„Im Fall der Deutschen Telekom ist das Motto: Boring is beautiful"
procontra:
Der DAX ist in diesem Jahr um über 3.000 Punkte gestiegen. Welche Aussage lässt das Ihrer Meinung nach über die deutsche Wirtschaft zu?
Tom Ackermans:
So wie der Index zusammengesetzt ist, haben wir es im Dax mit globalen Unternehmen wie z.B. SAP oder Allianz zu tun. Deswegen lassen sich aus der Dax-Entwicklung kaum unmittelbare Rückschlüsse auf die deutsche Wirtschaft schließen.
Es ist zudem wichtig zu sehen, dass SAP allein mit einer bisherigen Jahresperformance von 48 Prozent erheblich zum Anstieg des DAX beigetragen hat. Im Laufe des Jahres hat der Markt mehr Vertrauen in SAPs Cloud-Transformationsplan gewonnen und den Wert erkannt, den dies in den kommenden Jahren für die Aktionäre schaffen wird.
Die Herausforderungen Deutschlands spiegeln sich wohl eher in den deutschen Mid- und Small-Cap-Indizes in diesem Jahr wider. Deren Performance war nämlich deutlich schwächer.
procontra:
Durch den Sieg Donald Trumps sind zuletzt in den USA die Kurse zahlreicher Aktien stark gestiegen. Inwieweit hat der Trump-Sieg in Amerika auch hierzulande die Aktienentwicklung beeinflusst?
Ackermans:
Das Bild ist gemischt. Unternehmen, die potenziell höheren Zöllen oder einem eskalierenden globalen Zollkrieg ausgesetzt wären, wie beispielsweise Automobilhersteller, gerieten unter Druck. Gleiches gilt für Unternehmen, die in der Entwicklung erneuerbarer Energien tätig sind.
Andererseits profitierten Unternehmen, die über viel Geschäft in den USA verfügen. Das gilt beispielsweise für die Deutsche Telekom.
procontra:
Vor allem die Siemens Energy-Aktien sowie Rheinmetall-Aktien gehörten in diesem Jahr zu den großen Gewinnern. Beide Titel sind in ihrem Portfolio nicht/nur gering vertreten. Warum haben Sie hier nicht zugegriffen?
Ackermans:
Siemens Energy ist keine Top-10-Position im Fonds, war aber das ganze Jahr über übergewichtet und hat positiv zu unserer Gesamtperformance beigetragen. Das Unternehmen ist gut positioniert, um von der globalen Energiewende zu profitieren. Fortschritte beim operativen Turnaround bei der Windenergie kommen hinzu.
procontra:
Stattdessen ist die einstige Volksaktie der Deutschen Telekom am stärksten in ihrem Portfolio vertreten. Welches Potenzial sehen Sie hier?
Ackermans:
Telekommunikationsaktien gelten oft als etwas langweilig. Aber im Fall der Deutschen Telekom ist das Motto: „Boring is beautiful" Neben seinen Aktivitäten in Deutschland genießt DT durch seine Tochtergesellschaft T-Mobile US eine sehr starke Marktposition im US-amerikanischen Mobilfunkmarkt. Nach der erfolgreichen Integration der Sprint-Übernahme und erheblichen Investitionen in sein Netzwerk verzeichnet T-Mobile US ein gutes Wachstum und, was besonders wichtig ist, eine sehr starke Generierung von freiem Cashflow. Dies ermöglicht es DT wiederum, eine attraktive Dividende zu finanzieren. Ein signifikantes Aktienrückkaufprogramm dürfte zudem in den nächsten Jahren an Fahrt aufnehmen.
procontra:
2025 dürfte ein herausforderndes Jahr werden: Trump droht mit hohen Zöllen, die auch deutsche Unternehmen treffen dürften. Die deutschen Autobauer dürften auch in China verstärkt unter Druck geraten, zudem wird in der Ukraine immer noch gekämpft und voraussichtlich im Februar wird eine neue Bundesregierung gewählt. Wie viel Potenzial steckt Ihrer Meinung nach angesichts dieser Gemengelage im kommenden Jahr im DAX? Und in welchen Wirtschaftssegmenten ist es am größten?
Ackermans:
Es stimmt: Wirtschaftlich gesehen ist für 2025 vieles denkbar. Von diesem Umfeld lassen wir uns als Fondsmanager aber nicht beirren und bleiben unserem Ansatz treu. Das heißt qualitativ hochwertige Unternehmen halten, die ihre Gewinne über viele Jahre hinweg nachhaltig steigern können. Wir vermeiden weiterhin Unternehmen mit strukturellen Problemen oder solche, die einem erheblichen Anstieg des Wettbewerbsdrucks ausgesetzt sind, wie beispielsweise die Automobilhersteller.
Aus einer Sektorallokationsperspektive haben wir unsere Übergewichtungen in den Bereichen Gesundheitswesen, Kommunikationsdienste, Informationstechnologie und Industrie beibehalten und bleiben in den Bereichen Autos und Chemie untergewichtet.