Steuerberater-Pensionskasse: Gehen die Lichter aus?
Neben den Lebensversicherern ächzen auch Pensionskassen unter der Last niedriger Zinsen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) musste schon drei Kassen das Neugeschäft untersagen, die nicht rechtzeitig ihre Geschäftstätigkeit auf die niedrigen Erträge umgestellt hatten (procontra berichtete). Betroffen ist vor allem die Deutsche Steuerberater-Versicherung – Pensionskasse des steuerberatenden Berufs (DSV) in Bonn, aber auch die Kölner Pensionskasse (procontra berichtete) und ihre Schwester, die Pensionskasse der Caritas in Köln (procontra berichtete).
Bei den Schwesterkassen aus Köln haben die Mitgliedervertreter-Versammlungen und die BaFin der Sanierung zugestimmt. Für Rentner werden die Leistungen seit 1. Januar 2020 gekürzt, aber immerhin geht das Geschäft weiter. Bei der Steuerberater-PK in Bonn ist die Lage ernster. Die Vertreterversammlung hat am 11. Dezember ein Sanierungskonzept beschlossen. Dadurch wird der maximale Garantiezins von bis zu 4,0 Prozent auf 2,25 Prozent abgesenkt.
Den Ernst der Lage verdeutlicht der Jahresbericht 2018, der im Dezember 2019 publiziert wurde. Danach verfügt die Kasse nicht mehr über die erforderlichen Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung und der Mindestkapitalanforderung. Die Risikotragfähigkeit ist stark eingeschränkt.
DSV im Visier der BaFin
Die BaFin ist skeptisch, ob der Turnaround gelingt. Die Behörde hatte den ursprünglichen Sanierungsplan schon im Mai 2019 abgelehnt, da es damit unrealistisch sei, die aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen dauerhaft wiederherzustellen. Im Juli reichte die Kasse einen Finanzierungsplan ein, um Mindestkapitalanforderung wieder zu bedecken. Den will die BaFin auch nicht genehmigen, sondern will die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb widerrufen, teilte sie im Oktober 2019 mit.
Dieser Plan nimmt nun Gestalt an. Die BaFin hat der Kasse mit Bescheid vom 6. Februar die Genehmigung des Finanzierungsplans verweigert und somit die Erlaubnis der Kasse zum Geschäftsbetrieb widerrufen. Anders als zunächst angekündigt, wurde allerdings die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides nicht angeordnet, heißt es in einer Adhoc-Mitteilung der Pensionskasse vom 13. Februar. Der Bescheid sei noch nicht bestandskräftig. Die DSV wird nun rechtliche Schritte gegen diese Anordnungen prüfen.
Seite 1: Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb für Steuerberater-PK widerrufenSeite 2: Warum die Kasse selbst überhaupt informiert
Von der Steuerberater-Pensionskasse dürfen keine neuen Versicherungsverträge mehr abgeschlossen und Bestandsverträge weder erhöht noch verlängert werden. Faktisch ist das Neugeschäft dauerhaft untersagt. Der Widerruf der Erlaubnis für den gesamten Geschäftsbetrieb wirkt zudem wie ein Auflösungsbeschluss, wobei bestehende Versicherungsverträge vom Widerruf der Erlaubnis unberührt bleiben und ordnungsgemäß durchzuführen und abzuwickeln sind, lässt die Kasse weiter mitteilen.
Dass sie überhaupt die Öffentlichkeit von der Schieflage informiert, ist einzig dem Umstand zu verdanken, dass die Kasse 2014 zehnjährige Nachrangdarlehen begeben hat und somit der börslichen Adhoc-Publizität unterliegt. Sie muss also bei besonderer Lage Adhoc-Mitteilungen herausgeben. Auch für die Gläubiger sieht es nicht gut aus. Für die Schuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von zehn Millionen Euro, zu 4,375 Prozent begeben, wurden die Zinszahlungen bereits im September 2019 ausgesetzt.
Nun tobt auch noch ein Streit mit den Anleihegläubigern, die ihren Einsatz zu verlieren drohen. Die Schuldverschreibungen stehen „im Falle der Auflösung oder Liquidation nicht nachrangigen Ansprüchen aller anderen Gläubiger im Rang nach“, heißt es klipp und klar in der Adhoc-Mitteilung. Zahlungen an die Anleihegläubiger dürfen daher erst nach Abwicklung sämtlicher bestehender Versicherungsverträge erfolgen.
Weiterbetrieb oder Abwicklung?
Der Kasse bleibt kaum eine andere Wahl, als sich gegen die BaFin-Anordnung rechtlich zu wehren, will sie die Abwicklung (interner Run-off) noch verhindern. Ob und bis wann der Widerspruch erfolgt, sagte die Kassen-Vorstand Petra Albrecht trotz Nachfrage von procontra bis Redaktionsschluss nicht. Möglich ist der Widerspruch gemäß Verwaltungsgerichtordnung innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bzw. Zugang (nach Paragraf 70 VwGO), also spätestens bis zum 12. März.
Die DSV hat rund 8.000 Versicherte aus dem Kreis der steuerberatenden Berufe unter Vertrag und verwaltet Kapitalanlagen von rund einer Milliarde Euro. Bei ihr kommt alles zusammen, was zusammenkommen kann: eine Pensionskasse ohne Trägerunternehmen und Arbeitgeber, die bei Schieflage der Kasse für Leistungen der Arbeitnehmer eintreten müssten, ohne Protektor, ohne Schutzschirm des Pensionssicherungsvereins (PSV) und ohne Solvency II.
Genau dieser Fall könnte als Anlass dienen, warum der Gesetzgeber nun Pensionskassen auch unter den Insolvenzschutz des PSV stellen will, falls der Arbeitgeber insolvent wird. Das Gesetzgebungsverfahren steht noch am Anfang (procontra berichtete).
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