procontra-Faktencheck

Wie belastbar sind die Debeka-Aussagen zur PKV-Beitragsstabilität?

Eine Auswertung des Debeka-Bestands soll das „populäre Klischee einer angeblichen Beitragsexplosion im Alter" widerlegen. procontra schaute einmal genauer hin und kann das so nicht unterschreiben.

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17:11 Uhr | 15. November | 2023
Wie belastbar sind die Debeka-Aussagen zur PKV-Beitragsstabilität?

Die Studienautoren sagen selbst, dass die Debeka nur eingeschränkt repräsentativ für die gesamte PKV ist.

| Quelle: Debeka

„Die Studie widerlegt das populäre Klischee einer angeblichen Beitragsexplosion im Alter", konstatierte Thomas Brahm, Vorstandsvorsitzender der Debeka-Versicherungsgruppe, letzte Woche in einer Pressemitteilung. Der Koblenzer PKV-Riese hat von dem Forschungsinstitut IGES die Beitragsentwicklung von 860.451 seiner rund 2,5 Millionen privat Krankenvollversicherten für die Jahre 2003 bis 2023 auswerten lassen. Die Ergebnisse würden zeigen, dass die PKV auch im Alter sehr wohl noch bezahlbar sei, da der Beitragshöhepunkt sowohl bei den Beihilfeversicherten als auch bei Angestellten und Selbstständigen mit etwa 60 Jahren überschritten sei.

Doch wie belastbar ist diese pauschale Aussage, mit der sich die PKV selbst auf die Schulter klopft? Laut Debeka bezahlen Arbeitnehmer und Selbstständige (Frauen und Männer zusammengefasst) bei ihr im Langzeitdurchschnitt rund 560 Euro im Monat. Damit liege ihr Beitrag ungefähr auf dem Niveau des GKV-Beitrags bei einem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen und deutlich unter dem GKV-Höchstbeitrag von 808 Euro. Beihilfeversicherte zahlen im Durchschnitt aufgrund der besonderen Krankenversicherungsregelung für Beamte sogar nur rund 230 Euro. Diese Durchschnittsbeiträge beziehen sich auf Menschen im Alter von 41 bis über 80 Jahre. Steigen die PKV-Beiträge im Alter also gar nicht und viele Menschen sorgen sich völlig zu Unrecht vor dieser Zeit?

Sozialtarife und Tarifwechsler senken Durchschnittsbeiträge

In jedem Fall lohnt es sich, einmal dahinter zu blicken, wie diese langjährigen Durchschnittsbeiträge eigentlich zu Stande kommen. Denn wie die Debeka auf procontra-Nachfrage bestätigte, flossen auch die Daten einiger Versicherter aus dem Basis- und Standardtarif in die Auswertung ein. Deren Beiträge liegen in der Regel unter den Durchschnittsbeiträgen „normaler“ PKV-Tarife. Somit tragen sie insgesamt zu einem niedrigeren Durchschnittsbeitrag bei. Dass die Aussage der stabilen Beiträge im Alter aber auf den Schultern von Menschen basiert, die extra in Sozialtarife gewechselt sind, weil sie sich die regulären Beiträge nicht mehr leisten können, verneint man seitens der Debeka. Denn der Anteil der Menschen aus den Sozialtarifen innerhalb der Studie habe bei den Nicht-Beihilfeversicherten nur 0,94 Prozent betragen. Ihr Einfluss auf den Durchschnittsbeitrag sei deshalb sehr gering.

Neben den Menschen aus den Sozialtarifen (der Notlagentarif wurde in die Studie nicht mit einbezogen) flossen in die Auswertung auch die Daten von Tarifwechslern innerhalb der Debeka ein. So haben 69.590 Versicherte (8,1 Prozent) ihre Leistungen innerhalb des 20 Jahreszeitraums erhöht und 55.608 (6,5 Prozent) haben ihre Leistungen reduziert. Letztere sind dabei interessanter, denn in der Regel ist eine PKV-Leistungsreduzierung durch Einsparungen beim Beitrag motiviert. Zwar ist nicht klar, von welchem Leistungsniveau ausgehend nach unten gewechselt wurde, es zeigt aber: Die, laut Studie, stabilen Beiträge im Alter werden auch unter Hinzunahme von Personen erreicht, die sich ihren bisherigen Beitrag nicht mehr leisten konnten oder wollten.

Hinzu kommt noch, dass privat versicherte Angestellte unter „Beitragsexplosion im Alter“ auch etwas anderes verstehen könnten. Denn wenn im Ruhestand der Arbeitgeberzuschuss zur PKV wegfällt, verdoppelt sich der selbst zu zahlende Beitrag beinahe. Hierauf antwortet die Debeka, dass Krankentagegeld-Tarife beitragsreduzierend beendet werden könnten, da diese nicht mehr benötigt werden. Wer im Ruhestand Leistungen von der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe, könne von dieser einen Zuschuss zu ihrer Krankenversicherung erhalten. Aktuell seien das 8,1 Prozent auf den Zahlbetrag der Rente. Viele Debeka-Mitglieder würden zudem einen Beitragsentlastungstarif für das Alter vereinbaren, der den Beitrag bei Rentenbeginn um einen vereinbarten absoluten Betrag pro Monat reduziere.

„Nur eingeschränkt repräsentativ für die gesamte PKV“

Ein anderer Punkt hängt mit der Historie der Debeka als Beamtenversicherer zusammen. So haben die Nicht-Beihilfeversicherten in der Studie mit 103.827 Personen einen relativ kleinen Anteil von zwölf Prozent. Dennoch kommen die Studienautoren zu folgendem Fazit:

"Auch wenn die Debeka – trotz ihrer Marktgröße – wegen ihres überdurchschnittlich hohen Anteils Beihilfeversicherter nur eingeschränkt repräsentativ für die gesamte PKV ist, kann die vorliegende Studie damit einen Beitrag zur weitergehenden empirischen Fundierung und damit zur Objektivierung der gesundheitspolitischen Diskussion über die Beitragsentwicklung in der PKV leisten."

Doch die Debeka ist nicht nur aufgrund des hohen Anteils Beihilfeversicherter eingeschränkt repräsentativ für die gesamte PKV. Im Vergleich zu vielen anderen Anbietern verfügt sie über sehr große und gut gemischte Versichertenkollektive, die wiederum stabile Beiträge begünstigen. Vor diesem Hintergrund erscheint Brahms Aussage zumindest in einem etwas anderen Licht.