Restriktionen entfallen Anfang 2024

ELTIF: Erst Fehlstart, jetzt Durchstart!?

Die Erwartungen waren riesig, der Erfolg mehr als mäßig; Nun wurden bei den sogenannten ELTIFs, europäischen langfristigen Investmentsfonds, unnötige Anlagerestriktionen abgeschafft. Erfüllen sich nun die Erwartungen?

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15:08 Uhr | 28. August | 2023
ELTIF

ELTIF können unter anderem in Infrastrukturprojekte investieren. Durch den Wegfall von Zugangsbeschränkungen könnte ihre Beliebtheit nun merklich steigen.

| Quelle: Artur Nichiporenko

Die Idee hinter dem European Long-Term Investment Fund (ELTIF) klingt vielversprechend. Der Fonds verfolgt zwei Ziele. Zum einen soll es Anlegern einfacher fallen, in alternative Anlagen wie Infrastrukturprojekte oder Private Equity zu investieren. Vorteilhaft für die Risikotoleranz, da solche Investments weniger schwankungsanfällig sind als etwa Aktien. Ihre Renditen korrelieren auch nicht mit denen von Aktien und Anleihen, was gut für die Diversifikation ist. Zum anderen soll der ELTIF einen politischen Zweck erfüllen, die Finanzierung des „Green Deals“ der EU. Für die Vergrünung der Wirtschaft will die EU auch Milliarden von Privatkunden mobilisieren. Dabei eignet sich ein auf grüne Stromanlagen fokussierter ELTIF als ein ideales Vehikel.

Doch der 2015 gegründete ELTIF erlebte einen Fehlstart in Deutschland. Die Nachfrage blieb weit hinter den Erwartungen in Milliardenhöhe, und daher kamen auch kaum Produkte auf den Markt. Grund dafür waren Anlagerestriktionen, die das Vehikel für Privatanleger unattraktiv machten. Dazu gehörte eine Mindestanlagesumme von 10.000 Euro sowie die Bedingung, dass der Kunde zu nicht mehr als 10 Prozent seines Vermögens investiert sein könnte, wenn dieses weniger als 500.000 Euro betrug.

Konstruktionsfehler erkannt

Die EU hat den Konstruktionsfehler inzwischen erkannt, sodass die Restriktionen ab Januar 2024 komplett entfallen. Dieser „ELTIF 2.0“, begeistert die Fondsanbieter, und mindestens sechs neue Produkte sollen in Deutschland vertrieben werden. Einer der Anbieter, Aquila Capital aus Hamburg, will bereits im Herbst einen ELTIF lancieren, der sowohl in grüne Stromanlagen als auch in Speichertechnik investiert.

Laut Christian Humlach, Leiter Wholesale Vertrieb für Deutschland bei Aquila Capital, strebt der Fonds eine jährliche Nettorendite von 5 bis 6 Prozent an. Bis die Restriktionen im Januar wegfallen, beträgt die Mindestanlagesumme für den Aquila-ELTIF 10.000 Euro. Auch Union Investment will im ersten Quartal 2024 mit einem Infrastruktur-ELTIF starten (siehe Tabelle).

ELTIFs in Planung in Deutschland

Asset Manager

Produktbeschreibung

Zeitpunkt

Aquila Capital

Infrastruktur-ELTIF, Fokus auf. grüne Energien wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie. Produkt ist semi-liquide und als Artikel 9 qualifiziert

Spätsommer/ Herbst 2023

J.P. Morgan Asset Management

Aufbau einer ELTIF-Plattform

keine Angaben

Muzinich

Private-Debt-ELTIF

Zweites Halbjahr 2023

Partners Group (Luxembourg) S.A.

Zwei neue ELTIFs

Ende 2023

UBS

Ein Infrastruktur-ELTIF und ein Real-Estate-ELTIF. Beide semi-liquide Produkte sollen als Artikel 8 vertrieben werden

Ende 2023

Union Investment

Infrastruktur-ELTIF, semi-liquide Struktur

Anfang 2024

Quelle: Scope Fund Analysis, Europäische ELTIF-Studie (März 2023)

Hohes Marktpotenzial

Scope-Analystin Andrea Vathje sieht den ELTIF acht Jahre nach seinem Start als endlich entfesselt und geht von einem Marktvolumen in Europa von mindestens 35 Milliarden Euro (derzeit: rund 11 Milliarden Euro) bis 2028 aus. „Der ELTIF eignet sich gut als Beimischung im Portfolio, weil er ordentliche Renditen relativ unabhängig von der Kapitalmarktentwicklung bieten kann und auch einen gewissen Inflationsschutz hat“, so Vathje im Gespräch mit procontra.

Ein Beispiel von jenem Inflationsschutz nennt Timo Werner, Manager des ELTIF-Marktführers in Deutschland, KlimaVest. „Wir erwerben Wind- und Solarparks, damit wir wiederum grünen Strom über staatliche geförderte Einspeisevergütungen, Direktvermarktung oder über Stromabnahmeverträge an Unternehmer und Versorger verkaufen können. Eine gestiegene Inflation führt mittelbar auch zu steigenden Strompreisen, wovon unsere Anleger partizipieren“, sagt er.

Auch vor ELTIF 2.0 hat KlimaVest, drei Jahre nach Auflegung, bereits 1,2 Milliarden Euro einsammeln können und verfügt damit über einen Marktanteil von 60 Prozent. Werner führt dies in erster Linie auf das wachsende Interesse in Deutschland an Nachhaltigkeit zurück. KlimaVest gilt auch rechtlich als Artikel 9, bzw. Impact-Fonds und hat mit Nettorenditen von über 3 Prozent, einem niedrigen Risiko und einem Fokus auf Nachhaltigkeit, bislang genau das umgesetzt, was sich die EU mit dem ELTIF zunächst vorstellte. Mit ELTIF 2.0 dürfte das in Brüssel konzipierte Projekt noch besser laufen.