„Unsere Honorarmodelle sind fair und lassen jeden Vergleich zu“ – kundennah und transparent wirbt ein Mannheimer Honorarberater für seine Leistungen und schiebt vertrauensvoll hinterher: „Bei uns erleben Sie keine unliebsamen Überraschungen.“ Diese Aussage kann ein Kunde, dessen Fall von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geschildert wird, wohl nicht unterstreichen: Für die Beratung zur Geldanlage von 49.000 Euro rief der Berater – bei einem veranschlagten Zeitaufwand von 80 Stunden – ein Honorar in Höhe von knapp 21.000 Euro auf. Zusätzlich wurde für die Dauer der Geldanlage (29 Jahre) ein monatliches Salär von weiteren 82 Euro gefordert – das wären noch einmal rund 28.500 Euro gewesen.
Zwar blieb der Kunde aufgrund des verwendeten Widerrufjokers im vorliegenden Fall schad-, weil vertragslos. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Honorarberatung – die sich ja immer mit der Vermeidung möglicher Interessenkonflikte rühmt – einer stärkeren Regulierung bedarf. Zumal laut Aussagen der Verbraucherzentrale verstärkt Verbraucher zu ihnen kämen, um eine Einschätzung einzuholen, ob aufgerufene Honorare fair und angemessen sind.
Ob eine Honorarberatung preislich den Marktgegebenheiten entspricht oder der hilfesuchende Kunde schlicht ausgenommen wird, ist für diesen kaum ersichtlich – Finanz- und Versicherungsberatung ist eine Vertrauensdienstleistung, die Ergebnisse der Beratung werden oftmals erst Jahrzehnte später sichtbar. Auch eine allgemeine Orientierung über die Honorarhöhen am Markt gibt es nicht: Anders als bei Rechtsanwälten, bei denen die Rechtsanwaltsvergütungsverordnung zu einem gewissen Grad veranschaulicht, wie sich das Honorar zusammensetzt, bekommen Kunden von Finanzberatern und -vermittlern keinerlei Orientierungshilfe an die Hand.
Einsatz für Honorarordnung erfolglos
Sehr zum Ärger der Branche selbst. „Die Vereinbarung von Honoraren ist vollkommen frei möglich, sofern es nicht in die Sittenwidrigkeit geht“, bemängelt Dieter Rauch, Geschäftsführer und Gründer des Verbunds der Honorarberater (VDH). Um als sittenwidrig zu gelten, müsste erst einmal ein Gericht ein krasses Missverhältnis von Preis und Leistung feststellen – eine hohe Hürde, die ausufernden Honoraren kaum Einhalt gebietet. Auch darum habe man sich damals im Rahmen der gesetzlichen Verankerung der Honorarberatung für eine entsprechende Gebührenverordnung eingesetzt, berichtet Rauch – jedoch leider erfolgslos.
Um Exzesse zu unterbinden und die Herde der schwarzen Schafe, die die kleine Branche mit Wucher-Rechnungen in Misskredit bringen könnten, möglichst gering zu halten, wurde Rauch selbst aktiv. Seit 2005 gelten für die Mitglieder des VDH verbindliche Leitlinien. Mit diesen verpflichtet sich der Berater, ausschließlich aufgewandte Zeit und Know-how dem Kunden in Rechnung zu stellen. „Das heißt konkret: Das Honorar muss im Einklang mit dem tatsächlichen Aufwand stehen“, verdeutlicht Rauch.
Die Einhaltung des Kodexes überprüft der Verband stichprobenartig. Bei einer Missachtung des Kodex drohen Konsequenzen: Verstößt ein Berater gegen besagtes Gebot, droht der Ausschluss aus dem Verband, wodurch der Berater keine Kunden mehr von diesem vermittelt bekommt. Dass es sich hierbei nicht lediglich um einen Papiertiger, sondern durchaus ein scharfes Schwert handelt, unterstreicht Rauch mit Zahlen: So seien im vergangenen Jahr vier Unternehmen ausgeschlossen worden, in diesem Jahr war es bislang eines.
Dennoch scheint auch die Politik mittlerweile Handlungsbedarf zu sehen. "Wir wollen eine Honorarordnung", teilt Stefan Schmidt, der für die Grünen im Finanzausschuss des Bundestages sitzt, mit. „Mithilfe einer Honorarordnung können KundInnen erfassen, in welchem Preisbereich der Arbeitsaufwand, die zu erbringende Leistung und ein angemessenes Honorar bei einem typischen Beratungsfall liegt.“
Was bedeutet angemessen?
Was angemessen bedeutet, bedarf noch einer genauen Definition – eine konkrete Größenordnung will Schmidt nicht nennen. Genauso bleibt zu klären, ob Modelle im Interesse des Kunden sind, bei denen sich das Honorar an der Höhe der Anlagesumme orientiert. VDH-Chef Rauch selbst gibt sich reserviert gegenüber den prozentualen Betreuungshonoraren. „Es ist für mich nicht einleuchtend, warum jemand, der bei 100.000 Euro Vermögen fünf Stunden pro Jahr an Leistungen in Anspruch nimmt, 1.000 Euro pro Jahr bezahlt und der andere bei gleicher Zeit für 200.000 Euro das Doppelte.“
Wer auf diese Weise abrechne, biete dem Kunden lediglich alten Wein in neuen Schläuchen, moniert Rauch, „ein Surrogat zur Provision, die ja bekanntermaßen auch nach vermitteltem Volumen bezahlt wird“.
Grünen-Mann Schmidt scheint bei der Honorargestaltung wesentlich offener zu sein. „Wir sind offen für die Modelle, die sich am Markt entwickeln“, sagt er. Zwar bevorzugt auch er grundlegend eine Abrechnung, die sich rein an der Beratungszeit orientiert. „Es gibt aber auch Leistungen, bei denen eine prozentuale Orientierung an der Anlagensumme sinnvoll ist, zum Beispiel bei der dauerhaften Portfoliobetreuung“, so Schmidt.
Auch wenn die Details noch auszuhandeln sind, scheint zwischen Branche und politischen Akteuren Einigkeit zu bestehen: Insbesondere dann, wenn die Honorarberatung maßgeblich gestärkt werden soll, braucht es ein schärferes Regelwerk. Für die Verbraucherschützer ist es mit der Einführung einer Gebührenordnung allerdings nicht getan – sie allein verhindere nicht, dass es dem Kunden weiter kaum möglich ist, die Qualität der Finanzberatung zu bewerten. Vorrangig sei es, die Bedarfsgerechtigkeit der Beratung sicherzustellen – dann könne die Preisgestaltung ruhig dem Markt überlassen werden.