Gutachten der Bürgerbewegung Finanzwende

Offene Immobilienfonds stehen erneut im Kreuzfeuer der Kritik

Die Abwertung einiger Immobilienfonds war im vergangenen Jahr für zahlreiche Anleger wie ein Schock. Ein neues Gutachten der Bürgerbewegung Finanzwende formuliert nun harte Vorwürfe gegen die Fondsbetreiber.

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12:01 Uhr | 17. Januar | 2025
Blick auf ein Hochhaus-Panorama

Ein neues Gutachten zieht die niedrige Risikoeinstufung offener Immobilienfonds in Zweifel.

| Quelle: Karl Hendon

Offene Immobilienfonds stehen seit einiger Zeit schwer im Feuer. Viele Anleger haben in den vergangenen Monaten ihre Anteile zurückgegeben. Laut Daten von Barkow Consulting summieren sich die Nettomittelabflüsse innerhalb der vergangenen 16 Monate auf über sechs Milliarden Euro. Die deutliche Abwertung des ZBI Immo Wohnen-Fonds kam für viele Anleger zudem als ein Schock und löste eine Debatte aus, ob die Fonds tatsächlich die risikoarme Anlageoption darstellen, als die sie häufig verkauft werden.

Nun gießt ein neues Gutachten, das der Journalist und Fondsexperte Stefan Loipfinger für die Bürgerbewegung Finanzwende erstellt, für neues Wasser auf den Mühlen der Kritiker. „Banken und Sparkassen verkaufen diese Fonds häufig gezielt an sicherheitsbewusste Kunden”, sagt Michael Möller, Referent für Verbraucherschutz bei Finanzwende.

„Leere Sicherheitsversprechen“

Dabei bestehen durchaus Risiken, wie die massive Abwertung einzelner Fonds in der Vergangenheit zeigen. Dies blieb jedoch bislang ohne Folgen: „Die Fonds werden weiter verkauft, mit den gleichen leeren Sicherheitsversprechen wie vorher”, so Möller.

Ein Vorwurf: Die Fondsanbieter sorgen gezielt für stabile Kursverläufe. Loipfinger, der für das Gutachten die zehn größten offenen Immobilienfonds beobachtete, dass die Werte in der Vergangenheit bei steigenden Immobilienpreise sanken, bei fallenden Immobilienpreisen indes sanken. „Das ergibt marktwirtschaftlich überhaupt keinen Sinn und legt den Verdacht nahe, dass die Werte in schlechten Zeiten schöngerechnet werden, während man die guten Zeiten dafür nutzt, um Überbewertungen auszugleichen”, sagt Loipfinger. 

Vom Sparkassenverband DSGV heißt es auf procontra-Nachfrage, man gehe davon aus, dass die Hersteller der Fonds die gesetzlichen Vorgaben der PRIIP-Verordnung einhalten. „Die Berechnung der Risikoindikatoren wurde seit der Einführung 2018 wiederholt von den Aufsichtsbehörden untersucht: Dabei gab es Klarstellungen zu einzelnen Punkten, aber keine Hinweise auf fehlerhafte Berechnungen“, so ein Sprecher. Auch habe die Bundesregierung bei der Überarbeitung der PRIIP-Verordnung im Rahmen der Retail Investment Strategy bislang keine Notwendigkeit gesehen, die gesetzlichen Vorgaben zu den Risikoindikatoren anzupassen. „Auch dies stützt unsere Sichtweise, dass die Risikoindikatoren gut funktionieren.“

Eine pauschale Eingruppierung in die Risikoklasse 1 hält Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IRE|BS International Real Estate Business School, indes nicht für angemessen. Gerade der Fall des ZBI Immo Wohnen-Fonds hätte gezeigt, dass es sehr wohl Risiken gebe, die sich für die Anleger realisieren könnten, erklärte Sebastian vor einiger Zeit im Gespräch mit procontra.

Entsprechend sei Anlegern zu empfehlen, nur einen Teil ihres Vermögens in offene Immobilienfonds zu investieren, „und dann sollte man diesen Teil auch noch auf mehrere Fonds aufteilen. Ein guter Vertrieb müsste hierzu auch raten.“

Wie wahrscheinlich sind weitere Abwertungen?

Kommt es auch in diesem Jahr zu weiteren Abwertungen? Sonja Knorr, Head of Alternative Investments bei Scope Funds Analysis, erklärt, dass dies vor allem davon abhänge, wie viele Anleger ihre Anteile zurückgeben wollen. Schließlich müssen die Fonds, für die Anleger vermehrt ihre Anteile losschlagen wollen, Gebäude aus ihrem Portfolio verkaufen, um so die benötigte Liquidität zu schaffen. Gelingt dies nicht zu den Buchpreisen, sind Abwertungen notwendig.

„Die Abwertungen betreffen die Fonds aber sehr unterschiedlich“, so Knorr. „Anleger sollten deshalb nicht alle Produkte über einen Kamm scheren.“

Für ein wenig Optimismus sorge zudem, dass sich trotz der noch immer schwierigen Situation der Immobilienmarkt beruhige.  

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