Beratungsansätze und Vergütungsmodell

Allianz plant Änderungen für ihre 8.000 Versicherungsvertreter

Die Allianz ist unzufrieden mit der Vertragsdichte und der Stornoquote ihrer Kunden. Nun will das Unternehmen umsteuern und zukünftig die Bestandspflege in den Fokus ihres Exklusivvertriebs rücken.

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16:08 Uhr | 03. August | 2023
Allianz plant Änderungen für ihre 8.000 Versicherungsvertreter

Die Allianz ist unzufrieden mit der Vertragsdichte und der Stornoquote ihrer Kunden. Nun will das Unternehmen umsteuern und zukünftig die Bestandspflege in den Fokus ihres Exklusivvertriebs rücken.

| Quelle: Allianz

Die Allianz Deutschland AG will offenbar das Vergütungssystem für ihre rund 8.000 Versicherungsvertreter verändern. Geplant sei der Wechsel von einem Brutto- zu einem Nettovergütungssystem. Das berichtete das Handelsblatt am Mittwoch und beruft sich dabei sowohl auf Insiderinformationen aus dem Konzern sowie interne Zahlen und Dokumente, die der Redaktion der Zeitung vorliegen.

Demnach will der Branchenriese wegkommen von der starken Konzentration auf das Neugeschäft beziehungsweise dem Fokus der Vermittler auf die Abschlussprovision. In Zukunft wolle man die eigene Ausschließlichkeitsorganisation (AO) stärker dafür entlohnen, wenn diese möglichst wenige Kunden und Verträge durch Kündigungen verliert, heißt es in dem Bericht.

„Unser Geschäftsmodell kontinuierlich weiterentwickeln“

Diese Informationen hat die Allianz am Donnerstag auf procontra-Nachfrage nicht direkt bestätigt, jedoch auch nicht dementiert. „Unser Vergütungssystem ist auf Wachstum und Kundenorientierung ausgelegt und prämiert deshalb auch Stornoprävention und Neukundenwachstum“, antwortete eine Sprecherin. Entsprechende qualitative Anreize im AO-Vergütungssystem des Branchenriesen gebe es bereits heute. Das an sich ist allerdings keine Besonderheit in der Versicherungsbranche.

Was das neue Vergütungskonzept konkret in Zahlen bedeutet, also wie sich zum Beispiel die Höhen der Provisionssätze für die AO verändern werden und ab welcher Stornoquote mit einer Entlohnung zu rechnen ist, hat die Allianz auf unsere Nachfrage hin nicht mitgeteilt. Die Sprecherin verwies lediglich auf das im Frühjahr ausgerollte „Zukunftsprogramm“ der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG, in der der Exklusivvertrieb des Versicherers gebündelt ist. Die Auswirkungen dieses Programms werde man „auch zukünftig weiter beobachten und unser Geschäftsmodell kontinuierlich weiterentwickeln“.

„Vertragsdichte schrittweise erhöhen“

Hintergrund für den vertrieblichen Strategiewechsel ist offenbar die Unzufriedenheit der Münchener mit ihrer Stornoquote beziehungsweise der Vertragsdichte der Kunden. Laut dem Handelsblatt würde die bislang noch klassisch aufgestellte AO der Allianz zwar Jahr für Jahr ein starkes Neugeschäft produzieren – jedoch würde ein Kunde im Durchschnitt nur 2,5 Verträge bei dem Branchenriesen haben. Das würde an regelmäßig zu hohen Abwanderungen aus dem Bestand liegen. Zum Vergleich nennt die Zeitung die Strukturvertriebe DVAG und Swiss Life, bei denen die Vertragsdichte in etwa doppelt so hoch sei. Zudem habe die Allianz von gut einem Viertel seiner Kunden zwischen 18 bis 60 Jahren keine Mailadresse oder Mobilfunknummer.

In Bezug auf diesen Punkt äußerte sich die Allianz gegenüber procontra konkreter: „Zusätzlich werden wir durch den stetigen Ausbau der digitalen Arbeitsprozesse und Kundenansprache sowie durch den Einsatz von Data Analytics die Vertragsdichte bei Bestandskunden schrittweise erhöhen und auch damit die Effizienz unserer Vertriebsorganisation steigern.“ In der Lebensversicherung ist die Stornoquote der Allianz derweil eine der niedrigsten am Markt.

Ansprechpartner für alles

Außerdem soll, dem Bericht zufolge, die Beratung in Zukunft über das gewöhnliche Versicherungsgeschäft hinausgehen. Die Allianz-Vertreter sollen demnach „auch erster Ansprechpartner sein, wenn ein Kunde beispielsweise neben Fragen zu Feuer oder Einbruch auch Rat sucht zu einer Patientenverfügung oder zu seinem Stromtarif“, wird aus den Interna zitiert.

Wie kräftig Versicherer die vertrieblichen Aktivitäten ihrer AO steuern, bleibt nach draußen sehr wahrscheinlich oft unsichtbar. Die Nürnberger Versicherung beispielsweise hat sich das Ziel gesetzt, die Nummer 1 im Bereich Einkommensschutz zu werden. Dafür hatte das Unternehmen 2021 die Weichen bei ihren Generalagenturen gestellt, indem sie die Provisionssätze für klassische Altersvorsorgeprodukte gesenkt und die für biometrische Versicherungen erhöht hatte.