Arglistige Obliegenheitsverletzung

Mitwirkungspflicht nicht von vorheriger Zahlung abhängig machen

Auch Versicherungsnehmer haben bei einem Schadenfall Pflichten. Diese gilt es sorgsam zu befolgen, will man am Ende nicht leer ausgehen. Dies zeigt ein aktueller Beschluss des OLG Dresden.

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13:10 Uhr | 18. Oktober | 2024
Motorradfahrer

Um ein gestohlenes Motorrad und einen nicht herausgegebenen Schlüssel ging es jüngst vor dem OLG Dresden.

| Quelle: EasyBuy4u

Wer im Versicherungsfall auch Geld von seinem Versicherer haben möchte, ist gut beraten, alle Obliegenheiten zu befolgen. Seine Bereitschaft zur Mitwirkung kann der Versicherungsnehmer auch nicht an eine vorherige Zahlung des Versicherers knüpfen. Wer hier seine Pflichten vernachlässigt, muss damit rechnen, dass er am Ende leer ausgehen könnte. Dies zeigt ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden (AZ: 4 U 226/24; Beschluss vom 10. Juni 2024).

Der Fall

Im konkreten Fall ging es um ein gestohlenes Motorrad, das einem Mann aus Leipzig im Oktober 2021 gestohlen wurde. Nur wenige Monate zuvor hatte er die BMW-Maschine zu einem Preis von knapp 23.000 Euro erworben. Mit dem Motorrad bekam der Mann zwei Schlüssel ausgehändigt – einen Hauptschlüssel mit Funkfunktion sowie einen zweiten Schlüssel, der nur über einen Mechanismus am Motorrad funktionierte.

Kurz nach dem Diebstahl forderte der Versicherer seinen Kunden dazu auf, alle in seinem Besitz befindlichen Fahrzeugschlüssel auszuhändigen. In einem beigefügten Fragebogen wurde der Mann auch gefragt, wie viele Schlüssel er beim Erwerb des Fahrzeugs erhalten hatte. Diese Frage hatte der Mann mit „1“ beantwortet. Dem Versicherer schickte er folgerichtig auch nur den Hauptschlüssel.

Erst auf Nachfrage räumte der Mann das Vorhandensein eines zweiten Schlüssels ein. Diesen bräuchte er aber noch für ein Kofferset und könne ihn folglich erst nach Beendigung der Schadensregulierung übergeben. Zwei Monate später übersandte er schließlich den Schlüssel.

Der Versicherer erkannte in der Verweigerung des Mannes, ihm den zweiten Schlüssel auszuhändigen, eine arglistige Obliegenheitsverletzung und verweigerte daraufhin die Schadenregulierung. Der Fall landete vor Gericht – so behauptete der Mann, er sei überzeugt gewesen, dass der einbehaltene Schlüssel zum Kofferset gehöre. Als er den Fehler bemerkt habe, habe er dem Versicherer sogleich die Übersendung des zweiten Schlüssels angeboten. 

Nachdem das Landgericht Leipzig die Klage des Mannes abgewiesen hatte, schloss sich auch das OLG Dresden der Meinung der Vorinstanz an und riet dem Mann in einem Beschluss, seine Berufung gegen das Landgerichts-Urteil zurückzuziehen.

Die Entscheidung

Eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers liege eindeutig vor, so das OLG. Ihm war bewusst, dass es zwei Schlüssel für das Motorrad gebe – dies ergebe sich aus dem vom ihm unterzeichneten Übergabeprotokoll bei Erwerb des Motorrads als auch aus seinen Angaben gegenüber der Polizei. Die gegenüber dem Versicherer gemachten falschen Angaben wertete das Gericht auch als vorsätzlich. So sei es nach allgemeiner Lebenserfahrung jedem Versicherungsnehmer klar, dass er weder unmittelbar noch mittelbar die Ermittlungen des Versicherers erschweren darf und diesen nach besten Kräften bei der Aufklärung unterstützen muss.

Er könne seine Mitwirkung auch nicht von einer vorherigen Zahlung der Versicherungsleistung abhängig machen, da er dadurch dem Versicherer alle Aufklärungsmöglichkeiten nehme.

Da dem Mann nach Meinung des Gerichts auch bewusst gewesen sein muss, dass sein Verhalten die Schadensregulierung beeinflusst, ist die Obliegenheitsverletzung auch arglistig. Einer betrügerischen Absicht des Mannes bedarf es dabei nicht. Der Versicherer sei folglich im Recht, die Leistung vollständig zu verweigern.