dazu, bei der Rente in Generationen zu denken und nicht mehr in Legislaturperioden.“
Einen „visionären Vorschlag“ unterbreitete in der Diskussionsrunde dann Hartmut Walz, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Ludwigsburg, der die Aktienrente als richtigen Schritt lobte, die zehn Milliarden Euro Startkapital jedoch nur als symbolische Geste kritisierte. „Warum bilden wir hier nicht ein Sondervermögen von einer Billion Euro“, schlug Walz vor. Durch die hierdurch erwirtschafteten Renditen könne man die Beiträge stabilisieren, die Renten erhöhen und schließlich sogar die Rentenbeiträge senken.
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Auch beim Thema Riester wird auf mehr Reform-Tempo gedrängt. „Der Markt hat die Politik hier bereits überholt“, bemerkte BdV-Vorstandsssprecher Axel Kleinlein im Hinblick darauf, dass sich viele Anbieter zuletzt vom Markt zurückgezogen hätten. Konkrete Reform-Pläne hat die Bundesregierung jedoch noch nicht vorgelegt. „Hier gibt es unterschiedliche Vorstellungen unter den Koalitionspartner“, erklärte Grünen-Politiker Schmidt und machte deutlich, dass eine Reform hier nicht ganz einfach werden dürfte.
Streitpunkt ist unter anderem der Vertrieb. Schmidt spricht sich hier für eine Opt-out-Lösung aus – „wir müssen die Breite der Menschen erreichen“, so Schmidt. Zugleich möchte er auf diese Weise hohe Verwaltungskosten und Provisionen vermeiden. „Ein Standardprodukt wäre beratungsarm umzusetzen“, argumentierte der Grüne, stieß bei den anderen anwesenden Parlamentariern dabei aber auf Widerstand.
Freiwillige Zusatz-Rente oder Obligatorium?
„Die Versicherungswirtschaft ist hier ein wichtiger Faktor“, bemerkte FDP-Abgeordnete Schulz und betonte, dass die Beratungsleistung der Vermittler auch bezahlt werden müsste. „Man braucht Manpower, um den Gedanken der freiwilligen Bürgerversicherung nach außen zu tragen“, unterstrich auch Brodesser. Diese Beratung koste allerdings Geld – sei es über Provisionen oder über Steuermittel.
Bei einem Obligatorium könne dieser Posten zwar eingespart werden, allerdings wäre ein Obligatorium gleichbedeutend mit einem weiteren Konsumverzicht für viele Deutsche. „Das muss dann auch ehrlich kommuniziert werden“, so Brodesser.
Wie es nun bei der Altersvorsorge weitergeht? Hierauf lieferte auch die aktuelle Diskussionsrunde keine klaren Antworten. Einigkeit scheint aber dahingehend zu herrschen, ein Szenario wie unter der Großen Koalition zu verhindern. Auch in der vergangenen Legislaturperiode hatten sich SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Reformierung der Altersvorsorge verständigt – passiert ist in den zurückliegenden vier Jahren hingegen wenig.
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