Einkommenssicherung

„Bei der BU-Versicherung hatten wir eine Steigerung von 40 Prozent im Neugeschäft“

Nichts Geringeres als die Marktführerschaft im Geschäft mit der Einkommensabsicherung hat sich die Nürnberger vorgenommen. Über den aktuellen Stand und die Strategie spricht Vertriebsvorstand Andreas Politycki im Interview.

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09:01 Uhr | 30. Januar | 2023
Nürnberger Vertriebsvorstand Andreas Politycki

Sieht die Nürnberger beim Thema Einkommensschutz auf Kurs: Vertriebsvorstand Andreas Politycki

| Quelle: Nürnberger

procontra:

Sie sind jetzt seit 39 Jahren in der Versicherungsbranche tätig. Was würden Sie sagen: Befindet sich die Branche derzeit in goldenen oder in stürmischen Zeiten?

Andreas Politycki:

Das kommt immer darauf an, aus welcher Perspektive man die Lage betrachtet. Mittlerweile wird erneut über das Thema Provisionen geredet, eine Diskussion, die sich jetzt schon seit drei Jahren zieht. Da wird es Zeit, dass endlich einmal Ruhe einkehrt. Ich bin kein Freund überbordender Provisionen, muss aber auch sagen: Ohne Provisionen funktioniert der Vertrieb nicht. Das zeigt ein Blick nach Großbritannien, wo Versorgungslücken aufklappen.

procontra:

Wie ist denn die Stimmung bei Ihnen?

Politycki:

Auf den ersten Jahresauftaktveranstaltungen habe ich eine sehr positive Stimmung bei uns wahrgenommen. Das ist nicht verwunderlich, denn wir hatten ein bombastisches Vertriebsjahr 2022 – in allen Vertriebswegen, in allen Produktsparten.

procontra:

Bei anderen Versicherern war zuletzt immer wieder aufgrund der hohen Inflation von einer steigenden Kundenzurückhaltung die Rede. Macht sich die Geldentwertung bei Ihnen nicht bemerkbar?

Politycki:

In Krisenzeiten ist für Kunden die Qualität der Produkte wieder relevanter. Die Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, abgesichert zu sein – denken Sie nur an das Hochwasser 2021 in Ahrweiler.

procontra:

In der Corona-Zeit hatte die Versicherungswirtschaft auf mögliche finanzielle Nöte der Kunden reagiert und beispielsweise die Möglichkeit zur Beitragsstundung ausgeweitet. Braucht es ein solches Entgegenkommen angesichts der anhaltend hohen Inflation und einer möglichen Rezension erneut?

Politycki:

Wir sind zu Beginn der Corona-Zeit davon ausgegangen, dass Hunderttausende Verträge gestundet werden müssen. Um das gewährleisten zu können, haben wir ein spezielles Tool entwickelt – das wir letztlich überhaupt nicht gebraucht haben. Am Ende entsprach die Nachfrage nach einer Stundung nur einem Mü unserer Erwartungen. Und wir sehen bei einem Blick auf unsere Storno- und Rückkaufsquoten in den vergangenen Monaten keine Veränderungen zu den Vorjahren. Das Thema Inflation und eine damit einhergehende Kundenzurückhaltung zeigt sich aktuell nicht in unseren Stornoquoten. Dennoch haben wir unsere Services und Bedingungen entsprechend erweitert, um zum Beispiel durch Beitragspausen auch Kunden in finanziellen Notlagen zu unterstützen.

procontra:

Ein großer Fokus liegt ja bei Ihnen im Bereich der Einkommenssicherung, in dem Sie in absehbarer Zeit Marktführer sein wollen. Wo stehen Sie hier?

