Zu lange Bearbeitungszeiten: Finanzaufsicht macht Druck auf Versicherer
Immer wieder gab es in vergangenen Monaten Berichte über lange Schadensbearbeitungszeiten bei den Versicherern. Nicht nur Kunden zeigten sich verärgert, auch bei Maklern war der Frust über ausufernde Aufenthalte in Telefonschleifen und fehlende Ansprechpartner groß.
Nun sieht sich die Finanzaufsicht BaFin offenbar dazu veranlasst, durchzugreifen. In einer Aufsichtsmitteilung brachte sie ihre Erwartungshaltung zum Ausdruck, dass Versicherer eingehende Leistungsanträge innerhalb eines Monats zu bearbeiten haben. Grund für den Schritt seien zahlreiche Klagen von Verbrauchern an die BaFin. In diesen berichteten diese über sehr lange Bearbeitungszeiten bei den Versicherungen, die oftmals länger als einen Monat dauerten.
Für Kunden können die langen Wartezeiten zu einem finanziellen Problem werden, macht die BaFin deutlich. Etwa denn, wenn privat Krankenversicherte sehr hohe Rechnungen in kurzer Zeit begleichen müssen.
Zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung verpflichtet
In ihrem Aufsichtsschreiben verweist die Finanzaufsicht darauf, dass die Versicherer per Gesetz zu einer wirksamen und ordnungsgemäßen Geschäftsführung verpflichtet seien. Dies besagt Artikel 23 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Hierzu gehöre „insbesondere auch, dass die den Versicherungsnehmern und bezugsberechtigten Personen zustehenden Ansprüche fristgerecht, d.h. unverzüglich nach Abschluss der notwendigen Erhebungen, erfüllt werden können“. Sofern der Versicherungsnehmer seine Mitwirkungspflichten einhält und alle notwendigen Angaben / Dokumente zum Versicherungsfall zur Verfügung stellt, hält die BaFin einen Bearbeitungszeitraum von einem Monat für angemessen. Spätestens dann sollte der Schadenfall abgeschlossen sein. Die BaFin beruft sich bei der Festlegung dieses Zeitraums auf die einschlägige Rechtsprechung.
Die BaFin schränkt allerdings ein, dass in komplexeren Fällen auch längere Bearbeitungszeiten von Leistungsanträgen denkbar seien. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Versicherer zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen beispielsweise Sachverständigengutachten oder medizinische Untersuchungen einholen muss oder der Ausgang eines Strafverfahrens abgewertet werden muss.
BaFin lässt Ausreden nicht gelten
Viele Versicherer hatten in der Vergangenheit die langen Bearbeitungszeiten mit einem hohen Schadenaufkommen, einem hohen Krankenstand unter den Mitarbeitern oder dem Fachkräftemangel begründet. Argumente, die die Versicherungsaufsicht nicht gelten lässt: „Mangelnde Personalressourcen oder ein erhöhtes Schadenaufkommen können kein Grund für dauerhafte Verzögerungen in der Bearbeitung von Leistungsanträgen sein. Wir erwarten, dass die Versicherer zügig arbeiten“, machte BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens, zuständig für die Versicherungs- und Pensionskassenaufsicht, deutlich.
Zugleich machte sie deutlich, dass die BaFin das Leistungsverhalten der Versicherer weiter beobachten zu wollen. Bei Verzögerungen halte sich die BaFin die Möglichkeit offen, Sanktionen gegenüber den Unternehmen zu verhängen.
Gemäß Paragraph 298 VAG kann die BaFin „alle Maßnahmen ergreifen, die geeignet und erforderlich sind, um Missstände zu vermeiden oder zu beseitigen“.
„Die BaFin lässt sich von den Unternehmen detailliert über die Gründe von Leistungsverzögerungen und die Maßnahmen berichten, die geplant sind oder bereits getroffen wurden, um Bearbeitungsrückstände abzubauen. Die BaFin steht hierbei mit den Unternehmen im engen Austausch, überwacht den Mängelbeseitigungsprozess und erörtert – sofern erforderlich – die Problematik auch direkt mit den Verantwortlichen in den Unternehmen“, erläutert ein BaFin-Sprecher auf procontra-Nachfrage das Vorgehen der Behörden.
Sofern diese Maßnahmen nicht den erwünschten Erfolg bringe, könne die BaFin dann weitere Maßnahmen ergreifen, beispielsweise Missbilligungen aussprechen oder Anordnungen erlassen.