ELTIFs und OIS und die Feinheiten der offenen Fonds-Varianten
„Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat so viel Pinke-pinke, wer hat so viel Geld?“ Der Uralt-Schlager von Jupp Schmitz und Kurt Feltz ist aktueller denn je. Eine Mehrheit der Bürger will den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Der durch detaillierte Vorgaben geprägte Ansatz Deutschlands hat bereits mehr als 1 Billion Euro gekostet – und wird bis 2035 nochmals 1.214 Milliarden Euro verschlingen.
Private Lückenfüller
Letzteres hat jetzt eine Analyse des Beratungsunternehmens EY gemeinsam mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ergeben. Nur über den Staatshaushalt lasse sich so viel Geld nicht aufbringen. „Wir können uns dabei nicht allein auf öffentliche Mittel verlassen“, lässt sich Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, in einer Pressemitteilung zitieren. Sie stellt klar: „Mehr denn je gilt es, privates Kapital zu gewinnen.“
Eben diese Finanzierungslücke ist der Grund, weshalb es der Gesetzgeber neuerdings auch Privatanlegern ermöglicht, mit neuen Anlageprodukten in Solar- und Windparks, aber auch Ladeinfrastruktur und Speichertechnologie zu investieren. Bisher standen dafür nur geschlossene Alternative Investmentfonds zur Verfügung. Neuerdings geht das auch mit offenen Infrastruktur-Sondervermögen (OIS) und Europäische Langfristinvestmentfonds in geänderten Fassung (ELTIF 2.0)
Eine Frage der Liquidität
Ein zentraler Unterschied zwischen den drei Anlageklassen ist die Liquidität, also wie schnell und einfach Anleger aus einem Produkt auch wieder austeigen können, wenn sie wider Erwarten doch an ihr Geld ranmüssen oder sich das Investment nicht wie erwartet entwickelt. Bei geschlossenen Alternativen Investmentfonds heißt es in der Regel „mitgegangen, mitgefangen“. Ein Ausstieg vor Ablauf der oft sieben- bis zehnjährigen Laufzeit ist nicht vorgesehen und allenfalls über den Zweitmarkt mit Nachlass auf den Wert möglich. Ob Anleger das Risiko der langen Laufzeit eingehen möchten und können, müssen sie genau prüfen – im Idealfall nach einer gründlichen Beratung. Zwei aktuelle Investmentmöglichkeiten sind laut der Ratingagentur Scope der BVT Concentio Energie & Infrastruktur II sowie der HEP-Solar Green Energy Impact Fund 1. Der BVT-Fonds verlangt eine Mindestanlage von 10.000 Euro, was für die meisten Privatanleger zu viel sein dürfte. Beim HEP-Fonds ist eine Beteiligung ab 5.000 Euro möglich.
OIS vs. ELTIF
Auch die feinen Unterschiede zwischen den beiden offenen Fonds-Varianten sollten Berater kennen. Zunächst werden ELTIF EU-weit vertrieben, während OIS sich auf Deutschland beschränken. Bei ELTIF sind zwar wichtige Anlagegrenzen gefallen. In ELTIF 2.0-Produkten kann jetzt jeder mit kleinen Beträgen investieren. Aber: Wichtige Merkmale wie Mindesthaltedauer, Rücknahmehäufigkeit, Kündigungsfrist sowie Mindest- und Höchstprozentsatz an liquiden Mitteln dürfen die Manager auf den jeweiligen ELTIF abstimmen. Zudem dürfen ELTIF neben Infrastruktur auch in Private Equity, Private Debt und andere Realwerte investieren. Berater müssen also genau hinschauen, was sie da vermitteln. Anbieter von ELTIF 2.0 mit Privatanlegerzugang sind M&G Investments, Swiss Life, Union Investment und SEB. Commerz Real bietet seit 2020 den Klimavest an, verlangt zunächst aber immer noch eine Mindestanlage von 10.000 Euro, so ein Sprecher.
Kaum weniger kompliziert sind OIS. Analog zu offenen Immobilienfonds müssen Anleger die Fondsanteile mindestens 24 Monate halten und deren Verkauf 12 Monate im Voraus ankündigen. Zudem erfolgt die Rückgabe nur an bis zu zwei festgelegten Terminen pro Jahr. Diese Regeln schreibt der Gesetzgeber vor. Ebenso 10 Prozent Mindestliquidität und 10 Prozent Höchstanteil einer einzigen Infrastruktur-Projektgesellschaft, also zum Beispiel an einem Solarpark. Laut Scope gibt es im Markt bisher zwei OIS: DWS Infrastruktur Europa und KGAL Klimasubstanz. Beide Vehikel sind offen für Privatanleger und institutionelle Investoren wie Banken und Versicherungen.
5 Prozent Rendite
Der DWS-Fonds investiert überwiegend in erneuerbare Energien. Die erste Akquisition war im August 2023 der Solarpark Klettwitz-Süd in der Lausitz. Im April kamen drei Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Spanien hinzu. Weitere Anlageziele wie Logistik-, Verkehrs- sowie digitale und soziale Infrastruktur ergänzen das Portfolio. Wie Fondsmanager Peter Brodehser auf Anfrage bestätigt, strebt das Sondervermögen eine Rendite nach Kosten von 4 bis 5 Prozent pro Jahr an. Anleger könnten ab 50 Euro einsteigen. Seit der Auflage vor einem Jahr sei das Fondsvolumen auf 350 Millionen Euro gewachsen.
KGAL hat den Klimasubstanz gemeinsam mit Universal Investment Ende 2023 aufgelegt. „In Kürze werden wir den Ankauf des ersten Projekts, ein Windpark in Norddeutschland, abschließen“, sagt Michael Kohl, Leiter des Bereichs Offene Investmentfonds bei KGAL, gegenüber procontra. Investments in mehrere Solarparks befänden sich in der Anbahnung. Die angepeilte jährliche Rendite nach BVI-Methode liege bei 4 bis 5,5 Prozent. Anteile seien ab 25 Euro zu haben.
Vertrieb über Dritte
Der Vertrieb der Energiewende-Produkte läuft bisher zum Großteil über Banken. Die Erschließung weiterer Wege ist in Arbeit, heißt es bei den Anbietern. Die Anbindung an Partnernetze und Plattformen sei mit technischem und organisatorischem Aufwand verbunden und gehe Schritt für Schritt voran. Die beiden genannten OIS sind den jeweiligen Angaben zufolge mittlerweile auch an die Fondsdepot Bank angebunden, sodass eine Abwicklung im Drittvertrieb möglich ist.
Insgesamt sind Infrastruktur-Investments eine interessante Möglichkeit für Privatanleger, an den Renditechancen der Energiewende teilzuhaben. Ohne ihr Kapital wird der Umbau der Wirtschaft nicht gelingen. Die Vertriebsstrukturen für freie Vermittler und andere Dritte entwickeln sich gerade. Hier entsteht ein neues Geschäftsfeld, das auch Beratern große Chancen eröffnet
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