Leitungswasser-Policen: „Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen“
procontra: Von welchen Ursachen und welcher Größenordnung reden wir bei Leitungswasserschäden üblicherweise?
Andreas Wenger: Sehr oft ist es Verschleiß – ein durchgerostetes Rohr, durchgerostete Übergänge. Immerhin ein Fünftel unserer versicherten Leitungswasserschäden geht auf defekte Silikon- und Fliesenfugen zurück. Der durchschnittliche Leitungswasserschaden liegt nach unseren Erfahrungswerten bei ungefähr zweieinhalbtausend Euro, bei Fugenschäden bei mehr als dem Doppelten davon. Wir haben Schäden mit 500 Euro, aber neulich erst 55.000 Euro und in der Spitze einmalig 360.000 Euro bei einem hochwertigen sanierten denkmalgeschützten Fachwerkhaus in der Heidelberger Innenstadt. Eine Leitung hatte nur wenig Wasser verloren, aber eben über Jahre hinweg.
procontra: Stichwort Silikonfugenschäden. Dazu gab es erst kürzlich ein richtungsweisendes BGH-Urteil. Was sagen Sie dazu?
A. Wenger: Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Jetzt ist es glasklar: In jedem Standardvertrag kann der Versicherer – mit einem BGH-Urteil im Rücken – den Schaden ablehnen. Ob die Gesellschaften das in dieser Konsequenz auch tun oder nicht, ist noch nicht klar. Da wird es vermutlich keine einheitlichen Vorgehensweisen geben. Der eine bezahlt es, der andere nicht. Hier könnte vielleicht auch die Werbung in eigener Sache eine Rolle spielen.
Bild: Andreas Wenger, Geschäftsführer Assekuranz-Makler Süd-West GmbH, Bild: privat
procontra: Oder auch das Geschick des Maklers?
A. Wenger: Als Makler muss man zu allererst einmal mehr ins Tarifwerk schauen: Wo sind Silikonfugenschäden nunmehr ausdrücklich eingeschlossen? Und dann auch auf solche Alternativen hinweisen.
procontra: In Ihren Rahmenverträgen ist das ja bereits seit Längerem der Fall.
A. Wenger: Stand heute sind Silikonschäden in unseren Rahmenverträgen serienmäßig versichert. So ist der Deal mit dem Versicherer. Der Baustein ist obligatorisch drin, aber abwählbar – gegen einige Euro Rabatt. Das provoziert im Schadenfall allerdings eine Riesenwelle, wenn sich die Nässe durch mehrere Etagen zieht. Dann wären die Ursache und die Folgeschäden ausgeschlossen, Trocknung nicht leistungspflichtig, genauso Schimmelentfernung und neue Tapeten. Diese Folgekosten gehen entweder zu Lasten des Verursachers oder der Wohneigentümergemeinschaft oder schlimmstenfalls des Eigentümers. Darüber klären wir im Vorfeld natürlich auf.
procontra: Was glauben Sie, wie wird sich das BGH-Urteil künftig im Kleingedruckten niederschlagen?
A. Wenger: Der eine Trend könnte sein – Plansch- beziehungsweise Spritzwasser sind nicht mehr versichert – oder nur noch gegen Zuschlag. Der andere, gegenläufige Trend, der sich tatsächlich auch andeutet: Der eine oder andere Versicherer, der sich bisher vehement gegen diese Deckung gestellt hat, erklärt nunmehr: Wir versichern auch Silikonfugenschäden mit.
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