Früher in Rente: Für wen das lohnt

Viele träumen vom Vorruhestand ohne finanzielle Nachteile, kaum einer schafft das ohne private Rücklagen. Warum der Königsweg bei der gesetzlichen Altersrente nur über 45 Arbeitsjahre führt. Und wie die Rente bei Bedarf aufgestockt werden kann.

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10:07 Uhr | 02. Juli | 2019
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Freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung lohnen sich für alle, die älter als 50 Jahre sind, meint Finanztest. Die Niedrigzinsphase begünstige dies. Bild: Pixabay

Die demografische Entwicklung verlangt eigentlich längere Lebensarbeitszeiten, doch viele Kunden von Versicherungsmaklern treibt eher um, wie sie früher in Rente gehen können und was das kostet (procontra berichtete). „Finanztest" hat dazu in seiner Juli-Ausgabe ein Spezial erstellt, dass anhand von Musterrechnungen Rentenhöhe und Abschläge erläutert. Den Gang zu einem Rentenberater oder Ruhestandsplaner ersetzt der Artikel natürlich nicht, zumal nur zwei Musterfälle (Jahrgang 1959 und 1964) betrachtet wurden.

Früher in Rente kann man eigentlich nur mit 45 Beitragsjahren gehen. Schon nach 35 Beitragsjahren klappt es auch, aber mit heftigen Abschlägen (0,3 Prozent für jeden verfrühten Monat vor der individuellen Altersgrenze). Mit 45 Beitragsjahren ist es laut Finanztest der „Königsweg in die Rente“. Fast ein Drittel aller Neurentner entschied sich 2018 für diesen seit 2014 möglichen Weg, auf dem sie bereits mit 63 aus dem Berufsleben ausscheiden können.

Schrittweise erhöht sich aber das Alter für die „Rente ab 63“: Ab dem Jahrgang 1964 muss man selbst bei 45 Beitragsjahren bis 65 arbeiten, wenn man keine Abschläge in Kauf nehmen will. Finanztest rät, so lange zu arbeiten, bis die Rente abschlagsfrei ausgezahlt wird. Für spätere Jahrgänge wird dann die „Rente mit 65“ interessant, da das Renteneintrittsalter inzwischen schrittweise auf 67 erhöht wurde.

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Wann freiwillige Nachzahlung von Beiträgen lohnt

Zu den 45 Jahren zählen auch andere rentenrechtliche Zeiten als nur die Pflichtbeiträge, etwa Kindererziehungszeiten, Kranken- und Verletztengeld oder freiwillige Beiträge. Letztere kann man einzahlen, wenn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt worden sind. Ausnahme: In den letzten beiden Jahren vor Rentenbeginn dürfen keine Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen, man darf also nicht arbeitslos geworden sein.

Laut Stiftung Warentest kann mit aktuell 134 Euro Monatsrente rechnen, wer ich seit 2017 fünf Jahre lang 6.000 Euro jährlich freiwillig einzahlt. Wenn die Renten entsprechend der Prognosen der Bundesregierung steigen, könnten es in fünf Jahren etwa 141 Euro sein. Das hält Finanztest für attraktiver als attraktiver als private Rentenversicherungen, die unter den Niedrigzinsen leiden. Bei der gesetzlichen Rente würden die Beiträge nicht gespart, sondern gleich an die Rentner „weitergereicht“. Dieses Umlageverfahren ist nicht vom Kapitalmarkt abhängig; derzeit ein Vorteil, so Finanztest. Freiwillige Beiträge lohnten sich für alle, die älter als 50 Jahre sind.

Abzüge bei verfrühtem Rentenbeginn mit 35 Arbeitsjahren

Zurück zu den Chancen auf Frührente mit weniger Arbeitsjahren: Schon mit 35 Versicherungsjahren kann man mit 63 in Rente gehen, muss dann allerdings mit deutlichen Abschlägen rechnen. Bei der Beispielrechnung anhand einer fiktiven Musterfrau (Jahrgang 1959) sind das immerhin 11,4 Prozent lebenslang (ab Jahrgang 1964 wären es sogar 14,4 Prozent).

Zugleich sinkt die Rente, weil die Beitragszahlungen ja früher als mit 65 enden. Jeden Monat macht das in dem Beispiel 194 Euro weniger – und das bis zum Tod. Erreicht die Musterperson ein Alter von 83 Jahren, sind das insgesamt fast 50.000 Euro weniger Rente. Rechnet man die Abschläge hoch, werden die drei Jahre, die jemand früher in Rente geht, tatsächlich sehr teuer.

Mit einer Sonderzahlung von knapp 41.000 Euro kann die Musterfrau diesen Nachteil ausgleichen. Die Ausgleichszahlungen sollten aus Steuergründen auf mehrere Jahre gestreckt und schon in den Jahren vorgenommen werden, in denen noch eine hohe Steuerlast vorliegt, rät Finanztest.

Steuern und fehlender Überblick

Die Zeiten, in denen die Rente zu hundert Prozent ausgezahlt wurde, sind lange vorbei. Heute fallen zunehmend Steuern und für KVdR-Rentner stets Kranken- und Pflegekassenbeiträge an. Im Jahr 2015 mussten 27 Prozent der Rentner Einkommensteuer ans Finanzamt abführen. Von den ausgezahlten 278 Milliarden Euro fielen 16 Prozent unter die Steuerpflicht (procontra berichtete). Je höher die Altersbezüge, desto kräftiger die Abzüge.

Um rechtzeitig und ausreichend für das Alter vorzusorgen, benötigen Berufstätige einen Überblick über Leistungen und gegebenenfalls auch Versorgungslücken. Dazu könnte eine säulenübergreifende Vorsorgeinformation beitragen, die aber wohl nicht vor 2021 kommt, und dann vermutlich nur in einem ersten Teilschritt (procontra berichtete).

Die DRV Bund hatte bereits im Sommer 2018 vorgeschlagen, im ersten Schritt ein „Register“ für Betriebsrentenanwartschaften durch Arbeitgebermeldung aufzubauen. Die DRV würde diese Informationen im Versichertenkonto speichern und so auch in der jährlichen Renteninformation ausweisen (procontra berichtete).

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