PKV muss keine unbefristete Leistungszusage gewähren
Die private Krankenversicherung funktioniert in der Regel so: Wer die Dienste eines Arztes in Anspruch genommen hat, reicht die Rechnung für dessen Arbeit bei seinem Versicherer ein, der einem dann nach Prüfung des Leistungsantrags die angefallenen Kosten erstattet. Nun stellte sich vor dem OLG Saarbrücken (Az: 5 U 91/22, Urteil vom 19. Juli 2023) allerdings die Frage, ob ein Versicherer auch für zukünftige Leistungen, die noch gar nicht stattgefunden haben, eine Leistungszusage erteilen muss?
Der vor dem 5. Zivilsenat des Gerichts verhandelte Fall ist nicht ohne Tragik. Die Klägerin war im Alter von einem Jahr an Kinderlähmung erkrankt. Noch immer spürt sie die Folgen dieser Erkrankung, die sich unter anderem in der Lähmung des linken Beins, des rechten Arms sowie der rechten Hand zeigen. Mit zunehmendem Alter entwickelte die Frau zudem ein sogenanntes Post-Polio-Syndrom: Hierbei handelt es sich um ein Krankheitsbild, bei dem es regelmäßig zu einer Zunahme bereits vorhandener Lähmungen kommt. Diese können jederzeit auftreten und können nur mit Hilfe physikalischer und physiotherapeutischer Maßnahmen behandelt werden.
Mit ihrer privaten Krankenversicherung hatte sich die Frau in der Vergangenheit bereits schon mehrfach juristisch über die Frage gestritten, welche Behandlungen sie regelmäßig benötigt. Ein Gutachten aus dem Jahr 2019 kam zu dem Schluss, dass die PKV-Kundin unter anderem regelmäßig Krankengymnastik, eine schmerzlindernde und schmerztherapeutische Handlung sowie eine manuelle Lymphdrainage zur Behandlung eines Lymphödems benötige.
Forderung nach unbefristeter Leistungszusage
Für ihre jede Woche stattfindenden Behandlungen – Krankengymnastik, Massage und Fango, manuelle Lymphdrainage – verlangte die Frau von ihrem Krankenversicherer eine zeitlich unbefristete Leistungszusage. Die Verbesserung ihres Gesundheitszustands in einem solchen Maße, dass die dargestellten Behandlungen nicht mehr notwendig sein würden, sei medizinisch ausgeschlossen. Dass ihre Versicherung ihr immer nur zeitlich begrenzte Leistungszusagen gebe sowie immer wieder Unterlagen anfordere und Gutachten erstellen lasse, sei für sie unerträglich.
Der Versicherer lehnte das Ansinnen seiner Kundin allerdings ab. Man könne nicht für eine unbestimmte Zeit, möglicherweise gar Jahrzehnte, an eine Zusage gebunden werden, ohne in dieser Zeit jemals wieder den Gesundheitszustand der Frau überprüfen zu können geschweige denn zu untersuchen, ob die Behandlungen gemäß dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft noch medizinisch notwendig seien.
Vorab-Kostenzusage nur in Ausnahmefällen
Mit ihrer Klage scheiterte die Kundin jedoch nicht nur vor dem Landgericht Saarbrücken, sondern auch beim OLG. Der Versicherungsvertrag sieht keine Verpflichtung vor, dass der Versicherer vor Durchführung einer Behandlung seine Bereitschaft zur Erstattung künftiger Aufwendungen erklärt.
Bei der vorliegenden Krankenkostenversicherung handelt es sich um eine Schadenversicherung in Gestalt der Passivenversicherung, die den Versicherer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet, „die dem Versicherungsnehmer anlässlich eines Versicherungsfalls in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind“. Das heißt im Klartext: Der Versicherer muss nur dann zahlen, wenn der Versicherungsnehmer die geforderten Behandlungsnachweise, sprich Arztrechnungen, eingereicht hat.
Zwar gibt es Ausnahmefälle, in denen der Versicherungsnehmer eine vorab vorzunehmende Überprüfung der Kostenübernahme verlangen kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Versicherungsnehmer hohe anfallende Kosten für eine Behandlung nicht mit seinem Einkommen bzw. Vermögen abdecken kann, der Arzt jedoch erst tätig werden will, wenn eine Kostenzusage vorliegt. Ein solcher Ausnahmefall liege hier aber nicht vor, so das Gericht. Aufgrund der überschaubaren Kosten für die beantragen Heilmittel liege kein Fall vor, in der ihr eine Vorleistung nicht zugemutet werden könne. „Allein ihre Befürchtung, die Beklagte werde die Notwendigkeit dieser Maßnahmen künftig erneut überprüfen wollen, gibt ihr nach Treu und Glauben kein Recht auf Erteilung einer entsprechenden vorweggenommenen Kostenzusage.“
Das OLG Saarbrücken ließ gegen sein Urteil keine Revision zu.