Politycki:

Hier sind wir deutlich auf Kurs. Das Wachstum, das wir uns für 2023 vorgenommen hatten, ist bereits 2022 erreicht worden. Im vergangenen Jahr hatten wir bei der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Steigerung von deutlich über 40 Prozent beim Neugeschäft – ohne Dynamiken, Zulagen und so weiter. Bei anderen Produkten wie der Grundfähigkeitsversicherung sehen wir ebenfalls, dass diese immer besser im Markt angenommen wird. Hier schaffen wir Jahr für Jahr eine Verdopplung des Geschäfts, wenn natürlich auch auf wesentlich geringerem Niveau als bei der BU-Versicherung.

procontra:

Die Versicherungswirtschaft hat sich zum Ziel gesetzt, zum Partner der Kunden und nicht mehr allein auf die Rolle des Dienstleisters im Leistungsfall reduziert zu werden. Inwiefern funktioniert das auch beim Thema Berufsunfähigkeitsversicherungen?

Politycki:

Ein wesentlicher Aspekt für die steigende Akzeptanz beim Kunden ist die Ummantelung unserer Produkte. Damit ist unter anderem unser Teleclaiming-Angebot gemeint, mit dem Kunden bei der Antragsstellung unterstützt werden. Darüber hinaus bekommen die Kunden Zugang zu unserer Gesundheitsplattform „Coach:N“ und zu „BetterDoc“, durch den sie bei der Facharztsuche unterstützt werden und so die Möglichkeit zu einer unabhängigen Zweitdiagnose erhalten. Denn erfahrungsgemäß will der Kunde nicht lange krank sein und beruflich aufs Nebengleis geschoben werden. Hier haben wir mit dem Baustein „BetterDoc“ schon vielen helfen können. Wir helfen den Kunden, gesund zu bleiben. Oder eben auch schnell wieder gesund zu werden.

procontra:

Welchem Vertriebskanal verdanken Sie dieses Wachstum?

Politycki:

Als Makler-Lebensversicherer läuft ein Großteil unseres Geschäfts über den Maklerkanal. Dieser ist mit rund 13.000 Anbindungen auch personell wesentlich stärker besetzt als unserer Ausschließlichkeitsvertrieb, so dass die Verteilung der Neugeschäftsanteile nicht wirklich überraschend ausfällt. Darüber hinaus arbeiten wir an der Optimierung unserer Direktvertriebsangebote , wobei uns auch die Evo-X und Getsurance helfen – hier sind die Zahlen aber deutlich kleiner als in den anderen Vertriebswegen.

procontra:

Die Nürnberger hat 2021 das Berliner Insurtech Getsurance übernommen. , nachdem es zahlungsunfähig geworden war. Welche Rolle soll ihm zukünftig zukommen?

Politycki:

Getsurance hat ihren Schwerpunkt ebenfalls im Bereich EKS und ergänzt hier unser Portfolio mit Blick auf jüngere Zielgruppen. Neben der Weiterentwicklung der bestehenden Produkte wie der Krebsversicherung, entwickelt und testet Getsurance auch weitere neue Produkte. So ist es bei psychischen Erkrankungen ja ein großes Problem, überhaupt an eine Behandlung zu kommen. Getsurance hat vor wenigen Wochen eine Burnout-Versicherung auf den Markt gebracht, die auf dieses Problem eingeht.

procontra:

Warum veröffentlicht Getsurance und nicht die Nürnberger diese neue Versicherung?

Politycki:

Wenn wir eine solche Versicherung in die Verwaltungssysteme der Nürnberger integrieren wollten, wäre das mit wesentlich mehr Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Getsurance kann ein solches Thema hingegen viel schneller auf die Rampe stellen, so haben wir innerhalb von 14 Tagen die Antragsstrecke für die Burnout-Versicherung bauen können. Getsurance ist für uns wie eine Sandbox – wir können neue Produkte und Themenfelder ausprobieren, Antragsstrecken noch schneller testen und wenn sie funktionieren, auch zur Nürnberger rüberziehen.

procontra:

Das Thema Profitabilität ist für Getsurance damit nachrangig?

Politycki:

Das eine zu machen bedeutet nicht, das andere zu lassen. Zum einen verdient Getsurance mit den vorhandenen EKS Produkten bereits Geld, zum anderen hat sie eine sehr gute Kosten- und Prozessstruktur. Jedes Unternehmen bei uns im Konzern soll am Ende auch schwarze Zahlen schreiben.