GKV-Probleme

Plötzlich PKV: Wie Makler von dem neuen PKV-Zuwachs profitieren können

Die private Krankenvollversicherung vermeldet nach langer Durststrecke wieder Zuwachs. Doch wer sind die neuen Kunden, wie berät man sie richtig und welche Störgeräusche bringt der Trend mit sich?

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13:09 Uhr | 01. September | 2025
Zwei Schilder in entgegengesetzter Richtung. Auf einem steht Kassenpatient auf dem anderen Privatpatient

Im Jahr 2023 ist die Anzahl der privat Krankenvollversicherten um 5.100 gestiegen.

| Quelle: deepblue4you

Was Sie erfahren werden: 

  • Wer die neuen PKV-Kunden sind

  • Welche Leistungen sie benötigen

  • Warum das Plus an Neugeschäft auch Probleme macht

Diese Meldung Anfang 2024 erstaunte: Im Jahr 2023 ist die Anzahl der privat Krankenvollversicherten um 5.100 gestiegen. Ein winziges Wachstum von gerade einmal 0,06 Prozent. Doch nach zuvor elf Jahren konstanten Bestandsrückgangs – und mit teils hohen Beitragsanpassungen eher trüben Aussichten für die PKV – kam diese zaghafte Trendumkehr einer Sensation gleich. Dass es sich nicht nur um ein Strohfeuer oder gar einen Vorzeichenfehler gehandelt hatte, wurde spätestens klar, als sich der Zuwachs auch 2024 fortsetzte (+32.300 Vollversicherte bzw. 0,37 Prozent).  

Medizinisches Versorgungsniveau

Doch wo kommt sie plötzlich her, die neue Lust am Privatversichern? Für den PKV-Verband liegt es auf der Hand: Die Versicherten würden von einem hohen medizinischen Versorgungsniveau profitieren, von der flexiblen Zusammenstellung der Leistungen und der freien Arzt- und Therapiewahl. „Das sind gewichtige Faktoren, die die Menschen zu schätzen wissen“, erklärte ein Verbandssprecher auf procontra-Nachfrage. Allerdings sind es Jahrzehnte alte Faktoren und der PKV-Verband nimmt naturgemäß das „pro-PKV“ ein. Kommen also vielleicht auch noch andere Aufschwungfaktoren in Frage, neben dem altbekannten PKV-System? „Die anhaltende Debatte über notwendige Reformen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dürfte dazu beitragen, dass sich mehr gesetzlich Versicherte für einen Wechsel in die PKV interessieren“, fügte der Sprecher hinzu.  

Beim GKV-Spitzenverband wollte man, auf procontra-Nachfrage, leider nicht näher darauf eingehen, womit sich der Zuwachs in PKV-Voll begründen ließe. Zwar verwies eine Sprecherin darauf, dass etwa die Hälfte aller privat Vollversicherten Beihilfeberechtigte seien. Jedoch wächst deren Anzahl schon seit über zehn Jahren konstant, völlig unabhängig von insgesamt steigenden oder sinkenden Vollversichertenzahlen.  

Besonders in den Großstädten merken viele gesetzlich Versicherte, dass Facharzttermine Mangelware sind.
Anja Glorius

Zielgruppe: Familien 

Ein viel klareres Bild ergibt sich, spricht man mit spezialisierten PKV-Maklerinnen und -Maklern über den Trend. Anja Glorius (KV Optimal) und Sven Hennig (S.H.C. GmbH) beispielsweise können die gestiegene Nachfrage nach Voll-Schutz uneingeschränkt bestätigen. Und nicht nur das: Der Preis spiele eine immer geringere Rolle. Hohes und flexibles Leistungsniveau liege im Trend. Angeschoben würde dieser durch die schwächelnden GKV-Leistungen. „Besonders in den Großstädten merken viele gesetzlich Versicherte, dass Facharzttermine Mangelware sind“, sagt Glorius. Hennig bescheinigt, dass zwar viele gutverdienende Menschen weiterhin dazu bereit wären, das Solidarsystem mit dem GKV-Höchstbeitrag zu unterstützen. Aber dafür dann keinen Termin oder eine schlechte Versorgung zu erhalten, würden die meisten nicht mehr akzeptieren wollen.  

Zudem würden beide deutlich mehr Anfragen von gutverdienenden Familien mit Kindern erhalten oder von Erwachsenen, die sich gerade intensiv mit der Familienplanung beschäftigen. „Besonders wichtig sind dann Aspekte wie Kinderkrankengeld, Beitragsbefreiung während des Elterngeldbezugs oder auch eine beitragsfreie Mitversicherung von Neugeborenen im ersten Lebensjahr“, weiß Glorius. Damit könnten Makler punkten, ebenso wie mit dem Thema Vorsorgeleistungen.  

Verzögerungen bei Risikovoranfragen 

Im Zuge des Fachkräftemangels wird das boomende Neugeschäft anscheinend für manche PKV-Versicherer aber zum Problem. Hennig und Glorius betonen, dass sich die Bearbeitungsdauer von Risikovoranfragen zuletzt merklich verlängert hat. Dadurch könne den Versicherern, aber auch den Maklern der Abschluss verlorengehen.  

Dies soll unter anderem bei der Universa der Fall sein, die auf procontra-Nachfrage nicht reagierte. Bei der DKV spricht man von Einzelfällen bei ansonsten „sehr guten und zügigen Reaktionszeiten“. Das Thema deutlich mehr auf dem Schirm hat man bei der Süddeutsche Krankenversicherung (SDK). Die durch den größeren Umfang an Risikovoranfragen verlängerten Bearbeitungszeiten würden aber nicht alle Makler gleichermaßen treffen, so eine SDK-Sprecherin. „Wir arbeiten bewusst mit einem Preferred-Partner-Konzept, bei dem eben jene Preferred Partner sehr kurze Bearbeitungszeiten als Servicelevel erhalten, in der Regel ein bis höchstens drei Arbeitstage“, versprach die Sprecherin. Dennoch habe man bereits die Kapazitäten erhöht, als auch technische Lösungsansätze initiiert, um die Geschwindigkeit weiter zu optimieren. 

Kunden mit Vorerkrankungen leichter versichern?

Zurück zu den Kunden: Wenn der Preis keine so große Rolle mehr spielt, lassen sich dann auch Kunden mit Vorerkrankungen leichter versichern? Makler Hennig meint jedenfalls, dass viele seiner Kunden kein Problem mit Selbstbehalt und Risikozuschlägen hätten. Wichtig sei aber, dass Makler transparent beraten und zeigen, dass sie mehr können als nur die Ergebnisse eines Vergleichsprogramms weiterzureichen.  

Long Story short: 

  • Wachsendes Interesse bei Familien

  • Preis wird unwichtiger, dafür Leistungen für Kinder

  • Risikovoranfragen überlasten manche Versicherer