Der Megatrend Nachhaltigkeit krempelt die Welt der Banken, Vermögensverwalter und Versicherer um. Daran ließen einem Bericht der Börsen-Zeitung zufolge die Teilnehmer der PwC Luxembourg Sustainable Week, die Ende September in dem Großherzogtum stattfand, keinen Zweifel. Immer mehr neue Produkte und neue Instrumente im Bereich der grünen und nachhaltigen Finanzen kämen auf den Markt – auch in den kommenden Jahren. Für die weitere Entwicklung gebe es vor allem zwei Treiber für ESG, also für Environment, Social und Governance: Aufsichtsrechtliche Anforderungen und das Interesse von Kunden am Thema ESG.
Nur Marketing reicht nicht
Dem Medienbericht zufolge sagte unter anderem Jürgen Weigand, Professor an der WHU Otto Beisheim School of Management, dass Finanzdienstleister in Sachen Nachhaltigkeit ihre eigenen, vorausschauenden Strategien entwickeln müssten, die sowohl an den neuen Vorschriften als auch an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet sind.
Und Christian Underwood, Mitbegründer und Chef der Softwarefirma Strategy Frame betonte: Es könne keine ESG-Strategie geben, die sich nur auf das Marketing konzentriert. Sie müsse auch in die Geschäftsstrategie integriert werden. Die gesamten Ausführungen lassen sich vielleicht ganz treffend in zwei Sätzen zusammenfassen: Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben. Und ESG revolutioniert die Finanzbranche.
Boom bei grünen Investmentfonds
Die Revolution lässt sich anhand von Zahlen ablesen. Für nachhaltige Investmentfonds liefert der Marktbericht 2022 des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) folgende Informationen:
16,7 Prozent: Demnach beträgt der Anteil nachhaltiger Publikumsfonds an der Gesamtsumme der Publikumsfonds bereits 16,7 Prozent. Das Volumen aller Fonds und Mandate, also auch von institutionellen Anlegern, lag Ende 2021 bei 4,3 Milliarden Euro – ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nachhaltige Produkte und Mandate sind um 65 Prozent gewachsen und kommen damit auf einen Anteil von 9,4 Prozent am deutschen Gesamtfondsmarkt.
230 Prozent: Das Anlagevolumen privater Anleger verdreifachte sich 2021 auf 131,2 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstum von 230 Prozent. Die EU-Regulatorik wird für zusätzliche Dynamik sorgen. Bei Privatanlegern ist insbesondere MiFID II zu nennen, denn die Richtlinie wird das Wachstum mit der verpflichtenden Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden in der Anlageberatung vermutlich weiter beschleunigen, berichtet das FNG.
130 Prozent: Besonders stark war das Wachstum 2021 bei nachhaltigen Publikumsfonds mit 130 Prozent. Verantwortlich hierfür waren Mittelzuflüsse und auf Nachhaltigkeit umgestellte Fonds. Die EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert nachhaltige Fonds nach Artikel 8 („grüne“) und Artikel 9 („dunkelgrün“). Laut FNG wurden 2021 rund 93 Prozent der nachhaltigen Publikumsfonds als Artikel-8-Fonds deklariert, bei den Mandaten und Spezialfonds 100 Prozent.
Nachhaltige Investmentfonds und Mandate in Deutschland (in Milliarden Euro)
(Auf die Grafik klicken, um zu vergrößern.)
Quelle: FNG Marktbericht 2022
Das nachhaltige Aktienfonds bei vielen Anleger auf Interesse stoßen ist weithin bekannt. In deren Windschatten wächst allerdings auch das Segment grüner und sozialer Anleihen stark.
Grüne Anleihen liegen voll im Trend
Der erste Green Bond erblickte am 5. Juli 2007 das Licht der Welt. Emittent war die Europäische Investitionsbank, die bis heute weltweit zu den größten Emittenten gehört. Gut 14 Jahre später stand bei grünen Anleihen weltweit ein Volumen von fast 1,1 Billionen Euro aus. Dies geht aus dem Green Bond Monitor der Deutschen Bundesbank hervor. Die Erlöse aus der Emission grüner Anleihen sind für Projekte bestimmt, die der Umwelt zugutekommen.
In Relation zum Gesamtmarkt ist das Volumen aber immer noch gering. Laut Bundesbank entsprechen die genannten 1,1 Billionen Euro einem Anteil von 0,9 Prozent des Volumens aller ausstehender Anleihen. Dennoch: Das Wachstum bei grünen Anleihen ist zwar enorm. Zum Beispiel betrug das Emissionsvolumen im September 2021 bereits 358 Milliarden Euro. Im gesamten Jahr 2020 nahmen die Emittenten 252 Milliarden Euro neu bei Investoren auf.
Quelle: Deutsche Bundesbank
Bedeutung sozialer Anleihen nimmt zu
Laut Rentenresearch der DZ Bank ist auch die Bedeutung von Sozialanleihen (Social Bonds) in den vergangenen Jahren gestiegen. Mit der Kreditaufnahme durch Social Bonds sollen Projekte mit positiver gesellschaftlicher Wirkung erzielt werden und eine Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen beheben. Aktuell haben 24 Prozent aller begebenen nachhaltigen Euro-Anleihen eine soziale Dimension. Infolge des Ukraine-Kriegs könnten sich nun neue Einsatzgebiete ergeben, berichten Tobias Gruber und Torsten Hähn, beide von der DZ Bank, in einem Gastbeitrag für die Börsen-Zeitung.