Inter Versicherung will ihre Ausschließlichkeit stark ausbauen
procontra:
Manche Versicherer, zum Beispiel HDI und Nürnberger, wollen ihre Ausschließlichkeitsorganisation in den nächsten Jahren deutlich ausbauen. Haben Sie das Gleiche vor?
Michael Schillinger:
Ja. Mit Blick auf den ‚war for talents‘ haben wir uns die Frage gestellt, wen wir für uns gewinnen möchten und welche Vertriebswege für unsere Kundenzielgruppen zur Verfügung stehen. Im Ergebnis war und ist für uns das erste Standbein die Ausschließlichkeitsorganisation (AO), gleich neben dem Maklervertrieb. Dabei ist die AO ein stabilisierender Faktor, denn gute Vertriebspartner schaffen Beratungsqualität für die eigenen Produkte. Infolge dieser Überlegungen haben wir unser Qualitätsniveau neu definiert und deshalb auch unseren Ausschließlichkeitsvertrieb ein wenig ausgedünnt. Für diese Vermittler haben wir jetzt auch ein neues Karrieremodell entwickelt.
Schillinger:
Es erfüllt mehrstufig unseren Qualitätsanspruch, beinhaltet aber gleichzeitig wertschätzende Vergütungselemente für die Vermittler. Das bedeutet, unsere Vertriebspartner erhalten weniger Abschluss-, dafür mehr Bestandspflegeprovision. Letztere bemisst sich dabei unter anderem an der Qualität der Kommunikation des Vermittlers mit seinen Kunden und deren Zufriedenheitsquote. Im Prinzip wird unsere AO nun auch offiziell und direkt für die gute Bestandspflegearbeit vergütet, die sie schon immer leistet. Auch viele Vertriebspartner, die schon seit langem für uns tätig sind, haben mittlerweile auf das neue Modell umgestellt, da sie damit oft mehr verdienen als bisher. Alles zum Wohle unseres Qualitätsanspruchs.
procontra:
Was bedeutet diese Veränderung bei Ihnen denn personell? Also wie viele Vertreter haben Sie und wo wollen Sie hinkommen?
Schillinger:
Wir waren bei etwa 250 und sind dann im Zuge der Neuordnung zunächst auf 200 runter. Unser Ziel sind 350 gebundene Vertriebspartner im Jahr 2026, also beinahe eine Verdopplung. Um die neuen Leute zu finden und für unseren neuen Qualitätsanspruch fit zu machen, haben wir eine eigene Akademie und das Konzept scheint aufzugehen. Für 2023 hatten wir uns 20 neue Vertriebspartner als Ziel gesetzt, aber bereits Ende Oktober hatten wir schon 24 und es geht weiter. Die Leute kommen dabei aus anderen Ausschließlichkeitsorganisationen zu uns, aber auch aus völlig anderen Branchen und durchlaufen dann unsere Akademie.
procontra:
Müssen sich die Makler Sorgen machen, wenn die Inter nun so stark auf ihre eigene AO setzt?
Schillinger:
Nein, wir wachsen zum Beispiel in Kranken und Komposit zweistellig im Maklermarkt. Hier haben wir kürzlich auch die Teams innerhalb unserer Maklerbetreuung verändert, so dass wir unsere ungebundenen Vermittler in Zukunft noch spezialisierter unterstützen können.
procontra:
Bei der ERGO bekommt jeder Makler, auch sehr kleine Betriebe und Berufseinsteiger, eine Direktanbindung. Ist das bei Ihnen auch so?
Schillinger:
Mit uns kann der Makler sogar komplett so zusammenarbeiten, wie er es will. Das heißt, entweder über eine vollständige Direktanbindung oder nur über Pools. Er kann aber auch nur für einen Bereich, beispielsweise die Krankenversicherung, eine Direktanbindung mit uns wählen, weil er da vielleicht unseren Maklerbetreuer am besten findet. Komposit kann er dann trotzdem gerne über den Pool machen, wenn er das möchte. Wir sind da sehr flexibel.
procontra:
Viele Versicherer betonen immer wieder, dass ihnen der Maklervertriebsweg sehr wichtig ist. Gleichzeitig läuft immer mehr Geschäft über Maklerpools, die sich wiederum zunehmend an ausländische Investoren verkaufen. Ist das eine gute Entwicklung?
Schillinger:
Es ist offensichtlich ein Business Case, der aufgeht und sicherlich werden noch weitere Investoreneinstiege folgen. Je schneller die Konsolidierung auf dem Maklermarkt voranschreitet, desto eher wird es für Investoren zu einer Cash Cow. Denn die Bestände der Maklerpools werden größer und bringen allein durch ihre Verwaltung und Betreuung eine gute Rendite. Da fließt also viel Geld und die Investoren müssen sich keine Sorgen machen, dass sie durch mangelndes Neugeschäft nicht genug verdienen. Wenn es aber irgendwann nur noch einen riesigen Pool gäbe, dann wären die Versicherer in einer starken Abhängigkeit von diesem. Der würde ihnen genau diktieren, wie er das Geschäft für sie macht. Hier ist es sicherlich auch eine Aufgabe der Regulatorik, dafür zu sorgen, dass am Ende nicht ein einziger Maklerpool marktbeherrschend wird.