„Wer jetzt aufgibt, hat es ohnehin nicht ernst gemeint“
Es sind längst nicht mehr nur Begriffe wie „Nachhaltigkeit“, die in den Kulturkampf gezogen werden. Schon die Farbe Grün oder die bloße Erwähnung des Klimawandels reichen heute aus, um Abwehrreflexe auszulösen. Dabei interessiert sich der Klimawandel weder für Parteien noch für politische Debatten – aber umgekehrt sollte es unbedingt so sein.
Inmitten dieser Polarisierung beobachte ich, wie sich Teile der Branche vom Nachhaltigkeitskurs verabschieden. Versicherer ziehen sich aus Kooperationen zurück, schaffen ganze Produktreihen ab, und Fondsgesellschaften schwächen ihre ESG-Kriterien ab. All das lässt tief blicken: Für viele war Nachhaltigkeit scheinbar nie eine ernstgemeinte Unternehmensstrategie – sondern ein Trend, dem man sich angepasst hat, solange er als politisch und wirtschaftlich opportun galt. Dabei ist es nicht Regulatorik oder Parteipolitik, die uns zum Handeln zwingt. Es ist die Wissenschaft. Die Erderwärmung braucht keine Lobby, um Wirkung zu entfalten. So viel ist sicher.
Es gibt dennoch viele, die jetzt Haltung zeigen
Und genau deshalb ist es so beeindruckend, wenn Menschen und Unternehmen gerade jetzt Haltung zeigen. Mir persönlich sind in den vergangenen Monaten drei Akteure besonders positiv aufgefallen, die mir – und vielen meiner Kundinnen und Kunden – Mut machen.
Als ich im Frühjahr zum stellvertretenden Vorsitzenden des Branchenvereins Ökofinanz-21 e.V. gewählt wurde, sind Menschen auf mich zugekommen, die ich bis dahin vor allem aus der Distanz kannte. Gunter Schäfer, den viele aus seiner langjährigen Arbeit für Ökoworld kennen, war einer von ihnen. Heute bringt er seine ganze Erfahrung bei Arete Ethik Invest ein – einem Unternehmen, das sich nicht nur klar positioniert, sondern mit neuer Energie genau dort weitermacht, wo nachhaltige Finanzarbeit vor einem Jahrzehnt einmal stand. Dass Schäfer das mit ungebrochenem Tatendrang tut, ist nicht selbstverständlich. Und es macht etwas mit einem, wenn man merkt: Da sind noch andere, die dran bleiben und wichtige Aufbauarbeit leisten.
Die Idee und das Team hinter Fight for Green haben mich beeindruckt. Vor allem die Geschichte von Wilhelm Möller, der mit gerade einmal 24 Jahren einen Artikel-9-Fonds gegründet hat, der konsequent auf Klimaschutz ausgerichtet ist. Möller war früher Fridays-for-Future-Aktivist in Leipzig – heute verantwortet er ein Finanzprodukt, das ausschließlich in Unternehmen investiert, die ihren CO₂-Ausstoß nachweislich senken. Das ist keine kosmetische ESG-Strategie, sondern ein Versuch, Finanzmärkte in Richtung echter Wirkung zu verschieben. Ein junger, beeindruckender Mensch, der seinem Aktivismus nun mit konkreter Wirkung Ausdruck verleiht. Ein Mensch, den man im Auge behalten darf.
Wichtige Beispiele für Nachhaltigkeit, dass Nachhaltigkeit kein Trend ist
Und dann ist da Pangaea Life – ein Unternehmen aus München, das in Zeiten der Verunsicherung den Energiemarkt transformiert. Nicht in ferner Zukunft, sondern jetzt und ganz konkret: In Strübbel, Schleswig-Holstein, realisiert der „Blue Energy“-Fonds derzeit ein 50-Megawatt-Batteriespeicherprojekt. Der erzeugte Strom aus Wind und Sonne kann dort künftig nicht nur gespeichert, sondern dann genutzt werden, wenn er wirklich gebraucht wird. Es ist genau diese Form der stabilisierenden Infrastruktur, die wir brauchen, um aus dem Reden ins Handeln zu kommen.
Diese Beispiele zeigen mir: Es gibt sie, die Menschen und Unternehmen, die es wirklich ernst meinen. Und sie wirken – nicht trotz, sondern wegen der schwierigen Lage. Sie zeigen, dass Nachhaltigkeit kein Trend ist und keine Phase, sondern eine Antwort auf die größte Frage unserer Zeit: Wie können wir den Klimawandel aufhalten – bevor er uns Menschen aufhält?
Mein Fazit: Wer jetzt aufgibt, hat es ohnehin nicht ernst gemeint, und wird es in den kommenden Jahren schwer haben, sich glaubhaft als nachhaltiger Akteur darzustellen