„Trumps Handelspolitik hängt wie ein Damoklesschwert über dem Markt“
procontra: Sie ermitteln und kommentieren das Stimmungsbild an zahlreichen Märkten weltweit. Was haben Sie als wesentliche Reaktionen auf die Anfang Februar von US-Präsident Trump festgelegten Importzölle gegenüber China, Mexiko und Kanada festgestellt?
Patrick Hussy: Grundsätzlich haben wir in unseren Erhebungen keinen „Schreckmoment“ oder dergleichen festgestellt in dem Sinne, dass die Stimmung eingebrochen wäre. Am Wochenende des 8./9. Februar haben wir die Konjunkturdaten weltweit für Februar erhoben. Sie besagen, dass es keinen nennenswerten Effekt aus den Zollankündigungen gibt. Die Anleger haben eher die Hoffnung, dass Trump Zölle als Druckmittel benutzt und daraus keine dauerhafte Zollbarriere entsteht. Dass also Trump – ein Dealmaker – etwas als Verhandlungsbasis braucht und es wieder zurücknimmt, wenn das Gegenüber einlenkt. Eine dauerhafte Zollbarriere wäre in der Tat ein Problem für die Märkte.
procontra: Die USA zum Beispiel zeigen laut dieser Erhebung ein „unverändert robustes Konjunkturbild“.
Hussy: Man muss eines dazusagen: Trump ist bislang von den Börsianern für die Kapitalmärkte positiv besetzt. Das ist völlig anders als zu seiner ersten Amtszeit. Damals hat man Trump eher kritisch gesehen, was wir auch in unseren Erhebungen verzeichnet haben. Heute gibt es eine völlig andere Sichtweise auf seine Präsidentschaft. Die Leute erwarten konjunktur- und wirtschaftsfreundliche und damit auch börsenfreundliche Einflüsse. Deswegen trauen vielleicht die Anleger Trump nicht zu, dass er dauerhaft Zölle als Handelshemmnis installiert, sondern sie eher als Manövriermasse sieht und als Drohgebärde nutzt.
Es können sich Fronten zwischen zwei Ländern verhärten, beispielsweise zwischen den USA und China, weil keiner in einem Handelskonflikt nachgibt.Patrick Hussy
procontra: Wie interpretieren Sie Trumps Handelspolitik?
Hussy: Eines ist klar: Je länger Zölle, die tatsächlich eingeführt werden, andauern, desto mehr und länger dürfte sich eine negative Entwicklung entfalten. Zölle sind wachstumsschädigend und inflationsfördernd, wenn sie längere Zeit anhalten. Wenn es zu dauerhaften Zöllen käme, wäre dies also ein großes Problem, auch für die USA. Zudem sieht man in unseren Erhebungen, dass die Anleger gerade die US-Aktienmärkte, insbesondere die Technologiewerte, als tendenziell teuer bewerten.
Das bedeutet, es gibt die Einstellung oder Überlegung, dass dort besser kein Sand ins Getriebe kommen sollte. Negative Entwicklungen wären solcher Sand im Getriebe. Trumps Handelspolitik hängt wie ein Damoklesschwert über dem Markt. Wenn es weggenommen wird, ist alles in Ordnung. Wenn das nicht geschieht, könnte es zu einem Problem werden.
procontra: Was bleibt also am besten zu tun?
Hussy: Man sollte das Thema Zölle eher über die Zeitachse sehen. Nicht als Event, an dem etwas passiert, sondern beobachten, ob sich mit der Einführung eines Importzolls im Zeitablauf etwas verhärtet. Es können sich Fronten zwischen zwei Ländern verhärten, beispielsweise zwischen den USA und China, weil keiner in einem Handelskonflikt nachgibt. Das wird mit der Zeit zu einem schädlichen Faktor.
procontra: Wie bewerten Sie die Zölle auf Aluminium und Stahl, die Trump erhoben hat?
Hussy: Hier ist zumindest ein Teilbereich herausgegriffen. Zölle sollen im Prinzip einen Markt schützen, der aus sich heraus nicht überlebensfähig ist. Das ist kontraproduktiv – und eine Abschottung von Märkten bedeutet letztlich ein Zurückdrehen der Globalisierung. In den vergangenen 30 Jahren hat es in der Welt eine Spezialisierung in verschiedenen Regionen gegeben: Die USA waren beispielsweise eher stark in IT, Europa tendenziell in Chemie und Maschinenbau, Asien in der Chipindustrie. Durch den Abbau von Handelshemmnissen gab es florierendere Wirtschaften und tendenziell eine preissenkende Wirkung. Jetzt haben wir das Gegenteil.
Handelshemmnisse wie jetzt die US-Importzölle auf Aluminium und Stahl wirken wie eine Steuer für die Käufer dieser Produkte. Die Zölle sollen die Inlandsnachfrage ankurbeln. De facto bedeuten sie aber letztlich eine Preissteigerung. Und da kommt Trump in einen Konflikt mit seinem Wahlversprechen, für dauerhaft niedrigere Preise zu sorgen. Trump wird das wissen und schon von daher keinen langen Handelskonflikt haben wollen. Er mag generell keine langen Konflikte. Das gilt meines Erachtens auch für Zölle.