Brexit: Worauf Makler bei britischen Policen achten müssen
Großbritannien ist nicht mehr Mitglied der EU und auch nicht mehr von Binnenmarkt und Zollunion. Das hat auch für das Versicherungswesen Folgen: Zum Jahresende haben britische Versicherer ihre Rechte aus dem Europäischem Pass verloren. Dieser Pass erlaubt den in ihrem Heimatland zugelassenen Anbietern den Vertrieb in der EU (Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit).
Der Bundestag hatte im Februar 2019 ein Überleitungsgesetz beschlossen. Folge: Britische Gesellschaften durften deutsche Kunden betreuen und Versicherungen vertreiben – befristet bis zum 31. Dezember 2020. Nun dürften sie deutsche Kunden nicht mehr betreuen und Policen hierzulande auch nicht mehr vertreiben.
Die Konsequenzen hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einer Allgemeinverfügung publiziert. Da die EU und Großbritannien kein für den Bereich der Aufsicht über das Versicherungswesen relevantes umfassendes Handelsabkommen verabschiedet hatten, sind Solvency-II-Versicherer nicht mehr für die gesamte EU zugelassen. Gleiches gilt für Einrichtungen der bAV (EbAV), deren grenzüberschreitende Tätigkeit die Pensionsfonds-Richtlinie regelt. Neben Großbritannien gilt das nun auch für Gibraltar.
UK-Versicherer müssen Geschäfte abwickeln
Britische Versicherer und EbAV müssen ihr Bestandsgeschäft abwickeln, wobei „das Erstversicherungsgeschäft im zivilrechtlich möglichen Rahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden ist“, so die BaFin. Das heißt im Klartext: Policen sind unverzüglich zu kündigen und bAV-Verträge schon zum 1. Januar 2021 beitragsfrei zu stellen. Ist eine Kündigung zivilrechtlich nicht möglich, wird klargestellt, dass diese Verträge der BaFin-Aufsicht unterliegen. Die Abwicklung von Bestandsverträgen in Eigenregie (Run-off), insbesondere von Teilbeständen mit deutschen Kunden, unterliegt ebenfalls der BaFin-Aufsicht. Das zu wissen ist auch für international tätige Makler wichtig, die gegebenenfalls Policen umdecken müssen.
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Bei Lebensversicherungen, die noch viele Jahre laufen, ist Umdeckung jedoch zumeist ein schlechtes Geschäft für den Kunden. Anbieter wie Standard Life, Clerical Medical und Friends Provident haben daher Verträge deutscher Kunden bereits vor längerer Zeit auf Gesellschaften in einem EU-Land übertragen.
Handlungsbedarf für knapp 40 Gesellschaften
Die BaFin teilt auf Anfrage der procontra-Redaktion mit, dass zum Jahresende 2020 insgesamt 38 Versicherer und 2 EbAV aus dem Vereinigten Königreich Verträge in ihrem Bestand hatten, die über den Europäischen Pass in Deutschland gezeichnet worden waren.
Konkrete Namen von Versicherern, bei denen nun Handlungsbedarf besteht, werden in der Verfügung nicht genannt. Klar ist: Bis Silvester gab es per EU-Pass rund 110 in Deutschland notifizierte Versicherer aus dem Vereinigten Königreich und Gibraltar, also jene Gesellschaften, die über den EU-Pass in Deutschland tätig werden durften. Die meisten hatten offensichtlich keine Bestände mehr mit deutschen Kunden.
Drei Versicherer nun mit Sitz in Deutschland
Inzwischen haben drei britische Unternehmen bei der BaFin eine Geschäftserlaubnis für Deutschland beantragt und erhalten. Es handelt sich dabei um die Sachversichere
Keine Übersicht besitzt die BaFin über Versicherer, die ihren Sitz aus Großbritannien in andere EU-Länder verlegt haben und von dort weiter mit dem EU-Pass agieren können. Dazu gehört zum Beispiel Standard Life International, deren Geschäfte mit den europäischen Kunden und Vertriebspartnern schon geraume Zeit über eine Niederlassung in Dublin laufen.
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