procontra: Jung DMS & Cie. wirbt mit Prämien um neue Makler, blau direkt will eigenes Fondsgeschäft aufbauen und kooperiert mit WIFO: Wie würden Sie die jüngsten Entwicklungen auf dem Poolmarkt bewerten?
Philipp Kanschik: Der Markt konsolidiert und viele kämpfen aktuell um die Gunst der Makler. Entscheidendes Differenzierungskriterium dürften aber nicht nur Prämien für Neumakler sein, sondern vor allem auch das Angebot praktikabler Nachfolgelösungen. Wie unser aktuelles Maklerbarometer zeigt, ist das unverändert die große Herausforderung. Fast zwei Drittel der Makler im Rentenalter haben hier noch nichts geregelt. Ein adäquates Angebot für den Ruhestand ist für viele Maklerpools mitunter aber eine Herausforderung, weil sie als Servicedienstleister selbst keine Erfahrung in der direkten Kundenbetreuung haben.
procontra: Derzeit gibt es rund 50 Pools, Verbünde und Genossenschaften im Maklermarkt. Ist diese Fragmentierung für Vermittler ein Vorteil?
Kanschik: Nicht unbedingt. Wer seine Verträge auf verschiedene Systeme verteilt, wird es schwer haben, sie bei Bedarf wieder zurückzuholen. Im Schnitt haben Makler heute schon knapp drei Poolanbindungen. Der Nutzen zu vieler Anbindungen hält sich in Grenzen, weil viele Pools vergleichbare Angebote haben. Gleichzeitig liegen dann die Kundendaten in zu vielen verschiedenen Systemen. Im Extremfall muss der Makler Daten zu ein und demselben Kunden in drei verschiedenen Pool-Systemen suchen.
procontra: Ist ein Monopol auf dem Poolmarkt ein realistisches Szenario für die nahe Zukunft?
Kanschik: Nein. Der eigentliche Kampf ums Monopol wird nicht nur zwischen den Pools ausgetragen — es geht um die sogenannten „Megaplattformen“. Pools, MVP-Anbieter, Vergleicher und große InsurTechs versuchen zunehmend das komplette Maklerdienstleistungsspektrum gebündelt anzubieten. Weil eine wirklich branchenweite Daten-Standardisierung noch nicht absehbar ist, dürften sich jedoch große Megaplattformen erst zum Ende des Jahrzehnts herauskristallisieren. Leistungsstarke Pools haben in diesem Rennen allerdings nicht die schlechteste Ausgangsposition.
procontra: Welche Folgen hätte die Konzentration auf wenige Pools für den Makler?
Kanschik: Die Megaplattformen hoffen auf einen „lock-in“-Effekt bei den angebundenen Maklern und wollen auf dieser Basis hohe Renditen einfahren. Allerdings ist fraglich, ob es jemals so kommt. Bedingung für funktionierende Megaplattformen sind schließlich weitgehend standardisierte Daten. Gerade das macht für den Makler aber auch den Wechsel zu einem anderen Dienstleister leichter. Die wenigen großen Plattformen in Zukunft könnten also vergleichsweise austauschbar sein. Die eigentliche Macht in diesem Szenario liegt bei demjenigen, der den Kontakt zu den Kunden hat.
procontra: Wie können sich Makler hier aufstellen, um sich gegenüber einer solchen Entwicklung resilienter zu machen?
Kanschik: Wenn der Makler den direkten Kontakt zum Kunden selbst pflegt, dann bleibt er nachhaltig resilient. Die Zukunft liegt in der hybriden Beratung und es entstehen laufend neue Anforderungen an das digitale Maklerbüro. Hier gilt es, die Wahl der digitalen Werkzeuge mit größter Umsicht zu treffen. Die Megaplattformen können so auf die reine Dienstleistertätigkeit reduziert werden. Größere Makler mit eigener IT haben es bereits jetzt aber auch in Zukunft vergleichsweise leichter, ihre Unabhängigkeit wahren. Denn sie können beispielsweise ihre eigenen Kundenportale anbieten.
Hinweis: Dr. Philipp Kanschik spricht am 31. Juli, ab 10 Uhr, auf der Online-Messe profino über mögliche Monopole im Versicherungsvertrieb. In seinem Webinar diskutiert Kanschik diverse Zukunftszenarien, deren Bedrohungspotenzial für Makler sowie deren Möglichkeit zur Resilienz-Steigerung. Hier geht es zur Anmeldung.