Kolumne

Infrastrukturinvestments: Günstige Einstiegspreise für Investoren

Bis 2040 werden weltweit 81 Billionen Euro für Energie und Infrastruktur benötigt. Der Bedarf an Investitionen ist riesig. Doch die Investoren hielten sich in letzter Zeit stark zurück. Nun bieten sich günstige Einstiegschancen. Eine Kolumne von Dr. Rainer Kreuzer.

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05:12 Uhr | 20. Dezember | 2024
Kolumne

Dr. Rainer Kreuzer

| Quelle: Dr. Rainer Kreuzer

Veraltete Schienennetze, kaputte Straßen und zusätzlich die Energiewende. Solar- und Windkraftanlagen, neue Leitungstrassen und der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Der Bedarf an Investitionen ist riesig. Doch die Investoren hielten sich in letzter Zeit stark zurück. Das hat die Preise für Beteiligungen deutlich nach unten gedrückt. Nun bieten sich günstige Einstiegschancen.

„Erste Anzeichen zeigen, dass der Tiefpunkt erreicht ist“, konstatiert David Pecher, Senior Investment Manager Infrastructure Equity bei MEAG, in einem Gastkommentar für e-fundsresearch.com. Im vergangenen Jahr hätten Infrastrukturfonds weltweit rund 80 Prozent weniger Kapital eingeworben als 2022. Ein gewaltiger Crash also, was das Fundraising betrifft. Weniger Nachfrage, günstige Preise. „Der Effekt der Kapitalknappheit zeigt sich konkret in der besseren Verhandlungsposition der Eigenkapitalgeber“, hat Pecher beobachtet. „2024 ist also ein klarer Käufermarkt.“

Inflation und Pandemie wirken noch nach 

Die Nachfrageflaute für Infrastrukturinvestments gründet allerdings nicht auf schlechten Renditezahlen oder besorgniserregender Volatilität, sondern primär auf externen Entwicklungen im Makroumfeld. Wegen der Inflation im Anschluss an die Covid-19-Pandemie und den Kriegsbeginn in der Ukraine stiegen 2023 die Leitzinsen und damit auch die Einlagezinsen rasant nach oben. Da aber Stromnetze, Energieanlagen oder Hafenbeteiligungen erst in der Zukunft ihre größten Gewinne abwerfen, wirkte der Abzinsungseffekt negativ auf die Investitionsbereitschaft. Zudem wurden die Kredite für neue Projekte wie auch für AIF teurer.

Denominator-Effekt

Druck nach unten kam auch durch den Denominator-Effekt, der sich vor allem bei großen Portfolios institutioneller Investoren bemerkbar macht, denn diese nehmen die Allokation ihrer Assetklassen oft nach festen Proportionen vor. Da mit steigenden Zinsen liquide Anleihebestände an Wert verlieren, steigt rechnerisch der relative Anteil illiquider Assets wie Energie und Infrastruktur in den Portfolios. Neue Investments in diese Bereiche waren 2023 dann kaum noch möglich, eher Abverkäufe, um die Quoten einzuhalten. Hohe Zinsen und der Denominator-Effekt waren nach Ansicht von Pecher somit die Hauptursachen für die Zurückhaltung der Investoren. „Experteninterviews sowie Marktdaten und Prognosen deuten jedoch darauf hin, dass sich die Marktsituation im Zuge der weiteren erwarteten Zinssenkungen schnell erholen wird“, betonen die Referenten Sina Nennstiel und Florian Bucher vom Bundesverband Alternative Investments (BAI) in einer gemeinsamen Markteinschätzung.

 Künftiges Wachstum erwartet

„Infrastrukturanlagen schneiden in der Regel besser ab als globale Aktien, wenn die Zinsen ihren Höchststand erreicht haben. Das Erreichen des aktuellen Zinshochs bietet erhebliche Chancen“, wird Shane Hurst, Portfoliomanager bei ClearBridge Investments, im Magazin „Cash“ zitiert. Aktuell sieht er günstige Bewertungen im Segment. „Im Bereich der erneuerbaren Energien werden viele Aktien derzeit zu Kursen gehandelt, die nur die bestehenden, in Betrieb befindlichen Anlagen berücksichtigen, nicht aber den Wert des zukünftigen Wachstums.“

Kauflaune ist bei institutionellen Investoren wieder gestiegen 

Das erforderliche Wachstum der erneuerbaren Energien in Deutschland erscheint gewaltig, um bis 2045 das gesetzliche Ziel der Klimaneutralität erreichen zu können. Studien am Fraunhofer-Institut ISE zeigen einen Investitionsbedarf von zwei bis drei Billionen Euro für den Ausbau erneuerbarer Energien samt Speichern und Stromnetzen. Auf globaler Ebene geht es laut dem Infrastrukturausblick der führenden Industrie- und Schwellenländer G20 sogar um einen Kapitalbedarf von rund 93 Billionen Euro, die bis zum Jahr 2040 für weltweite Investitionen in Infrastrukturprojekte erforderlich werden. Für Investoren bieten sich jetzt aussichtsreiche Chancen. Die Kauflaune der institutionellen Anleger ist zuletzt wieder deutlich gestiegen.

Infrastruktur- Investments besser in schwierigen Marktphasen 

„Die klare Mehrheit der befragten institutionellen Investoren will ihre Allokation in Infrastruktur-Equity und Infrastruktur-Debt erhöhen“, berichten Nennstiel und Bucher auf Grundlage des BAI-Stimmungsbarometers. Gegenüber anderen alternativen Anlageklassen hätten Infrastruktur- Investments in schwierigen Marktphasen die Erwartungen der Investoren besser erfüllen können. Assets in diesem Segment sind zudem kaum zyklisch und somit relativ stabil. „Die kalkulierbaren Renditen mit vorhersehbaren Zahlungsströmen über einen langfristigen Zeitraum locken Investoren“, erwartet Johannes Maier, Portfoliomanager bei Bantleon. Auch die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien dürfte das Interesse an erneuerbaren Energien und Infrastruktur künftig wieder stärken.

Der hohe Kapitalbedarf für künftige Investitionen ist längst auch Thema in der scheidenden Bundesregierung. So hat das Finanzministerium bereits im Mai einen Diskussionsentwurf zur Förderung von Investitionen in Fonds für erneuerbare Energien und Infrastruktur veröffentlicht. Damit sollen mehr private Mittel für den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur mobilisiert werden. Wie es nun nach dem Aus der Ampel-Koalition damit weitergeht, ist ungewiss. Die Chancen für Investoren dürften durch einen Regierungswechsel aber kaum gemindert werden.

Der Artikel erschien ebenfalls im BVT-Investorenmagazin "Institutional Quarterly", das von Alssterpree herausgegeben wird.