Gewinnen offene Immobilienfonds wieder an Attraktivität?
„Zukunft ist gut für alle“ – mit diesem Slogan zog einst der von der „Harald Schmidt Show“ ins Leben gerufene Spaßpolitiker Udo Brömme in diverse Wahlkämpfe. Um die Zukunft in die richtigen Bahnen zu lenken, braucht es aber politische Weichenstellungen. Eine davon ist das Zukunftsfinanzierungsgesetz, das das Bundeskabinett im August auf den Weg gebracht hat.
Unter der Prämisse, den Finanzmarkt Deutschland attraktiver machen zu wollen und gleichzeitig die Finanzströme mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang zu bringen, soll es für offenen Immobilienfonds (OIF) zukünftig leichter sein, in Erneuerbare Energien zu investieren. Konnten Fonds bislang zwar auch jetzt schon die eigenen Immobilien mit Solarpaneelen bestücken, soll es ihnen bald erlaubt sein, auch dann in Anlagen zu investieren, „wenn kein unmittelbarer baulicher Zusammenhang zu einem Gebäude besteht“. Statt wie bislang auf sogenannte „Aufdachanlagen“ beschränkt zu sein, können die OIF auch Grundstücke erwerben, auf denen sich ausschließlich Biogasanlagen, Windräder oder Solarpaneele befinden.
Beimischung zum Portfolio
Um den Charakter der Fonds als Anlagevehikel für Immobilien-Investments zu erhalten, dürfen die Fonds jedoch maximal 15 Prozent ihres Vermögens in Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren. Bei Schwergewichten wie dem „Deka-ImmobilienEuropa“ (Nettofondsvermögen zum 30. April 2023: 18 Milliarden Euro), dem „hausInvest“ (17,5 Milliarden) oder dem „UniImmo: Deutschland“ (16,6 Milliarden) kommen hier jedoch Anlagevolumina von jeweils über zwei Milliarden Euro zustande.
Es bleibt dennoch bei einer Beimischung zum Portfolio. Diese bezeichnet Sonja Knorr, Analystin bei der Rating-Agentur Scope, jedoch als sinnvoll. „Die Fonds haben dadurch die Möglichkeit, Teile ihres Portfolios mit eigenem Strom zu versorgen und so ganz andere Preismodelle zu fahren.“ Mietern – sowohl Gewerbetreibenden als auch Privatpersonen – könnte der erzeugte Strom zu vergünstigten Konditionen zur Verfügung gestellt werden, wodurch die Attraktivität der jeweiligen Immobilien steigt.
Eine kostspielige Einarbeitung in das neue Marktsegment ist oftmals nicht notwendig: „Einige der Fondsanbieter haben sowohl eine langjährige Expertise im Immobilien-, als auch im Renewables-Bereich. Sie müssen diese folglich nicht erst aufbauen und zukaufen“, weiß Knorr.
Branche reagiert wohlwollend
In der Branche selbst fallen die Reaktionen auf den Gesetzesentwurf bei einigen Gesellschaften positiv aus. „Sollte das Gesetz in der Form auch von der Legislative verabschiedet werden, so werden wir unser jahrelanges Know-how im Bereich der erneuerbaren Energien nutzen, um die neuen Möglichkeiten für uns so rasch wie möglich auszuschöpfen“, ließ Mario Schüttauf, Fondsmanager des HausInvest (CommerzReal), kurz nach dem Kabinettsbeschluss mitteilen.
Wohlwollend ist auch die Reaktion der DWS, die mit dem „grundbesitz europa“, dem „grundbesitz Fokus Deutschland“ und dem „grundbesitz global“ gleich drei OIF am Markt platziert hat. „ Die zusätzlichen Investitionsmöglichkeit bieten Offenen Immobilienfonds weitere Opportunitäten, die bei uns bereits breit diversifizierten Portfolios noch stärker zu diversifizieren“, sagt Clemens Schäfer, Head of Real Estate APAC & EMEA. Und: „Auf der Renditeseite sehen wir Investitionen in Erneuerbare-Energie-Anlagen als interessant an im Hinblick auf die Cash-Flows.“
Andere Anbieter zeigen sich hingegen zurückhaltender: EE-Anlagen kommen für sie zwar infrage, jedoch nur in Verbindung mit bestehenden Immobilien. Während die Swiss Life noch keine Entscheidung kommunizieren möchte, will man bei Union Investment zwar in Aufdachanlagen investieren, nicht jedoch in Erneuerbare-Energie-Parks. In die gleiche Richtung tendiert auch die Deka für ihre Fonds. Auch bei Industria Wohnen verweist man auf Aufdachanlagen im Portfolio, beispielsweise beim im Bau befindlichen Wolfsburger Wohn- und Gewerbekomplex „The Plus“. „Wir werden unserem Publikumsfonds Fokus Wohnen Deutschland keine reinen Erneuerbare-Energien-Investments beimischen“, teilt Industria-Geschäftsführer Arnaud Ahlborn mit.
Profitieren auch Anleger?
Doch profitiert der Anleger auch unmittelbar von den EE-Investments und nicht nur via attraktiverer Immobilien im Portfolio? „Historisch rentieren Immobilien wesentlich geringer als ein Wind- oder Solarpark“, weiß Knorr. Ob dieser Rendite-Bonus auch zukünftig Bestand hat, werde sich aber erst noch zeigen müssen. Das Angebot an Bestandsanlagen mit attraktiven Einspeisevergütungen ist knapp und umkämpft, Neuentwicklungen scheinen deshalb die realistischere Option. Doch welche Preismodelle hier den größten Erfolg versprechen, gilt es erst einmal auszutarieren und bestmöglich zu kalkulieren – wer hier die größte Expertise vorweisen kann, hat einen gewichtigen Faktor auf seiner Seite.
„Offene Immobilienfonds werden durch den erweiterten Anlagefokus nicht zur Rendite-Rakete werden oder plötzlich einen Nachfrage-Boom erleben“, glaubt Knorr. Zu schwer wiegen der vielerorts feststellbare Büro-Leerstand, rückläufige Immobilienbewertungen, die Zinswende und renditeträchtigere Anlagealternativen, die die durchschnittliche jährliche Rendite der OIF von 2,5 bis 3 Prozent in den Schatten stellen.
Dennoch bekommen die Fondsmanager durch die neuen Anlageoptionen ein interessantes Werkzeug in die Hand. Damit kann es ihnen nicht nur gelingen, die Fonds nachhaltiger zu präsentieren, sondern auch Mieter zu halten und ihnen attraktive Konditionen beim Strombezug anzubieten. „So können die offenen Immobilienfonds auch zukünftig ein stabiles und attraktives Investment bleiben“, ist Knorr überzeugt.